Fußball mit Maske
Coronabedingt wurden in Südtirol bereits erste Fußball-Spiele abgesagt. Der Vereinsarzt Hubert Messner erklärt, warum man Spiele ohne Zuschauer riskiert und unter welchen Bedingungen die Saison zu Ende gespielt werden kann.
Tageszeitung: Herr Messner, Sie sind Vereinsarzt beim AFC St. Pauls und sind im regelmäßigen Austausch mit dem Verband. Wie sieht Ihre Bilanz nach den ersten Spielen aus? Wird die Saison so zu Ende gespielt?
Hubert Messner: Das weiß ich nicht. Was ich sagen kann, ist, dass es Mannschaften gab, die sich an die Vorgaben des Verbandes gehalten haben, unter anderem kann ich das vom AFC St. Pauls, also meinem Verein, behaupten. Wir haben die Maßnahmen sehr minutiös eingehalten, es gibt aber auch Mannschaften die es lässig gemacht haben. Wenn diese Mannschaften nicht verstehen, dass die Regeln penibel eingehalten werden müssen, dann wird es Corona-Fälle geben, dann müssen auch Spiele verschoben werden, dann wird der Kalender nicht eingehalten und früher oder später kracht das ganze System zusammen.
Einige Spiele – unter anderem auch zwei des AFC St. Pauls – mussten aufgrund eines Corona-Falles innerhalb einer Mannschaft bereits abgesagt werden. Ist das nun schon ein Problem für den Verein?
Der Spielkalender ist ohnehin schon eng. Es gibt viele sogenannte englische Wochen, also Spiele unter der Woche. Derzeit ist es noch machbar, diese Spiele nachzuholen, wenn es aber jede Woche vorkommt, dass Mannschaften in Quarantäne müssen – auch wenn die Quarantänezeit auf eine Woche reduziert wird – wird es unmöglich sein, weiterzuspielen und die Saison zu beenden.
Unter welchen Bedingungen kann die Saison beendet werden?
Voraussetzung ist, dass sowohl die Mannschaften als auch der Verein als solcher sich an die vorgegebenen Maßnahmen, die in den letzten Wochen und Monaten ausgearbeitet wurden, halten. Damit sind nicht nur die Spieler, Betreuer und Funktionäre, sondern auch die Zuschauer gemeint. Wenn sich die Zuschauer nicht daran halten, dann wird das ganze zu einem Teufelsrad und die Saison müsste wieder abgebrochen werden. Das wäre dramatisch.
Bereits nach den ersten Spielen gab es von Seiten des Verbandes aber auch von Seiten der Politik Abmahnungen gegen einige Vereine, weil sich deren Zuschauer nicht an die Regeln gehalten haben. Ist es zu riskant, Zuschauer zu den Spielen zuzulassen?
Der Schritt war auf jeden Fall sehr mutig. Zuschauer sind bisher nur in Südtirol zugelassen, zu den Fußballspielen dürfen bis zu 500 Zuschauer kommen. Das ist nur dann durchführbar, wenn sich die Vereinsführung und die Zuschauer an die Maßnahmen halten. Das heißt, beim Eingang muss Fieber gemessen werden, die Kontaktdaten müssen hinterlegt werden und die Maske muss aufgesetzt werden. Auch der Abstand ist wichtig, unabhängig davon, ob ich die Maske trage oder nicht. Ich weiß von vielen Vereinen, die auf ihren Tribünen die Abstände eingezeichnet haben, die Leute müssen sich aber auch daran halten. Wenn sich die Leute nicht daran halten – und auf einigen Fußballplätzen in Südtirol war das bereits in den ersten Spielen der Fall – werden wir nirgends hinkommen.
