Postkarten aus der Zukunft
Am 24. September beginnt der von EURAC und Transart gemeinsam organisierte Futorologische Kongress im NOI Techpark. Begleitet wird die hochkarätige Veranstaltung von einem ambitionierten künstlerischen Rahmenprogramm, das in Teilen bereits angelaufen ist. Über Inhalte und Zielsetzung spricht die verantwortliche russische Kuratorin Natalia Fuchs.
Was sind die Schlüsselelemente des künstlerischen Programms?
Natalia Fuchs: Im künstlerischen Programm des Futurological Congress sind unterschiedliche Positionen von Künstlern versammelt, die sich mit dem Thema künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Sie tauschen sich einerseits im diskursiven Rahmen der Mikroresidenzen aus, zeigen andererseits ihre Arbeiten im performativen Teil des Programms ab Donnerstag den 24. September. A Postcard from the Future – eine Postkarte aus der Zukunft – ist eine dreitägige Online-Mikroresidenz für künstlerische Forschung, die vom Kanadier Chris Salter und dem US Amerikaner Peter Kirn moderiert wird. Künstler, die überall auf der Welt zu diesem Thema arbeiten, sind seit Montag ständig in Verbindung und loten dabei die aktuelle kulturelle Diskussion rund um das Thema der künstlichen Intelligenz aus. Ihr Ziel ist unter anderem, eine Art Manifest zu erarbeiten, das die globale künstlerische Vision dieses Genres der aktuellen Medienkunst auf den Punkt bringt. Die teilnehmenden Künstler werden auch mit Arbeiten im Offline-Kunstprogramm des Futurologischen Kongresses im NOI Techpark in Bozen vertreten sein. Hier gibt es dann runde Tische mit den Künstlern, aber auch einen performativen Teil, bei dem Installationen und Performances dem Publikum im physischen, realen Raum des NOI Techpark gezeigt werden.
Die Künstler sind also tatsächlich auch physisch vor Ort oder wird der überwiegend Teil der Veranstaltung im Internet abgehalten, wie sieht das für das Publikum genau aus?
Das Publikum kann dieses künstlerische Rahmenprogramm offline oder online verfolgen. Die heute endenden Mikroresidenzen sind natürlich ein reines Onlineprojekt, aber ab morgen finden auch Veranstaltungen vor Ort im NOI Techpark statt. Hier sind dann die Installationen des Italieners Emilio Vavarella „Do you like Cyber?“ und „Under Control“ des Russen :: vtol :: zu sehen. Beide Installationen sind kinetische Kunstwerke, die sich kritisch mit dem Thema künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Einige Künstler senden Videobotschaften von den Orten, an denen sie jetzt arbeiten. Joe Davis hat zum Beispiel in seinem Labor am MIT in Massachusetts einen Film über seine jüngste Arbeit gedreht. Lu Yang präsentiert ihre digitalen Avatar-Skizzen und eine Reihe postdigitaler Kunstwerke aus ihrem Studio in Peking. Und dann gibt es einige Aufführunge im NOI Techpark: „Transfiguration“ von Hexorcismos (MX) und Isabella Salas (CAN) sowie „Notation AI“ von Ilia Symphocat (RU) und Xenia Sangina (RU), daran ist auch das Transart Residenzensemble MDI Ensemble aus Mailand beteiligt. Beide Performances sind europäische Premieren. In ihren Performances betonen Künstler den kollaborativen Prozess zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz.
In welcher Beziehung steht dies zum Inhalt des Kongresses?
Das künstlerische Programm ist ein wesentlicher Bestandteil des Kongresses. Es stiftet eine soziale Dimension und stößt einen kritischen Diskurs zum gesamten Phänomen an. Künstler, die derzeit im AI – also „Artificial Intelligence – Genre arbeiten, repräsentieren eine sehr neue, internationale und extrem schnell wachsende Community. Sie arbeiten in interdisziplinären Gruppen zusammen mit Wissenschaftlern und Technologieherstellern. Und sie haben viel Erfahrung bei der Analyse von technologischen Entwicklungen. Von diesem Genre geht ein großer Einfluss auf die zeitgenössische Kunst und die Rezeption von Technologie aus, den wir in diesem Programm nachvollziehbar und erkennbar machen wollen.
Was sind für Sie als Kuratorin die Auswahlkritierien?
Für mich standen bei Auswahl der interdisziplinäre Charakter der experimentellen Kunstpraxis und die kritischen Ansätze der Kunstszene im Mittelpunkt. Künstliche Intelligenz wird als Thema vielleicht auch etwas zu sehr gehyped und in der Diskussion werden sowohl ihre Potentiale wie Gefahren tendenziell übertrieben dargestellt. Da muss man einen Ausgleich suchen. Künstler, die den Aspekt der künstlichen Intelligenz in ihre Praxis einbringen, werden oft zu Agenten der Menschheit, gleichzeitig gibt es die Tendenz, Technologie zu entmenschlichten. Die globale Gemeinschaft von Künstlern, die sich mit dieser Form von Kunst als Genre befasst, benutzt das Element der Artificial Intelligence nicht nur als künstlerisches Werkzeug, sondern betreibt auch künstlerische Forschung zu Ästhetik, Methodik, Fragen des geistigen Eigentums und Quellen und Ursprung von Daten. Mir erscheint grundsätzlich wichtig, dass Spezialisten unterschiedlichster Berufsgruppen, vor allem auch Künstler, in die Forschung einbezogen werden.
Info: www.transart.it
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