„Rausch der Allmacht“
Mit einer völlig überzogenen Intervention bei der Rai in Rom hat Michl Ebner unter Beweis gestellt, dass er als Medienmonopolist in der Region auch darüber bestimmen will, was die Öffentlich-Rechtlichen berichten sollen.
von Artur Oberhofer
Ein hochrangiger SVP-Mann spricht von einem „peinlichen Eigentor“, das sich Michl Ebner geleistet habe.
Und die sonst immer sehr übervorsichtig und zurückhaltend agierende regionale Journalistengewerkschaft sowie die Nationale Pressevereinigung FNSI werfen dem Athesia-Chef jetzt sogar vor, er leide unter einem „offensichtlichen Rausch der Allmacht“ („evidente delirio di onnipotenza“).
Was ist geschehen?
Dem Portal salto.bz wurde vor wenigen Tagen ein Brief zugespielt, den Athesia-Direktor Michl Ebener an den Rai-Präsidenten Marcello Foa, an den Rai-Generaldirektor Fabrizio Salini, an den Direktor der regionalen Rai, Alessandro Casarin, und an den Präsidenten der parlamentarischen Überwachungskommission der Rai gerichtet hatte.
In dem Brief forderte Michl Ebner personelle Konsequenzen gegen Rai-Südtirol-Chefredakteurin Heidy Kessler. Die Adressaten, so bat Ebner in dem Schreiben, sollten das „Verhalten Kesslers durchleuchten“.
Was hatte Rai Südtirol „verbrochen“?
Nichts! So wie viele andere Medien auch hatte Rai Südtirol berichtet, dass die Lega eine Anfrage zur marktbeherrschenden Position des Athesia-Konzerns in der Region ankündigt habe. Der Tenor des Lega-Vorstoßes: Man wolle von der Regierung in Rom wissen, was sie gegen die Medienkonzentration in der Region zu tun gedenke.
Da er in der Lega bislang immer einen verlässlichen Fürsprecher in eigener Sache in Rom hatte, war Michl Ebner über diese Pressemitteilung völlig außer sich, verlautet aus der Volkspartei. Der Hintergrund: Wenn die Lega nicht mehr mitspielt, dann könnte in Rom tatsächlich bald ein Gesetz in Kraft treten, das Athesia zwingt, seine Monopolsituation in der Region aufzugeben.
Medienmäßig ist Trentino-Südtirol ein geschlossener Hof.
Derzeit kontrolliert der Athesia-Konzern neben der Tageszeitung „Dolomiten“ noch den „Alto Adige“, den Trentiner „Adige“, die Tageszeitung „Trentino“ und Radio Dolomiti. Mit anderen Worten: Michl Ebner & Co. kontrollieren im Trentino 100 Prozent des Tageszeitung-Markte, in Südtirol sind nur die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ und der „Corrierino“ nicht in Athesia-Hand.
Zunächst gelang es Michl Ebner sogar, die nationalen Pressevereinigung FNSI vor seinen Karren zu spannen Denn FNSI-Chef Raffaele Lorusso und der regionale Gewerkschaftssekretär Rocco Cerone sprachen im Zusammenhang mit der Lega-Aussendung von einer „Bestrafungsaktion für die Redaktionen aus dem Hause Athesia“.
In dem Brief an die Rai-Spitze beklagte sich Michl Ebner, dass Rai Südtirol nur über die Lega-Aussendung, aber nicht über die Aussendung der FNSI berichtet habe.
Wörtlich schrieb Ebner in dem Brief:
„Nicht nur als Verleger, sondern auch als Bürger bin ich bestürzt über ein solch parteiisches und journalistisch unkorrektes Verhalten einer öffentlichen Anstalt, die zudem die Pflicht hätte, allen Stimmen Raum zu geben, umsomehr der nationalen und regionalen Journalistengewerkschaft. Durch dieses Verhalten ist jetzt zumindest die Verbissenheit des Chefredakteurs und eines Teils der Redaktion des Rai-Sitzes Bozen dokumentiert“.
