„Ich will eine saubere Partei“
SVP-Obmann Philipp Achammer verrät, dass er im Zuge des Furbetti-Skandals auch an Rücktritt gedacht habe. Im Interview spricht er über Machtspiele, falsche Moralapostel und räumt ein: Man habe Gert Lanz Unrecht getan.
TAGESZEITUNG Online: Herr Achammer, Sie haben dem erzürnten Volk den Skalp der Corona-Furbetti versprochen. Herausgekommen ist ein homöopathisches Strafausmaß …
Philipp Achammer: Mir war es wichtig, dass festgestellt wird, dass es sich um ein parteischädigendes Verhalten gehandelt hat. Das ist in der Parteileitung geschehen. Und zentral war für mich, dass es Konsequenzen gibt. Diese hat es gegeben …
Sind mussten aber zurückrudern?
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Konsequenzen, die ich mit meinen Stellvertretern vorgeschlagen habe, über das, was am Ende entschieden wurde, hinausgegangen wären. Ich bin dann ersucht worden, keine Zerreißprobe herbeizuführen, so ist es zum Kompromiss gekommen. Dieser Kompromiss beinhaltet aber sehr wohl deutliche Konsequenzen. Im Unterschied zu Anderen, die gar nichts tun, gehen wir nicht sang- und klanglos zum Tagesgeschäft über …
Sie meinen das Team K?
Ja.
Ihr Vorschlag war?
Wir hatten den Rückzug von allen Verwaltungs- und Leitungsfunktionen vorgeschlagen. Aber es ärgert mich maßlos, dass ständig von persönlichen Machtkämpfen geredet wird. Diese abstrusen Theorien können sich die, die sie herumreichen, gerne sparen! Ich bin wirklich sehr verärgert. Wir haben uns in der Partei lange ausgetauscht, auch mit Karl Zeller, von dem bekannt ist, dass er nicht immer meiner Meinung ist. Uns ging es einzig und allein darum: Wie kommt die Partei aus dieser Situation wieder heraus? Wir haben nie eine Zerreißprobe herbeiführen wollen, das würde ich im Interesse der Partei nie tun. Wir haben Sanktionen ausgesprochen. Die Betroffenen haben ja selbst die Fehler eingeräumt. Arnold Schuler hat in der Sitzung der Parteileitung vom größten Fehler seiner politischen Karriere gesprochen. Diese Einsicht hat mit dazu beigetragen, dass man einen Kompromiss finden konnte.
Haben Sie den Volkszorn überschätzt?
Nein. Und lassen wir die persönliche Ebene weg. Denn es ist eine Beleidigung für mich, wenn gesagt wird, dass ich nur jemanden weghaben wollte. Ich mag etwa Arnold Schuler sehr, sehr gerne, es bleibt aber leider dieser schwere politische Fehler. Und wenn Sie mich fragen, warum ich so entschlossen agiert habe, dann sage ich Ihnen: Wenn man vier Tage lang am Telefon verbringt und mit aufgebrachten Ortsausschussmitgliedern, Ortsobleuten und Bezirksvertretern spricht, dann sind auch bei mir irgendwann die Batterien leer.
Man kennt Sie aber eher als bedächtigen und deeskalierend agierenden Politiker …
Irgendwann musste ich mich vor die Partei stellen. Mir geht es in keiner Weise um mich selber. Ich hätte es in dieser Situation gerne jemandem Anderen überlassen diese Krise zu managen.
Sie haben an Rücktritt gedacht oder mit Rücktritt gedroht?
Ich habe mehrmals gesagt: Wenn da nichts Vernünftiges herauskommt, tue ich mich wahnsinnig schwer, Verantwortung zu übernehmen. Ich will eine saubere Partei!
