Die Gutachter-Bombe
Tempo 90 beim Aufprall, eingeschränkte Sicht und eine Mitschuld der Opfer und des Busfahrers: Ein Gerichtsgutachten entlastet des Luttacher Todeslenker Stefan Lechner.
Von Thomas Vikoler
Der Bozner Strafanwalt Alessandro Tonon kann seine Zufriedenheit über die nun am Landesgericht eingelangte Gutachter-Bombe kaum verbergen. Dennoch will er nichts Näheres über das Dokument sagen, das ganz im Sinne seines Mandanten ist. Sein Mandant ist Stefan Lechner, der Todesraser von Luttach, der seine Tage weiter im Hausarrest im barocken Kloster Neustift verbringt.
„Im Moment sieht es für ihn, der dargestellt wurde wie ein Monoster, nicht schlecht aus. Doch das Beweissicherungsverfahren ist bisher nicht abgeschlossen“, sagt Tonon, der Lechner zusammen mit Alberto Valenti verteidigt.
Doch das nun vorliegende Gerichtsgutachten des Veroneser Verkehrsexperten Luigi Cipriani, in das die TAGESZEITUNG Einsicht nehmen konnte, hat es in sich. Cipriani hat – auch bei einem Lokaltermin am 1. Juni – die Dynamik des Horror-Unfalls von Luttach rekonstruiert. Bei diesem kamen am 5. Jänner sieben deutsche Touristen ums Leben, zehn wurden zum Teil schwer verletzt. Lechner war mit seinem Audi TT taleinwärts in eine Gruppe von aus einem Bus ausgestiegene gerast.
Mit einer Geschwindigkeit, die Gutachter Cipriani auf bescheidene 90 Stundenkilometer schätzt. Der Sachverständige der Verteidigung kam sogar auf 80 Stundenkilometer. Nach einer ersten Rekonstruktion des Unfalls durch die Carabinieri war von einer Aufprallgeschwindigkeit von wesentlich über hundert Stundenkilometern die Rede. Deshalb ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Lechner wegen (mehrfach) erschwerter Tötung im Straßenverkehr („omicidio stradale“).
Eine zweite Erkenntnis aus dem Gutachten, das inzwischen bei Voruntersuchungsrichter Emilio Schönsberg hinterlegt wurde: Cipriani geht von einer Mitschuld sowohl der Opfer als auch des Busfahrers aus.
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