Während die Arbeitsplätze der Rai-Journalisten durch großzügige öffentliche Beiträge des Staates und des Landes gesichert würden, so Ebner in dem Schreiben weiter, zeigten sich die Rai-Menschen keineswegs solidarisch mit den Kollegen, die für die Athesia-Gruppe arbeiten.
Was Michl Ebner wohlweislich nicht schrieb: Die Tageszeitung „Dolomiten“ bekommt jährlich über 6 Millionen Euro vom Staat – so viel wie keine andere Zeitung in Italien.
Nun haben auch die nationale Pressevereinigung FNSI und die regionale Journalistengewerkschaft, die Michl Ebner kurzzeitig als Alliierte im Kampf um seine Pfründe wähnte, sich vom Athesia-Chef distanziert. Mit nie dagewesener Schärfe.
Raffaele Lorusso und Rocco Cerone schreiben: Es sei „unter den Augen aller“, dass in der Region ein Problem der Medienkonzentration bestehe, dass den Verleger Michl Ebner betreffe, dem fast alle Tageszeitung in der Region gehörten, dazu noch ein Radiosender und ein Internet-Portal.
Ein wörtlicher Auszug aus dem Schreiben von Lorusso und Cerone:
„Il problema va affrontato con serietà e determinazione nelle sedi competenti perché sono in gioco il pluralismo dell’informazione, i delicati equilibri tra le comunità etniche e linguistiche del Trentino Alto Adige ed i livelli occupazionali.
A nessun editore, a livello nazionale come a livello locale, può essere consentito di assumere posizioni dominanti sul mercato. Il rischio è che qualcuno, in un evidente delirio di onnipotenza, si illuda di poter comandare anche in Rai.“
Klarer geht es nicht.
In den Athesia-Medien war diese Stellungnahme nicht zu lesen.
+++ UPDATE +++
Athesia-Direktor Michl Ebner begehrt folgende Gegendarstellung:
„Zum wiederholten Male hat Chefredakteur Artur Oberhofer in seinem gestrigen Artikel unter der Überschrift „Rausch der Allmacht“ die Athesia Gruppe bewusst in schlechtes Licht gerückt und unwahre Behauptungen veröffentlicht. Dazu wird festgestellt:
Athesia-Präsident Dr. Michl Ebner hat in seinem Schreiben an die RAI-Führungsriege und den Präsidenten der Überwachungskommission die von einem öffentlich-rechtlichen Sender wie RAI Südtirol zu erwartende Objektivität eingefordert. Dies, nachdem RAI Südtirol eine Pressemitteilung der Trienter Lega gegen die zur Athesia Gruppe gehörenden Medien fünf Mal (!) veröffentlicht hatte. Dazu hatte die Journalistengewerkschaft Stellung bezogen und u.a. geschrieben: „Vielmehr als um eine Initiative der Lega für die Medienvielfalt handelt es sich wohl um einen Rachefeldzug gegen die Athesia Gruppe und deren Journalisten, die täglich eine freie und professionelle Berichterstattung garantieren.“
Die Aussendung der Gewerkschaft hat RAI Südtirol jedoch völlig ignoriert, während über die Mitteilung der Lega fünf Mal (!) berichtet wurde. Dr. Michl Ebner hat in seinem Schreiben an die RAI in Rom das aus seiner Sicht „parteiische und journalistisch unkorrekte Verhalten“ kritisiert und „um Klärung ersucht“.
Die Behauptung von Chefredakteur Artur Oberhofer, es seien im Schreiben „personelle Konsequenzen“ gefordert worden, ist frei erfunden, ebenso wie eine Reihe weiterer Behauptungen, wobei zu dem für die „tageszeitung“ bewährten Strickmuster gegriffen wird, indem unbekannte Personen zitiert werden.“
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Kommentare (28)
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andreas
Dass ein Medium, welches grundsätzlich eine einseitige Berichterstattung hat, welche man teilen kann oder nicht, sich darüber beklagt, dass ein anderes Medium einseitig berichtet, ist irgendwie amüsant.