Aber Sie sind nicht so naiv, um nicht mitbekommen zu haben, dass gewisse Kreise und Leute in der Partei die Gunst der Stunden nutzen und persönliche Rechnungen begleichen oder Ambitionen befriedigen wollten …
Das will nicht kommentieren. Wenn jemand das getan haben sollte, dann muss er das selbst verantworten. Ich weiß nur, dass ich tagtäglich bis Mitternacht an Videokonferenzen teilgenommen habe. Was man mir nicht vorwerfen kann, ist, aus persönlichen Beweggründen gehandelt zu haben. Ich habe mich an das gehalten, was aus der Basis gekommen ist …
Stimmt es, dass der Obmann des Heimatbezirks von Arnold Schuler, Martin Ganner, Sie gebeten hat, etwas zu tun, weil Schuler nicht mehr zu halten sei?
Ich nenne jetzt keine Namen, aber es ist wahr, dass mehrere Bezirksobleute harte Konsequenzen gefordert haben. Ich habe in dieser Geschichte immer gesagt: Ich tue mich aus persönlich-menschlichen Gründen sehr schwer, aber ich habe den Auftrag, die Partei aus dieser schwierigen Phase herauszuführen. Das war die oberste Priorität für mich. Und wenn nun diese abstrusen Theorien um die Machtspiele herauskommen, dann kommt mir die Galle hoch. Ich habe keinen Gedanken an solche Machtspiele verschwendet, mir ging es einzig und allein um die Glaubwürdigkeit der Partei, gerade jetzt vor den Gemeinderatswahlen.
Nochmals: Haben Sie an Rücktritt gedacht?
Ich habe einen Rücktritt einmal in den Raum gestellt. Es hat ja Kreise in der Partei gegeben, die gesagt haben: Das, was geschehen ist, war gesetzlich zulässig und sei nicht weiter tragisch. Da habe ich gesagt: Wenn das der Fall ist, dann bin ich weg!
Das heißt: Hätte es keine Konsequenzen gegeben, wären Sie zurückgetreten?
Sicher! Deshalb noch einmal: Ich habe gegen die betroffenen Kollegen nicht das Geringste auf persönlicher Ebene. Mir geht es um die Partei.
Haben Sie die Dimension des Falles vielleicht nicht doch etwas überschätzt?
Die Stimmung ist nach wie vor schlecht. Ich habe auch in der Parteileitung klar gesagt: Mit dieser Entscheidung ist es nicht getan. Wir befinden uns in einer schwierigen Zeit, in einer Krisen-Zeit. Glaubwürdigkeit ist schnell verloren, sie wieder zurückzugewinnen, das braucht Zeit.
Das Schaden für Ihre Partei bleibt groß?
Ich will jetzt nicht Kaffeesatzlesen für die Zukunft. Wir haben aus dieser Situation gelernt, auch die Betroffenen. Ihre Wortmeldungen in der Leitungssitzung waren sehr eindringlich …
Gert Lanz hat geweint …
Ja, das war eine dramatische Situation.
Er hat sich darüber beklagt, dass die Partei ihn fünf Tage lang nicht in Schutz genommen hat, obwohl er seine Unschuld bewiesen habe …
Das war ein Fehler, das gebe ich zu. Er hat mit Unterlagen deutlich gemacht, dass er von dem Ansuchen nichts gewusst hat. Wir alle wurden in den vergangen Tagen von einer Welle überrollt. Es war für uns alle nicht einfach. Aber es stimmt: Dem Gert Lanz wurde Unrecht getan.
Das große Glück der SVP war, dass mit Paul Köllensperger auch der vermeintliche Saubermann der Südtiroler Politik in den Hilfstopf gelangt hat …
Wir dürfen unsere moralischen Standards nicht vom Verhalten anderer Parteien oder Politiker ableiten. Das kann nicht unser Anspruch sein. Ich habe meiner Partei den Vorschlag gemacht, dass wir einen Kodex mit noch klareren Regeln ausarbeiten, wie politisches Amt und berufliche Nebentätigkeiten gehandhabt werden.
Beim Team K hat man sich vorerst zu keinen Konsequenzen durchringen können …
Das verwundert! Wir haben für uns moralische Standards, die – wie man jetzt sieht – weit über jenen des Team K liegen, das uns ständig in die Pfanne haut. Zumindest sollten die Mitglieder des Team K künftig nicht mehr als Moralapostel auftreten.
