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Brisante Aussagen

Im Beweissicherungsverfahren zur Tragödie von Luttach taucht eine neue Figur auf. Wie der Reiseleiter der Jugendgruppe aus Deutschland das Unfallgeschehen darstellt. 

von Thomas Vikoler

Im Gerichtssaal C des Bozner Landesgericht sitzen mindestens 25 Personen: Richter Emilio Schönsberg, Staatsanwalt Axel Bisignano, mehrere Anwälte und Gutachter der Verteidigung, dazu Anwälte und Gutachter mehrerer Zivilparteien, dazu einige Angehörige der Opfer des Horrorunfalls von Luttach am 5. Jänner. Nicht dabei ist der Protagonist des Falles, der Ehrenburger Stefan Lechner, seit Sommer wieder auf freiem Fuß.

Es ist der Tag des Gerichtsgutachters Luigi Cipriani. Er hat – trotz Corona – die Unfalldynamik im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens rekonstruiert. Und kam dabei zu überraschenden Ergebnissen. Wie berichtet, geht Cipriani von Tempo 90 beim Aufprall, einer eingeschränkten Sicht für den Unfallfahrer und einer Mitschuld der Opfer bzw. des Fahrers des Shuttlebusses aus.

Ein Gutachten, das Stefan Lechner erheblich entlastet. Statt einer Haftstrafe von über zehn Jahren kann er nun mit einer um rund fünf Jahre rechnen.

Die Verhandlung am Landesgericht am Montagnachmittag drehte sich vornehmlich um die Ermittlungsergebnisse Ciprianis, die von den Verteidigungs- und Nebenkläger-Sachverständigen teilweise bestritten werden.

Eine Figur kam bisher in der Unfall-Rekonstruktion nicht vor, könnte dabei aber noch wichtig werden: Der Reiseleiter. Wie bisher nicht bekannt, wurde die etwa 30-jährige Gruppe junger Winterurlauber von einem Reiseleiter aus Deutschland begleitet. Auch an jenem fatalen 5. Jänner.

Gegenüber den Ermittlern sagte der Reiseleiter aus, er habe die Straße bei Luttach nach dem Aussteigen aus dem Bus auf dem Zebrastreifen überquert. Als erstes. Laut Ciprianis Gutachten wurde ein Großteil der Unfallopfer von Lehners Audi TT aber in einem Abstand von 15 bis 20 Metern vom Zebrastreifen erfasst. Deshalb eine mögliche Mitschuld.

Warum aber ist der Reiseleiter, möglicherweise seine Aufsichtspflicht verletztend, mehr oder weniger allein über den Zebrastreifen gegangen? Auch angesichts der Tatsache, dass die von ihm Betreuten zuvor in einer Diskothek gefeiert hatten?

Diese Fragen werden, durchaus im Interesse von Lechners Verteidiger Alberto Valenti und Alessandro Tonon, die sich um weitere Mitschuld-Faktoren bemühen, zum Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens werden, das Richter Emilio Schönsberg in einer weiteren Verhandlung fortsetzen wird.

Bei dem Unfall von Luttach waren sieben Fußgänger getötet worden, zehn zum Teil schwer verletzt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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