„Tiefstes Mittelalter“
Der SVP-Ortsobmann von Marling und Gemeinderats-Kandidat Martin Stifter organisiert am Wahltag einen Laufradparcour für Familien. Und der Bauernbund präsentiert sich erneut als SVP-Vorfeldorganisation.
Von Matthias Kofler
Andreas Leiter Reber schüttelt den Kopf: „Je kleiner die Gemeinden, desto enger die Scheuklappen und desto kleiner scheint oft das Demokratieverständnis ausgeprägt zu sein. Im Vergleich zum Landtag, wo trotz unterschiedlichster Parteien und Ausrichtungen eine sachpolitische Zusammenarbeit durchaus möglich ist, herrscht auf Gemeindeebene sehr oft tiefstes Mittelalter. Es schmerzt mich besonders, dass auch in meiner Heimatgemeinde einige Kräfte immer noch nicht verstehen, wie Demokratie und Pluralismus funktionieren“, so der Obmann und Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen.
In Marling treibt der Wahlkampf für die bevorstehenden Gemeindewahlen seltsame Blüten. So hat der Bauernbund an seine Mitglieder einen Flyer verschickt, auf dem er „seine“ Kandidaten präsentiert. Denn: „Jetzt zählt bäuerliche Geschlossenheit“. Brisant: Mit Tobias Gamper, Franz Johann Geier, Ulrike Traunig Innerhofer und Andreas Mairhofer wurden vom SBB ausschließlich Edelweiß-Politiker nominiert. Wie SBB-Ortsobmann Andreas Gögele, Ortsbäuerin Margareth von Pföstl und Bauernjugend-Obmann Michael Gögele in dem Schreiben betonen, sollen die BürgerInnen von allen vier Vorzugsstimmen Gebrauch nehmen, „damit die Zukunft in der Marlinger Gemeinde bäuerlich mitgeprägt wird“. Und sie erinnern daran, dass es nicht gestattet ist, Kandidaten verschiedener Parteien auf dem Wahlzettel zu vermischen.
Völlig fehl am Platz erscheint daher der einzige Nicht-SVP-Kandidat, der auf dem Fyler des Bauernbundes zu finden ist: nämlich Josef Matzoll „Luamer“ von den Freiheitlichen. Matzoll, Jahrgang 1959 und selbst Landwirt, wurde vom SBB nicht nominiert, sitzt aber bereits im Gemeinderat. Völlig verschwiegen werden hingegen die anderen Bauernbund-Mitglieder auf der Freiheitlichen-Liste: Martina Egger vom Haslerhof ist ebenso zahlendes Mitglied des Bauernbundes wie Lukas Geiser, der ehemalige Bauernjugendobmann von Marling, der erst im Frühjahr das silberne Ehrenzeichen der SBJ erhalten hat. Auch das „blaue“ SBJ-Mitglied Alexander Matzoll, ein gelernter Techniker, hat es nicht auf die Unterstützerliste des Bauernbundes geschafft. Dabei hätten die Freiheitlichen ausreichend Kandidaten, um die vier Vorzugsstimmen zu vergeben.
Fairer Wahlkampf: Fehlanzeige! Der Bauernbund erweist sich zum wiederholten Male als SVP-Vorfeldorganisation.
Doch damit nicht genug. Der SVP-Ortsobmann von Marling und Leiter der Abteilung Umwelt der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, Martin Stifter, scheint noch nichts von den Par-Condicio-Vorschriften gehört zu haben. Obwohl seine Partei und auch er selbst zu den Wahlen am Sonntag antreten, organisiert Stifter am Wahlsonntag einen Laufradparcour für Kinder und Familien – und das direkt vor dem Zugang zu den Wahllokalen. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche auf dem Kirchplatz statt.
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Kommentare (11)
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leser
Man sieht das netzwerk im land der tscheggl
meintag
Mittelalter? Da mussten die Landwirte Mehr für die Obrigkeit abgeben und hatten weniger zu melden.
heinz
Die grüne Landtagsfraktion reichte 2018 einen Gesetzentwurf ein, mit dem Wahlwerbung von Verbänden, Vereinen und Gewerkschaften eingeschränkt worden wäre. Dieser wurde damals auch mit den Stimmen der Freiheitlichen abgelehnt.