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„A Theater wegen 600 Euro …“

Für gewisse Kräfte innerhalb der SVP war der Coronabonus-Skandal nur ein willkommener Vorwand, um beispielsweise den (bei den Bauern nur geduldeten) Landesrat Arnold Schuler aus dem Amt zu kippen – wie ein Wortprotokoll eindrucksvoll belegt.

von Artur Oberhofer

Es war eine Sitzordnung mit Symbolcharakter: Ganz vorne, mit Corona-Abstand und wie begossene Pudel, saßen die drei Corona-Furbetti. Wie am Pranger. Mit dem Rücken zu den Mitgliedern der Parteileitung gewandt. Geradezu einladend für den finalen Dolchstoß.

Die Sitzung der SVP-Parteileitung begann am vergangenen Dienstag kurz nach 14.30 Uhr. Zuerst ergriff Parteiobmann Philipp Achammer das Wort. Anschließend hatten die drei schwarzen Schafe die Gelegenheit, sich zu erklären.

Bevor Arnold Schuler, Gert Lanz und Helmut Tauber den Saal verließen, fragte Parteichef Achammer noch in die Runde, ob jemand direkte Fragen an die drei „Angeklagten“ habe.

„Jo“, hallte es durch den Saal. Der Sarner Landtagsabgeordnete Franz Locher meldete sich zu Wort. Das war kurz nach 15.00 Uhr.

Und diese Wortmeldung hatte es in sich!

Denn die Worte des Franz Locher belegen, dass es gewissen Kräften innerhalb der Volkspartei überhaupt nicht um „die lächerlichen 600 Euro“ (O-Ton Locher) ging, sondern dass so mancher Spitzenexponent im Edelweiß, die Empörungswelle reitend, persönliche Rechnung begleichen wollte.

Der Coronabonus-Skandal war für diese Leute der willkommene Anlass, um eine Kräfteverschiebung innerhalb der Partei herbeizuführen. Sprich: den ungeliebten LR Schuler abzuschießen und den LH zu schwächen.

Die TAGESZEITUNG und salto.bz hatten bereits am Mittwoch kurz über den Auftritt des Franz Locher in der SVP-Leitungssitzung berichtet.

Der Succus der Berichte: Der Sarner Abgeordnete habe in der Sitzung stolz und fidel erzählt, auch er habe um den Coronabonus ansuchen wollen, er habe aber am Computer auf den falschen Knopf gedrückt.

Nach diesem Sager Lochers habe es schallendes Gelächter im Saal gegeben, wodurch eine schizophrene Situation entstand: Die Abgeordneten Schuler, Tauber und Lanz sollten gekreuzigt werden, weil sie um den Coronabonus angesucht haben, und bei Franz Locher, der den Bonus ebenfalls kassieren wollte, aber zu dumm oder zu ungeschickt war, auf den richtigen Knopf zu drücken, lachte der ganz Saal und grinsten die Präsidiumsmitglieder.

Die drei „Angeklagten“ empfanden dieses Lachen als „Stich in den Magen“, wie einer der Drei im Hintergrundgespräch bekennt. „Uns will man ans Kreuz nageln, und wenn der Locher sagt, er wollte den Bonus auch, hat aber nur auf den falschen Knopf gedrückt, dann ist das lustig.“

Franz Locher rief am Mittwoch empört in der TAGESZEITUNG-Redaktion und verlangte – unter Androhung von rechtlichen Schritten – eine „Richtigstellung“. Er habe das „so nicht gesagt“, erklärte Locher.

Er habe nämlich in der Sitzung „klar und deutlich dargelegt“, dass er das Ansuchen nicht abgeschickt habe, weil er draufgekommen sei, dass nur Leute, die hauptberuflich als Landwirte tätig seien, ansuchen könnten. „Da ich aber die meiste Zeit im Landtag verbringe, habe ich das Ansuchen am Ende nicht abgeschickt“, so Locher, „und genau das habe ich in der Sitzung gesagt.“

Die Darstellung von Franz Locher entspricht nicht der Wahrheit.

Der Sarner SVP-Abgeordnete hat in der Parteileitungssitzung nicht erklärt, dass er das Ansuchen nicht weggeschickt habe, weil er hauptberuflich Politiker sei.

Im Gegenteil: Er hat auch anderen Landtagskollegen, die dies eventuell auch bestätigen würden, erzählt, er habe am Computer gesessen, habe das Ansuchen ausgefüllt und sei bereits „beim letzten Kastl gewesen“, habe er dann nicht auf den Knopf gedrückt.

Am nächsten Tag, so erzählte Locher, habe er sich dann nicht mehr „bsunnen“. Und der Termin sei abgelaufen.

Der TAGESZEITUNG liegt nun exklusiv das Wortprotokoll der Aussagen von Franz Locher vor.

Daraus geht nicht nur hervor, dass Franz Locher die Empörung über die Corona-Furbetti lächerlich findet und selbst um den Bonus ansuchen wollte. Das Wortprotokoll erlaubt auch tiefe Einblicke in die SVP-Seele.

So hat Franz Locher gesprochen:

„Des isch jetzt schon awian a zache Situation.

Man muass a wissn: Olle drei hobn a Mehrwertssteuernummer, einen Betrieb. Ingaling kriegen wir keine Wirtschaftsleute mehr für die Partei, und mir nemmen holt alles andere, weil du nimmer auf deinen Betrieb schaugn konnsch.

Was ich dir persönlich sogn mecht, Arnold: Woasch du wie viele aus der Landwirtschaft mi ongrufn und gsogt haobnn: Weck mit dem Arnold! Weck mit dem Arnold!

Do hobn sich – net wegen de 600 Euro – a por Bauschtellen aufgschtaut (…), wegen de die Leit verärgert sein. Wer hot wegen der Milch für die Spitäler die Schuld? Donn isch nou die Berglandwirtschaft … es sein holt vorschiedene Sochn, do hot sich vieles aufgschtaut.

I, Arnold, sog dir gonz offen: I hon di sehr wohl und sehr viel verteidigt in den letzschtn Togn afore ba die Leit. 

Seimo gonz ehrlich: Im Sarntal drinnen sog man, warum sollen mir wegen de 600 Euro so an Puff mochn? Es konn schun sein, dass Wohln sein oder dass die Sarner eigene Leit sein.

Obr auswärtig isch do a gewaltiges Fiabr. I hon nur so gschtaunt, was do für a Fiabr bei die Leit isch. Gewaltig!

Also, i glab: Sie hobn olle Drei an Betrieb. Olle Drei hobn um die 600 Euro ongsuacht. Des hätt jeden von uns passieren kennen. Des sich oan toalweise sogar schmockhoft gemocht wordn: Suach on, Bauer, um die 600 Euro!

Isch a net falsch! Isch a net die Welt! Isch politisch so gewollt gwedn, de 600 Euro in die Leit zu gebn.

Die Drei hobn ongsuacht, i hon holt s’Glück kobt: Ich hon in Computer vor mit kob und holt net draufgedruckt. 

I hon an Segen kobt, dass i net draufgedruckt hon … 

(SCHALLENDES GELÄCHTER IM SAAL)

I wor mit’m Finger schun auf dem Drucker …

Aber i sog iatz holt aso: Iatz a Theater mochn …

i will dir Arnold sogn: Do hobn sich a por Sochn aufgschtaut. Die Leit sein net nur wegen de 600 Euro verfluacht, sondern wegen a por ondre Sochn … “

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