Die letzten Mal, dass Chefredakteure so angegriffen und anschließend geopfert wurden, waren bei der FF 1993 Hans Karl Peterlini wegen der Schwimmbadaffäre von Durnwalder und 2000 Florian Kronbichler, welcher gehen musste, weil er über die Scheidung von Durnwalder berichtet hat.
sorgenfrei
Auch wenn ich die tageszeitung machmal zu eventhascherisch und aufbauschend und saltos christoph franceschini manchmal sehr polemisierend und einseitig recherschierend finde, bin ich doch froh, dass es dies beiden medien gibt. Was sich die ebners leisten, ist in meinen augen nur mehr lächerlich und schädigend für unser land .. als medienhaus und auch michl in seiner funktion als hk-präsident und luxusrentenempfänger hängen sie wesentlich am tropf der steuerzahler, vertreten dabei aber stets ihre privaten wirtschaftsinteressen… was sich der clan auch in sachen rki und lh-bashin leistet(e), gehört abgestraft, indem man die athesiamedien soweit als möglich boykottiert… zumindest im rundfunk ist dies ohne weiteres leicht möglich… es lebe heidi kessler!
florianegger
Erst durch einen großen medialen Aufschrei macht man bewusst, daß in China ein Sach Reis umgefallen ist.
besserwisser
na florianegger. da gehts mal doch um was wichtiges. oder willst du dass es ist wie in china?
tageszeitung – ff- salto sind die brauchbaren alternativen
(ich kaufe die tageszeitung sogar 2-3mal die woche um sie zu unterstützen!)
sougeatsnet
Dass in Südtirol mit der Medienvielfalt nicht alles in Ordnung ist, war mit der Bekanntgabe der öffentlichen Beiträge klar. Nicht Athesia macht hier Fehler, sondern unsere Politik, welche es nicht schafft ordentliche Gesetze zu erstellen. Dort sollte ein Medienbesitz von über 50% zu einer Verminderung der Zuwendungen führen. So kann es nicht sein, dass für stol.it und südtirolnews.it (sie sind faktisch ident, mit einigen freigeschaltenen Beiträgen aus den Dolomiten, unterschiedlicher Formate und Werbung) zweimal Beiträge kassiert werden. Unsere Politiker haben da ihre Unfähigkeit gezeigt.
asterix
@sougeatsnet, das südtiroler Medienproblem ist gravierender. Oder sagen wir bulgarischer. In Südtirol hält sich ein Medienimperium mit den zwei heiligen Brüdern eine Partei. Anderenorts ist es umgekehrt, eine Partei hält sich ein Medium, also eine Zeitung usw. Die SVP ist so ziemlich vom Medienhaus infiltriert und kontrolliert, leider. Und das Medienhaus ist natürlich bestens mit der Kirche vernetzt. Sie beanspruchen ja heute noch den Kanonikus Gamper sozusagen als Alleinerbe
robby
@sougeatsnet, (Unsere Politiker haben da ihre Unfähigkeit gezeigt) – nicht nur da, wirklich nicht nur da.
morgenstern
Früher hielt sich die Partei eine Zeitung, heute hält sich dieselbe Zeitung eine Partei. Ein Fingerzeig der chr. Brüder genügt und die Lohnschreiber vom Weinbergweg stürzen alles vom politischen Tron und werfen es ihrer Partei zum Fraße vor.
gerhard
Als Reaktion auf dieses unglaubliche und unvorstellbare Verhalten dieses Möchtegerndiktators werde ich morgen mein Online-Abo der Dolomiten kündigen.
florianegger
Dien Abo-Kündigung erzeugt gleich viel Wirkung, wie ein Kommentar auf dem Stimmzettel einer Wahl, nämlich keine.
heinz
Es braucht dringend ein neues Mediengesetz. Die 5-Sternler sollen endlich zeigen, was in ihnen steckt!
leser
Dann wähl sie du lopp
Aber sei dir bewusst dass du dann am gewinnspiel zur verlosung des auto nicht mehr teilnehmen kannst
robby
ojeojeoje, @heinz. Da verlangst du ein bisschen viel von dieser Truppe.
pingoballino1955
An Arroganz nicht zu überbieten-ätzend!!!
zeit
wenns so weitergeht ist besser LOS VON BOZEN WIE LOS VON ROM