Es braucht also auch die Mithilfe der Zuschauer…
Wenn Zuschauer weiterhin bei den Spielen dabei sein wollen, dann braucht es die Mithilfe von allen. Zwar sind die Vereine die ersten, die sich daran halten und alles organisieren müssen, halten sich aber die Zuschauer nicht an die Regeln, muss man ohne Zuschauer spielen. Das würde schneller gehen als man denkt. Das würde mir für Spieler und Vereine aber doch sehr Leid tun.
Inwiefern ist es für die Spieler möglich, die Maßnahmen auf dem Platz und während des Trainings einzuhalten?
Auf dem Spielfeld wird gespielt. Dort ist die Gefahr eine relative, da sich Spieler im Freien aufhalten. Kontakte sind sicher gegeben, allerdings nicht auf Höhe der Atmungsorgane, daher ist das Spiel und das Training an sich kein Problem. Wichtig ist, dass die Regeln in den Kabinen eingehalten werden, das muss ganz penibel geschehen. Die regelmäßige Desinfektion, das Tragen der Maske und der Mindestabstand müssen gewährleistet werden. In den Kabinen dürfen sich nur doppelt so viele Personen aufhalten, wie Duschköpfe sind und die Duschköpfe müssen eineinhalb Meter auseinanderstehen. Wenn das in allen Kabinen Südtirols eingehalten wird, ist das Risiko, dass sich Spieler untereinander infizieren recht gering.
Die Saison kann also nur zu Ende gespielt werden, wenn sich alle Vereine an die Konzepte halten?
Wenn das Konzept, das sich jeder Verein ausarbeitet, eingehalten wird, dann haben wir eine Chance. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass man sich ansteckt, dazu müssen die Spieler aber auch wissen, dass sie sich auch außerhalb des Feldes an die Maßnahmen halten müssen. Wenn die Spieler irgendwo ohne Schutz irgendwo feiern, dann breitet sich das Virus nicht nur in den Mannschaften, sondern auch zu Hause aus, unabhängig davon, wie gut man auf dem Feld aufpasst. Ich habe versucht, den Spielern das bereits vor Meisterschaftsbeginn klar zu machen.
Wie läuft das Prozedere ab, wenn ein Spieler in der Mannschaft positiv getestet wird?
Wenn ein Spieler positiv getestet wird, muss die gesamte Mannschaft mit Trainerstab in Quarantäne. Allerdings ist nicht klar, was passiert, wenn der Rest der Mannschaft negativ getestet wird. In der Theorie dürften die Spieler weiter trainieren, meiner Ansicht nach müssten sie aber in vier bis fünf Tagen erneut einen Test machen. Erst dann sollten sie wieder mit dem Fußball anfangen dürfen. Das ist eine Frage, die noch nicht geklärt ist. Ich habe erst vor Kurzem darauf gedrängt, in dieser Sache Klarheit zu schaffen. In der Verordnung steht nur, dass man für 14 Tage in Quarantäne muss, wobei derzeit diskutiert wird, die Quarantäne auf sieben Tage herabzusetzen, was meiner Meinung nach vernünftig ist. Außerdem hoffe ich, dass wir jetzt die Antigen-Tests bekommen, mit denen wir in fünfzehn Minuten eine Antwort bekommen.
Wie groß ist die Gefahr, dass es innerhalb einer Mannschaft oder bei einem Fußballspiel ein Hotspot entsteht?
Hotspot bedeutet ja, dass sich sehr viele anstecken müssten. Ich glaube, diese Gefahr ist gering. Mindestens 40 Prozent der Spieler müssten infiziert sein, damit ein Hotspot entsteht. Damit das geschieht, muss sich kein einzelner Spieler an die Verordnungen halten beziehungsweise das gesamte Umfeld müsste verseucht sein. Ich glaube also nicht, dass diese Gefahr besteht. Hier und da wird es Fälle geben, vor allem wenn man aus dem Urlaub oder von irgendeiner Feier kommt. Sollte es zu einem Hotspot kommen, könnten wir die Meisterschaft ohnehin vergessen.
Interview: Markus Rufin
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