Schutzloser See
Menschenmassen am Pragser Wildsee, Gäste ohne Mundschutz oder Ansturm auf die Busse: Der Tourismus im Hochpustertal scheint sogar im Corona-Sommer zu boomen. Mit der Zahl der Touristen steigt auch die Sorge. Bürgermeister und Touristiker versuchen nun gegenzusteuern.
von Silke Hinterwaldner
Die Bilder machen seit einigen Tagen die Runde auf Facebook: Sie zeigen Menschen dicht an dicht, die sich auf dem schmalen Steig am Pragser Wildsee drängen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, diese Aufnahmen können nicht aus diesem Sommer stammen: Es gibt Verkehrsbeschränkungen zum See, die Sitzplätze im Bus müssen online gebucht werden und sind kontingentiert und nicht zuletzt gibt es auch noch die Pandemie.
Umso mehr schockieren die Bilder: Wie kann es sein, dass so viele Menschen auf engem Raum stehen? Und wie kann es sein, dass kaum jemand eine Maske trägt?
Die Fotos sollen am vergangenen Sonntag am Pragser Wildsee entstanden sein, aber wer sie auf Facebook gepostet hat, lässt sich mittlerweile kaum mehr nachvollziehen. Fest steht nur: Sie haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Aber bereits vor den Fotos der Menschenmassen am Pragser Wildsee wurde es an mehreren touristisch gut besuchten Orten vor allem im Hochpustertal eng. Zum Glück, sagen viele Gastwirte, kommen trotz Corona mehr Gäste als man zu Beginn des Sommers erwarten konnte. Aber die Anzahl der Touristen hat mancherorts eine Dimension erreicht, die das erträgliche Maß überschreitet – das hat in diesem Sommer nichts mit Overtourism zu tun, sondern vielmehr mit Pandemie-Schutz. Denn kaum jemand möchte sich ausmalen, was passiert, wenn das Virus sich wieder verbreitet.
Deshalb sah sich Thomas Walch in der Pflicht, eine Initiative zu starten. Das Ziel des HGV-Obmannes im Pustertal ist es, die Menschen zu mehr Vorsicht anzuhalten. Aber wie kann das gehen, ohne rigide mit Strafen und Verboten durchzugreifen?
Die Bürgermeister der fünf Gemeinden im Hochpustertal haben gemeinsam mit den Präsidenten der Tourismusvereine und den Ortsobleuten des HGV ein Schreiben veröffentlicht, in dem sie mehr Vorsicht anmahnen. Der Brief ist ganz offiziell mit den Gemeindewappen von Innichen, Toblach, Sexten, Niederdorf und Prags versehen und wird an strategischen Orten verteilt. Er soll, so das Ziel, jeden einzelnen im Hochpustertal erreichen – später sogar vielleicht jeden Südtiroler, denn Thomas Walch möchte die Initiative auf das gesamte Land ausdehnen. Im Schreiben heißt es:
„Die steigenden Corona-Infektionen in anderen Ländern zeigen, dass das Virus nach wie vor präsent ist und jederzeit ein Infektionsherd aufflammen kann. Umso wichtiger ist es, sich weiter rigoros an die geltenden Auflagen und Bestimmunen zur Eindämmung des Virus zu halten. Wir dürfen in Südtirol keine zweite Corona-Welle zulassen. Das Herunterfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens hat dem Land, den Gemeinden, den Unternehmen und vielen Bürgern einen großen Schaden zugefügt. Das darf sich nicht wiederholen. Um die Infektionszahlen in Südtirol weiterhin niedrig zu halten, gilt es Menschenansammlungen zu vermeiden.“
Viele, vor allem italienische Touristen, suchen die Abgeschiedenheit in den Bergen. Das klingt eigentlich logisch. Schließlich gibt es in Südtirols Bergen sehr viel Platz und sehr viele schöne Orte. In Wirklichkeit aber sammeln sich oft Menschenmassen an ganz bestimmten Plätzen – wie etwa dem Pragser Wildsee. Bereits bei den Drei Zinnen lässt es sich leichter aus dem Weg gehen.
Aber auch hier gibt es einen neuralgischen Punkt: Viele Gäste wollen und sollen die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, aber das bedeutet, dass man anstehen und Maske tragen muss. Die Schutzhütten sind angeblich weniger überlaufen als in anderen Jahren: Viele bringen Brote und Getränke mit, um nicht vor oder in der Hütte Schlange stehen zu müssen.
„Wir sollten jetzt besonders vorsichtig sein“, sagt Thomas Walch, „und müssen deshalb die Leute daran erinnern, dass sie die Maske tragen und sich an die Regeln halten.“
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Kommentare (14)
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andreas
Kriegen die am Pragser Wildsee überhaupt etwas auf die Reihe?
Jede Woche eine andere Polemik, mal zu viele, dann zu wenig, dann die falschen, dann jammern die Gastwirte, dann sind sie gegen ein Projekt von Privaten, usw.
„Schutzloser See“ ist nebenbei die falsche Überschrift, dem See ist es wurscht, ob da ihre mit oder ohne Maske rumlaufen.
schwarzesschaf
Freu mich auf die komentare in 3 monaten wenn wieder jeder zu hause sitzt und nicht raus darf da alle vollposten nicht sie masken aufdersetzen