Vom Wildschwein zum Weltkrieg
Die Dekadenz startet mit der Theaterproduktion „Am Rand (ein Protokoll)“ in die neue Saison. Sie spielt ab ersten Oktober einen komischen Krimi mit zwei Ausgängen im Astra Brixen.
Worum geht’s also? In einem kleinen Ort am Rand der Republik wird die lange vakante Stelle des Dorfpolizisten wieder besetzt. Der neu eingestellte Beamte erlebt eine ländliche Idylle, deren naive Vertrauensseligkeit all seine Alarmglocken schrillen lässt. Niemand schließt sein Fahrrad ab, Eier, Schraubenzieher und Verlängerungskabel werden ohne Gegenleistung verliehen, teilweise monatelang. Paketlieferungen werden einfach vor Haustüren abgelegt. Es gelingt dem Polizisten sogar, sich mehrfach unbemerkt Zugang zu fremden Wohnungen zu verschaffen. Erst als er die Bewohner auf die möglichen Gefahren aufmerksam macht, die jenseits der nahegelegenen Landesgrenze lauern könnten, werden nach und nach Maßnahmen zur eigenen Verteidigung ergriffen. Geografisch, gesellschaftlich, moralisch – auf unterschiedlichsten Ebenen ist die Setzung von Grenzen eine Konstante menschlichen Denkens und Handelns. Das fiktive Dorf Randhausen wird hier zum Brennglas Europas und der Welt. Und die Grenze zwischen Komik und Tragik wird genau so oft überschritten wie die zwischen Fantasie und Alltag.
Die Besetzung setzt sich aus Lieblingen der südtiroler Szene zusammen. Es spielen Dietmar Gamper, Margot Mayrhofer, Freddy Redavid, Peter Schorn und Marlies Untersteiner. Regie führt Torsten Schilling, dem Fabian Mair Mitterer assistiert. Bühne und Kostüme gestaltet Andrea Kerner, die Musik ist von Markus „Doggi“ Dorfmann. Verfasst hat das Stück Philipp Löhle. Er ist Einer, der das Politische im Alltäglichen sucht. Was hat ein einsames Wildschwein mit dem 3. Weltkrieg zu tun? In „Am Rand (ein Protokoll)“ setzt er sie in Zusammenhang. Löhle liebt das Spiel mit unterschiedlichen Formen. In diesem Stück wählt er die Textform „Protokoll“ für einen Theaterabend. Wie das geht? Durch fünf Protokollant*innen, durch minutiöse Beschreibungen und Streichungen, wenn‘s langweilig zu werden droht. Wie das umzusetzen ist? „Wir orientieren uns mit der Inszenierung am Kinderspiel.“, sagt Torsten Schilling. An die 40 Rollen teilen sich die fünf Schauspielerinnen und Schauspieler untereinander auf und springen von einer in die nächste und Szene zu Szene, die Requisiten dienen ihnen dabei als Spielzeug. Musikalisch setzt das Stück Markus „Doggi“ Dorfmann um und bindet das musikalische Ensemble ein, um einen satten Soundtrack entstehen zu lassen.
Mit der Produktion weicht die Dekadenz ins Astra aus. Seit 40 Jahren dem Anreiterkeller fast lückenlos treu geblieben, wagt der Kulturverein nun den Schritt vor die Tür. Das Astra ist ein neu eröffnetes Kulturzentrum in Brixen, das sich innovativen Formen kreativen Prozessen verschrieben hat. „Es ist unsere Aufgabe andere Kulturinstitutionen in dieser Situation zu unterstützen“, sagt die Koordinatorin des Astra Anna Wenter. Das Astra liegt in der Romstraße 11. Es ist ein toll renovierter Bau, dem das Kinoflair noch innewohnt.
Am Rand (ein Protokoll) feiert am ersten Oktober Premiere und wird anschließend an acht weiteren Terminen aufgeführt.
Termine: Do 01.10. 20:30, Sa 03.10. 20:30, So 04.10. 18:00, Mi 07.10. 20:30, Do 08.10. 20:30, Fr 09.10. 20:30, So 11.10. 18:00, Di 13.10. 20:30, Mi 14.10. 20:30
Reservierungen unter www.dekadenz.it
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