Keine Auswahl
In Corvara kandidieren nur 15 Personen für den Gemeinderat. Das bedeutet, dass jeder Kandidat auch einen Sitz bekommen wird. Ist eine Wahl noch sinnvoll?
von Markus Rufin
Man stelle sich vor, es finden Wahlen statt, doch im Endeffekt hat die eigene Stimme keine Auswirkungen auf das Ergebnis. Ähnliches kommt bald auf die Gemeinde Corvara zu. Auch dort wird im September der Gemeinderat gewählt. Der Grund: In Corvara mangelt es einfach an politischem Interesse.
15 Gemeinderatskandidaten und ein Bürgermeister werden gewählt und in Corvara kandidieren genau 15 Gemeinderatskandidaten und ein Bürgermeister. Das heißt, jeder Kandidat in der Gadertaler Gemeinde wird auch einen Sitz bekommen. Die Wahl ist also bereits im Vorfeld entschieden.
Mit der SVP kandidiert zudem auch noch nur eine Liste. Bürgermeisterkandidat und Amtsinhaber Robert Rottonara bedauert das: „Es wäre schön gewesen, wenn es eine zweite Liste gegeben hätte, vor Corona wurde das auch vielfach diskutiert, letztendlich kam es aber nicht dazu.“
Der Bürgermeister selbst wollte sich in der Listenerstellung eigentlich heraushalten und kündigte dies bei der letzten Gemeinderatssitzung auch an; „Ich habe dem Gemeinderat damals klar mitgeteilt, dass es eine kommissarische Verwaltung geben wird, wenn keine Liste zu Stande kommt. Kurz darauf kam die Ortsgruppe zu mir und bat mich, dennoch mitzuhelfen.“
Dabei wollte Rottonara aus gesundheitlichen Gründen einige Schritte kürzer treten. Doch auf Bitten der Ortsgruppe sagte er dann doch zu, da er sich mit dafür Verantwortlich gefühlt hätte, wenn die Ortsgruppe zu wenig Kandidaten gefunden hätte : „Es ist schade, dass sich außer den 15 Kandidaten niemand interessiert, aber es handelt sich nun Mal um die Realität.“
Dass die Bürger nun keine wirkliche Auswahl mehr haben, sie Ausdruck der momentanen Situation. Kaum jemand habe mehr Interesse, sich zur Verfügung zu stellen, da man in der Privatwirtschaft mehr verdiene und weniger Druck habe als in einem öffentlichen Amt.
Umso mehr lobt Rottonara die 14 Kandidaten, die sich neben ihm der Wahl stellen: „Wir haben diese Kandidatenliste in fünf Tagen zusammengestellt, das zeigt, dass diese Kandidaten sehr viel Interesse zeigen. Gerade jetzt sieht man, dass das keine Selbstverständlichkeit ist.“
Rottonara glaubt, dass die Suche nach Gemeinderatskandidaten auch deshalb so schwer fiel, weil man sich in Corvara nur um wenig kümmern müsse: „Wir leben hauptsächlich vom Tourismus und von der Landwirtschaft. Wenn es den Bauern und Hotelieren gut geht, dann geht es auch der Gemeinde gut, mehr braucht es hier nicht.“
Damit scheint Rottonara durchaus Recht zu haben, denn bereits bei den letzten Gemeinderatswahlen kandidierte nur eine Liste mit 16 Kandidaten, dennoch gingen über 80 Prozent der Bürger zur Wahl. Dementsprechend glaubt der Bürgermeister nicht, dass es zu einem Einbruch bei der Wahlbeteiligung kommt, zumal immerhin die Vorzugsstimmen bei der Zusammenstellung des Ausschusses eine wichtige Rolle spielen. Außerdem stehe mit dem neuen Raumordnungsgesetz eine große Herausforderung bevor, die es gemeinsam mit den Bürgern zu bewältigen gelte.
Gerade deshalb ist Rottonara mit 15 Gemeinderatskandidaten mehr als zufrieden: „Es hätte auch eine Liste mit zwölf, acht oder sogar noch weniger Kandidaten werden können. Dann müsste eine kommissarische Verwaltung die Gemeindeleitung übernehmen und dann würde wenig weiter gehen. Ich sehe es also positiv.“
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Kommentare (6)
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huggy
Das wird der SVP gefallen, kann sie regieren ohne Opposition.
tirolersepp
Das gesamte Gemeindewahlsystem ist reformbedürftig, fängt beim Lohn des Bürgermeisters an !