Mit der Entscheidung im Fall der Corona-Furbetti hat die Parteileitung nun die Latte gelegt. Wie vertickern Sie Ihren Leuten, dass ein Arnold Schuler, der keinen Cent gestohlen hat, gekreuzigt wird, während die Renten-Millionäre unbehelligt geblieben sind?
Schauen Sie: Wir mussten ein Signal setzen, die Toleranzgrenze unserer Basis ist irgendwann auch erreicht. Unsere Leute haben gesagt: Es ist ein Fehler passiert, aber ihr müsst handeln. Es wurde auch gesagt, man solle die Sache mit einer Spende für den guten Zweck bereinigen. Das wäre aber für mich nicht denkbar gewesen, denn in dem Fall wäre der Eindruck entstanden, dass man sich monetär reinwaschen kann.
Aber bei den Renten-Millionären war die Partei viel konzilianter …
Auch damals ist einiges passiert, denken Sie an den Rücktritt der gesamten Parteispitze. Aber auch da haben wir gelernt, dass wir in solch schwierigen Situation viel schneller reagieren müssen.
In der Parteileitung hat sich am Ende die „Fehler ja, Verbrechen nein“-Losung durchgesetzt …
Ein Fehler ist menschlich, vielleicht passiert er morgen auch mir. Dann muss ich die Konsequenzen tragen. Ich will mich nicht als der aufspielen, der über alles erhaben ist. Es geht aber nicht um den einzelnen Politiker, sondern es geht um gewisse Standards in der Partei. Es geht darum, dass die Partei überlebt.
Warum haben Sie das Amt des LH-Stellvertreters abgelehnt, das Ihnen Arno Kompatscher angeboten hat?
Aus zwei Gründen: Zu Beginn der Amtszeit hat sich der LH bewusst nicht für mich entschieden. Das habe ich akzeptieren müssen, damit war das Thema für mich erledigt. Zweitens wäre es völlig unglaubwürdig gewesen, wenn ich zuerst Sanktionen gegen einen Kollegen verlange und im nächsten Moment selbst die Position einnehme, von der dieser abgesetzt wird.
Interview: Artur Oberhofer
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Kommentare (30)
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criticus
Bitte noch einen (Schein)Heiligenschein für Herrn Achammer!
rumer
So viel Putzfrauen gibt es nicht auf dieser Welt, dass man die SVP sauber bekäme. Besser, er sucht sich eine neue Partei.
bernhart
Wenn ich dieses Überschrift lese ich will eine saubere Partei, dann weiß ich nicht was er damit meint,die SVP ist alles als sauber, schauen wir die Gemeinden und Bezirke an alle ins Macht geil und lassen keine anderen zu Wort kommen, denn was die SVPler sagen ist Gesetz.
In Mals ist der Bürgermeisterkanditat gleichzeitig auch Koordinierungsobmann und er sucht sich die Regierungsmanschaft selbst aus, ist das Richtig.
Achammers aussagen sind lachhaft und nicht glaubwürdig,dass es ein persönlicher Feldzug war ist augenscheinlich, er hat doch die Presse auf die 4 Mitstreiter gehetzt, er hat viel Staub nichts gemacht , gilbt es nicht wichtigere Arbeiten als Personen in den Dreck zustecken.
Wurde kontrolliert ob nich auch Gemeindepolitiker um den Corona Bonus angesucht haben??
oder sind diese Personen ausgenommen??
Achammer drohen mit Rücktritt bringt nichts,nach jeden Papst gibt es einen neuen.
Achammer sie haben an Glaubwürdigkeit verloren.
huggy
Wenn L Achammer zurücktritt ist die Partei schon um einiges sauberer
sepp
ach herr lachhammer geh dich vermisst niemand was sie in letzter zeit geleisten haben solltest dudich nett wunderendas du in öffentlichen kanälen sobehandelt wirst kan die meinungen der eute nur teilen
pingoballino1955
Ich will eine saubere Partei???