Drei Südtiroler Projekte
Mutige gesellschaftliche und soziale Themen sowie geballtes Südtiroler Film-Know-how: Das ist die Quintessenz der Förderrunde 2 des Südtiroler Filmfonds in diesem Jahr. Gleich drei der vier Projekte, die laut Entscheidung von IDM Südtirol mit Geldern aus dem Fonds unterstützt werden, kommen aus Südtirol, ein Projekt stammt aus Österreich.
Zwei der Filmvorhaben erhalten eine Produktionsförderung, die anderen zwei haben für eine Produktionsvorbereitungsförderung angesucht. 20 Tage lang soll insgesamt in Südtirol gedreht werden, der erwartete Südtiroleffekt der Projekte beträgt circa 145.000 Euro.
„Dass gleich drei der vier geförderten Projekte von Produktionshäusern aus Südtirol eingereicht wurden, ist ein Indikator dafür, dass die Südtiroler Filmbranche inzwischen international mitspielen kann und über großes Know-how verfügt. Federführend eingebunden in die neuen Produktionsvorhaben sind zudem auch heimische Filmfachkräfte“, sagt Vera Leonardelli, Abteilungsdirektorin Business Development von IDM. Diese zweite Förderrunde sei zwar aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen allgemeinen Unsicherheit für die Branche eine kleine, aber gleichzeitig hochwertige, bei der sehr spannende und wichtige Themen aufgegriffen würden.
Eines dieser Themen ist der sexuelle Missbrauch von Kindern, der im Dokumentarfilm „Gegen das Schweigen – Breaking the silence“ des österreichischen Regisseurs Georg Lembergh abgehandelt wird. Betroffene erzählen darin von ihrer Vergangenheit und sexuellem Missbrauch, den sie erlitten haben – in der Familie, in der Kirche, in der Welt des Sports und in Tageseinrichtungen. Es sind Geschichten, die sprachlos machen. Es sind aber auch Beispiele für Mut und Hoffnung. Produziert wird das Projekt von der Albolina Film Bozen; nach der ebenfalls vom Südtiroler Filmfonds geförderten Dokumentation „Das versunkene Dorf“ ist das bereits die zweite Zusammenarbeit zwischen dem Südtiroler Produktionshaus und Lembergh. Das Projekt erhält eine Produktionsförderung, Drehbeginn in Südtirol ist im August.
Der Kinderwunsch einer Frau, die aufgrund einer Polio-Erkrankung seit ihrer Kindheit im Rollstuhl sitzt, ist der Mittelpunkt des Dokumentarfilms „Eva Maria“ von Lukas Ladner, das ebenfalls durch Produktionsförderung unterstützt wird. Protagonistin Eva Maria möchte mit Ende 30 Mutter werden und widmet sich – unterstützt von ihrer Familie – mit aller Kraft diesem Wunsch, der schließlich Wirklichkeit wird. Die Schwangerschaft stellt allerdings trotz großer Vorfreude auf das Kind ihr Leben zum zweiten Mal total auf den Kopf. Die Golden Girls Filmproduktion & Filmservices Wien produziert das qualitativ hochwertige und mutige Produktionsvorhaben in Koproduktion mit der Daniel Dlouhy – Bunny Beach Film e.U. Aldrans, große Teile der Postproduktion werden in Südtirol realisiert.
Neben der Produktionsförderung unterstützt IDM zwei Projekte bei der Produktionsvorbereitung. Der TV-Mehrteiler „Fremdenverkehrt“, eine Produktion von Albolina Film in Koproduktion mit der Tellux-Film GmbH München, befasst sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung von St. Pauls am Ende der 1950er Jahre, die dem aufkommenden Tourismus geschuldet ist. Die konservative, scheinbar heile Welt des Ortes wird durch die Ankunft der „Fremden“ aus Deutschland in ihren Grundfesten erschüttert, die Machtdominanz der Männer verschiebt sich zu Gunsten der Frauen – und das alles im Kontext der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, des Kalten Krieges und des Südtiroler Widerstands. Als die Fremden am Ende des Sommers wieder abreisen, ist in St. Pauls nichts mehr so, wie es einmal war. Das Treatment des Projekts, dem die Jury großes Potenzial bescheinigt, verfasste die Berliner Drehbuchautorin Aleksandra Kumorek gemeinsam mit dem Südtiroler Gernot Werner Gruber.
Das zweite Projekt, das bei der Produktionsvorbereitung unterstützt wird, ist der Spielfilm „Wie weit gehen“ von Regisseurin Sabine Derflinger, der in Zusammenarbeit mit der Helios Sustainable Films aus Bozen und der kurt mayer film e.U. aus Wien entsteht und auf einer wahren Begebenheit beruht. Helios wirkte als Koproduzent bereits am erfolgreichen Jugendfilm „Amelie rennt“ mit, der 2017 bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin Premiere feierte und 2018 den Deutschen Filmpreis als „Bester Kinderfilm“ erhielt. „Wie weit gehen“ zeigt das Schicksal der an einer Motoneuron-Erkrankung leidenden Sarah Braun aus der Sicht der Protagonistin. Im fortgeschrittenen Stadium ihrer Krankheit und gefangen in ihrem eigenen Körper bleibt der jungen Frau nur noch ihre Fantasie, mit der sie humorvoll auf ihr eigenes Leben zurückblickt. Sie ist auf der Suche nach Abenteuern, und so spiegelt eine dreitägige Wanderung in den Dolomiten ihre Lebensgeschichte wider. Der Film zeigt Sarahs Kampf um jede Sekunde ihres Lebens. Ein Kampf, den sie gewinnt – obwohl Frau Braun inzwischen gestorben ist.
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