Das Qualfach
In diesen Tagen müssen Eltern ihre Kinder für das Nachmittagsangebot an Grund- und Mittelschulen anmelden. Das Problem dabei: Sie wissen nicht, was geboten wird.
von Silke Hinterwaldner
Was machen die denn am Nachmittag? Spielen, Unterricht, Sport oder Musik, Hausaufgaben? Die Mütter und Väter sollen ihre Kinder in diesen Tagen für das Nachmittagsangebot an den Schulen anmelden – aber sie haben meist gar keine Ahnung, was ihre Zöglinge dort tatsächlich erwarten wird. Muss ein Fußball-Muffel dann Fußballspielen und muss ein Jugendlicher, der nicht Flöte spielen will, dann auf Biegen und Brechen Musik machen? Ein Vater drückt seinen Unmut so aus: „Wir müssten jetzt unsere Tochter anmelden, die Mensa zahlen, und gehen dann das Risiko ein, dass unsere Tochter ein Fach zugewiesen bekommt, welches ihr nicht passt. Nach der Einschreibung sind die Kinder verpflichtet, das Wahlpflichtfach zu besuchen, ob es ihnen und den Eltern passt oder nicht.“
Aber der Reihe nach: Wegen Corona haben die Schulen erst einmal gekürzt. Diesen Kürzungen zum Opfer gefallen ist unter anderem der Nachmittagsunterricht an Grund- und Mittelschulen. Nach einem Aufschrei von Eltern und Arbeitgebern ist es gelungen, zumindest ein Nachmittagsangebot auf die Beine zu stellen. Das heißt: Die Schüler können an ein bis zwei Tagen pro Woche etwas in der Schule machen. Sie müssen aber nicht. Wer die Kinder zu Hause besser aufgehoben weiß, muss sie am Nachmittag nicht in die Schule schicken. Mehr noch – wie Schulamtsleiterin Falkensteiner im Interview erklärt – nur wer tatsächlich Bedarf hat, sollte die Kinder für das Nachmittagsangebot anmelden.
Denn für alle reichen die zur Verfügung stehenden Ressourcen ohnehin nicht.
Schulamtsleiterin Sigrun Falkensteiner über die verbindliche Anmeldung für schulische Angebote am Nachmittag, deren Inhalt niemand kennt. Und über echten Bedarf.
TAGESZEITUNG: Frau Schulamtsleiterin, Eltern beklagen sich, dass sie die Kinder für das Nachmittagsangebot anmelden müssen, obwohl niemand weiß, was angeboten wird…
Sigrun Falkensteiner: Diese Klagen sind mir selbstverständlich zu Ohren gekommen. Dabei sollte man aber eines nicht vergessen: Die verbindliche Anmeldung für den Nachmittag ist wichtig, weil wir für das gesamte Jahr gleichbleibende Gruppen bilden müssen. Es ist leider nicht mehr denkbar, dass Kinder für ein Wahlangebot einen Monat kommen und dann nicht mehr. Ohnehin werden wir am Nachmittag teilweise andere Gruppen bilden müssen als am Vormittag, aber um Infektionsherde eingrenzen zu können, brauchen wir stabile Gruppen.
Sollte man nicht trotzdem vorab klären, ob Musik oder Sport auf dem Programm steht?
In diesem Schuljahr sind die Wahlangebote am Nachmittag vor allem eine familienpolitische Maßnahme. Wir bieten dies in erster Linie für Familien an, die das Angebot tatsächlich brauchen, etwa weil Vater und Mutter arbeiten oder weil es mit den Kindern zu Hause schwierig ist. Für diese Familien ist es weniger von Belang, was angeboten wird. Ob Sport oder Musik – es geht vor allem darum, die Kinder gut aufgehoben und von Lehrpersonen begleitet zu wissen. Für jene Familien, die nur hingehen, wenn es etwas ist, das gefallen könnte, sind diese Angebote eigentlich nicht gedacht. Wir sind auch gar nicht imstande, diese Nachmittagsangebote für alle Kinder flächendeckend anzubieten. Wir haben zwar Gelder im Nachtragshaushalt zugesichert bekommen, aber wir müssen 400 zusätzliche Klassen bilden. Da reichen die Gelder für ein flächendeckendes Nachmittagsangebot bei weitem nicht aus.
Gemeinhin wird das Angebot mit Nachmittagsunterricht gleichgesetzt…
Es scheint ein bisschen verwirrend, weil die Wahlfächer in den vergangenen Jahren anders angeboten wurden. Das ist schwer zu kommunizieren. Aber den Luxus, ein Wahlfach nach Lust und Laune auszuwählen, können wir und heuer leider nicht leisten.
Sollten sich tatsächlich sehr viele Schüler für die Nachmittagsbetreuung anmelden: Könnten die Schulen dies dann auch stemmen?
Um dies abschätzen zu können, machen wir derzeit die Anmeldungen und Bedarfserhebungen: Aufgrund der Ergebnisse werden wir die Gelder einsetzen und schauen, wie weit wir kommen.
Wer wird das Nachmittagsangebot begleiten: Lehrer oder auch etwa der Sportverein?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten: Schulen können die Verträge der Lehrer aufstocken, insofern das Interesse besteht. Manches kann über Überstunden abgedeckt werden. Oder eine Schule kann sagen, dass die Genossenschaften oder Vereine einbezogen werden. Aber es wird auf jeden Fall ein qualitätsvolles Angebot sein.
Manche Eltern müssen verpflichtend anmelden, andere können auch nur Interesse bekunden: Gibt es hier keine einheitliche Vorgehensweise?
Es gibt kein einheitliches Formular für die Erhebungen. Das machen die Schulen selbst, je nachdem, welche Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht wurden, wo manche Eltern eine Anmeldung in letzter Sekunde dann doch noch zurückgezogen haben. Grundsätzlich gilt: Gedacht ist das Nachmittagsangebot heuer für Familien, die es tatsächlich brauchen.
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Kommentare (3)
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brutus
Zuallerst müssen wir froh sein dass so etwas wie ein geregelter Schulalltag wieder startet! Angesichts der derzeitigen Situation in den Urlaubsgebieten kann die Planung schnell wieder über den Haufen geworfen werden! Und wenn man die Meinung verschiedener Eltern hört von:…bei Maskenpflicht schicke ich mein Kind gar nicht in die Schule! bis …wenn dort etwas passiert werdet ihr mich kennen lernen! sind die Verantwortlichen in ihren Entscheidungen nicht zu beneiden.