Anreize für Mehrarbeit
Um die Wartezeiten bei Facharztvisiten infolge der Corona-Krise zu verkürzen, erhalten Ärzte und Krankenpfleger künftig mehr Geld für Zusatzleistungen und Überstunden.
von Heinrich Schwarz
Einer der wichtigsten Aufträge für Florian Zerzer bei dessen Ernennung als Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes war es, die extrem langen Wartezeiten für bestimmte fachärztliche Leistungen stark und nachhaltig zu verkürzen. Doch das Coronavirus hat den teilweisen Fortschritten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Wartezeiten sind mittlerweile länger als je zuvor.
Jetzt hat der Sanitätsbetrieb zwei Maßnahmen gesetzt, die zur Verkürzung der Wartezeiten beitragen sollen. Erstens sollen die sogenannten Zusatzleistungen bis zu einem Höchstbetrag von 100 Euro pro Stunde erhöht werden, was durchschnittlich drei fachärztlichen Leistungen (zu je 20 Minuten) entspricht.
Bekanntlich können Ärzte außerhalb ihrer vertraglichen Arbeitszeit von 40 Stunden zusätzliche fachärztliche Leistungen im Krankenhaus erbringen. Ein umstrittenes Thema, das in Vergangenheit für teils heftige Diskussionen gesorgt hat.
„Bisher betrug der Höchstbetrag 75 Euro pro Stunde“, erklärt Florian Zerzer. Die jetzige Erhöhung um 25 Euro hänge mit der kürzlich von der Landesregierung beschlossenen Erhöhung der Tarife für fachärztliche Leistungen zusammen.
„Die Ärzte haben so nun mehr Interesse, Zusatzleistungen zu erbringen. Wir erhoffen uns dadurch eine Reduzierung der Wartezeiten“, so Zerzer.
Die zweite Maßnahme: Krankenpfleger erhalten eine zusätzliche Vergütung von 20 Euro pro Überstunde. Dazu Zerzer: „Für ärztliche Zusatzleistungen braucht es in vielen Bereichen auch Pfleger. Um auch für sie das Interesse zu erhöhen, werden die Überstunden deutlich besser bezahlt.“
Für beide Maßnahmen ist ein Abkommen mit den Gewerkschaften geplant. Vorerst stellt der Sanitätsbetrieb 650.000 Euro bereit, die – wenn nötig – aufgestockt werden. Am Ende des Jahres wird entschieden, ob die Maßnahmen für das Jahr 2021 verlängert werden.
Ob das Geld-Zuckerle für Ärzte und Pfleger reicht, um bei den Wartezeiten bald wieder das Vorkrisen-Niveau zu erreichen? „Sicher nicht“, betont Florian Zerzer.
Man habe deshalb eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Abbau der Wartezeiten gesetzt. Unter anderem organisatorischer Natur. „Nur können wir derzeit aufgrund der Covid-Hygienemaßnahmen nicht die gleiche Anzahl an Visiten bei gleichem Personalstand wie vorher anbieten“, erklärt der Generaldirektor das aktuelle Problem. Sprich für eine Visite ist mehr Zeit notwendig – unter anderem wegen der Desinfektion. Umso mehr brauche es Zusatzleistungen.
Weiters kaufe der Sanitätsbetrieb jetzt vermehrt fachärztliche Leistungen bei Privatkliniken ein. Unter anderem in den Bereichen Dermatologie, Kardiologie, Augenheilkunde und Reha. Weil die Tarife von der Landesregierung erhöht worden seien, sei das Interesse der Privaten größer geworden.
Indes müssen die Wartezeiten-Ziele für Ende 2020 in den vier definierten Pilotbereichen – HNO, Dermatologie, Augenheilkunde und Magnetresonanz – aufgrund Corona zeitlich nach hinten verschoben werden. Laut Zerzer war man vor Corona zum Teil sehr nahe an den Zielen dran. Man arbeite mit dem Land an einem neuen realistischen Zeitplan. Zudem sollen 2021 weitere Fachbereiche hinzukommen, „für die ähnlich herausfordernde Ziele definiert werden.“
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Kommentare (7)
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aufmerksamerbeobachter
Und Geld reicht wirklich aus? Ist das ein neues Märchen. Weniger Geld und dafür eine bessere Organisation, es fehlt am System.
tirolersepp
Das Sanitätsbudget ist immer im Auge zu behalten, jede Erhöhung muss irgendwo eingespart werden, also wachsam sein !!