„Deppen in den Pfarreien“
Der Theologe Robert Hochgruber über die Aussagen von Bischof Ivo Muser zur Kritik an der jüngsten Pfarreieninstruktion. Ein Gastkommentar.
von Robert Hochgruber
Ich habe mich geärgert. Wie kann ein Bischof so auf die Einwände eines engagierten, überzeugten und besorgten Georg Oberrauch als Chef der Katholischen Männerbewegung reagieren? (Tageszeitung 28.7.2020) Theologisch gescheit daherreden und bitten, nicht zu polemisieren, löst keine Probleme. Versteht er uns Laien mit unserem Frust und der Wut im Bauch nicht? Wir dürfen/müssen ehrenamtlich die Pfarreien am Leben erhalten/leiten und alles tun, damit die vielfach überforderten Pfarrer nicht zusammenbrechen. Aber sie müssen immer gefragt werden, d.h. entscheiden. Das ist Geringschätzung und Entmündigung. Kurzum wir Laien dürfen die Deppen in den Pfarreien spielen, um ein Kirchensystem aufrecht zu erhalten, das nicht mehr unserer Zeit entspricht. Auf Christus zu setzen, geht schon gut, wie der Bischof fordert. Ist die heutige priesterzentrierte (klerikale), frauenfeindliche, absolutistische und zentralistische Katholische Kirche wirklich jene wie sie Jesus Christus wollte? Ich glaube nicht! Der Priestermangel, der Auszug vieler Frauen wie Männer aus der Kirche, der Rückgang an Mitarbeit, die veraltete Sprache und Theologie sind deutliche Zeichen dafür.
Wo war die von Bischof beschworene Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien als er bei der Diözesansynode 2015 verboten hat, über Fragen wie Freistellung des Zölibates, Frauen-priestertum, Laienpredigt abzustimmen? Kirchenrechtlich konnte er das. Synodenbeschlüsse wie die Umstellung der kirchlichen Güter auf Bio (Frage der Glaubwürdigkeit) und die diözesane Anstellung von Pastoralassistentinnen und -assistenten sind bis heute nicht umgesetzt. Und dabei sagt selbst Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz, dass eine umfassende Seelsorge derzeit nicht mehr möglich ist. Der Bischof sieht die Laien in der Instruktion nicht benachteiligt. Typisch Kirchenleitung! Sie definiert, was Benachteiligung bedeutet. Das tun wir Laien schon selber.
Laienvertreter und die Reformbewegung Wir sind Kirche sowie Theologieprofessorinnen und -professoren bescheinigen der Instruktion „abenteuerliche Realitätsferne“, eine vorkonziliare Ausrichtung und keine Lösungsvorschläge. „Die große Mehrheit der deutschen Bischöfe übte Kritik am Papier und bezeichnete es als rücktrittsgewandt“ (katholisch.de 30.7.2020). Einige wollen an ihren bisherigen Vorhaben festhalten. Bischof Bode aus Osnabrück sprach von einer „Umkehr zur Klerikalisierung“. Es brauche eine „Kirche der Beteiligung“. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx rügte öffentlich das Zustandekommen des Dokumentes ohne Beratung mit Betroffenen. Solche Aussagen von Bischöfen Richtung Rom sind noch nie da gewesen. Selbstverständlich gab es auch Zustimmung von einigen Konservativen wie dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Ich glaube, es wäre sinnvoll, wenn Papst Franziskus – er ist ja für ungewöhnliche Aktionen bekannt – die Instruktion zurückziehen und einen Beratungsprozess darüber mit allen Interessierten starten würde. Ansonsten bleibt der Eindruck, dass der Papst innerkirchlich schön daherredet, insgesamt aber mauert.
Ich bedauerte, dass ich bei der Steuererklärung die 8 Promille für die Katholische Kirche zweckgebunden habe. Ich werde es bis auf weiteres nicht mehr tun. Vielleicht versteht die Kirchenleitung diese Sprache. Es tut mir weh, miterleben zu müssen, wie die Kirche derzeit den Bach hinuntergeht. Zugleich bin ich zuversichtlich, dass eine neue Form von Kirche entsteht. Das Evangelium ist nicht unterzukriegen und der Glaube auch nicht!
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