Raus aus dem Park
Das Aus für die TV-Serie „Un passo dal cielo“ am Pragser Wildsee wird weitreichende Konsequenzen für die Filmförderung haben: Es werden in Zukunft keine Drehgenehmigungen für größere TV-Produktionen im Naturpark mehr ausgestellt.
von Silke Hinterwaldner
Mittlerweile weiß man von Maria Hochgruber Kuenzer, dass sie als Landesrätin auch gegen den Strom schwimmen kann. Wenn sie von etwas überzeugt ist, zieht sie es durch – auch gegen den Willen der Wirtschaftslobbys.
Mit ihrer Zuständigkeit für Landschaft und Naturpark ist das gewissermaßen auch ihr Auftrag. Sie sagt: „Wir müssen ein Gleichgewicht zwischen der Naturlandschaft und den Menschen wiederherstellen.“ Ganz konkret bezieht sich Hochgruber Kuenzer dabei auf den Pragser Wildsee. Denn: „Wir haben Für und Wider abgewogen. Aber mein Einwand ist stets: Wir können nicht auf der einen Seite etwas mit Geld fördern, um auf der anderen Seite Besucherströme lenken und begrenzen zu müssen. Das ist ein Widerspruch.“
Kurz zusammengefasst die Vorgeschichte: Über die Filmförderung von IDM begann man vor über zehn Jahren damit, TV-Produktionen nach Südtirol zu holen. Der Gedanke dahinter: Wenn in Südtirol gedreht wird, kann man die Bilder in der ganzen Welt sehen. Das lockt Touristen an und kann in dieser Hinsicht besser funktionieren als klassische Werbung. Zu diesem Zweck war man auch bereit Geld in die Hand zu nehmen, um die Filmproduktionen zu unterstützen und einen Anreiz zu schaffen.
Das Konzept ist aufgegangen. Die wohl bekannteste, aber auch folgenreichste Produktion in diesem Zusammenhang ist die italienische TV-Serie „Un passo dal cielo“. Vor genau zehn Jahren ist Förster Pietro, verkörpert von TV-Star Terence Hill, zum ersten Mal am Pragser Wildsee und im Hochpustertal abgedreht worden. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Vor allem das italienische Fernsehpublikum ist begeistert von Pietro, seinen Abenteuern und der Naturkulisse. Mittlerweile hat Terence Hill den Förster-Job an den Nagel gehängt, aber die Serie läuft weiter. In den vergangenen zehn Jahren wurden insgesamt 72 Folgen der Serie gedreht.
In den vergangenen Tagen hatten mehrere Medien, unter anderem der Corriere und das Nachrichtenportal salto darüber berichtet, dass die Tage von „Un passo dal cielo“ im Pustertal gezählt sind. Ausschlaggebend für den Abgang ist auch ein Gutachten aus der Abteilung 28, Natur, Landschaft und Raumordnung, das von mehr Schutz für den Pragser Wildsee spricht.
Streng genommen hat man die Entscheidung der Produktionsfirma Lux Vide aber selbst überlassen – klar gesteuert, versteht sich. Die Neuregelung kam aus dem Amt für Naturparke: Demnach hätte es für „Un passo dal cielo“ nur noch zwei genehmigte Drehtage innerhalb des Naturparks gegeben. In nur zwei Tagen aber ist es unmöglich, sämtliche Aufnahmen rund um Prags zu machen. Damit war das Ende der Serie am See vorprogrammiert.
Die Filmförderung bei IDM hat dann noch versucht, die Serie an einen anderen Drehort in Südtirol zu lotsen. Konkret gab es Gespräche für eine Fortsetzung der Serie im Schnalstal. Aber dieser Vorschlag zerschlug sich. Jetzt hat die Produktionsfirma einen großzügigeren Förderer gefunden. Luca Zaia, Präsident der Region Venetien, hat die TV-Serie an Drehorte in Belluno geholt: Misurina-See, Auronzo, San Vito di Cadore und Umgebung.
Für Landesrätin Hochgruber Kuenzer ist diese Entscheidung gut und richtig. „Für Drehgenehmigungen im Naturschutzgebiet braucht es Regeln. Die Produktionen sind oft sehr aufwändig, mit vielen Fahrzeugen, LKW, Drohnen und mehr. Deshalb sind wir in dieser Hinsicht mittlerweile vorsichtiger geworden.“ Das soll langfristig den Bewohnern in den Naturparks zugutekommen. Aber auch den Gästen soll die Möglichkeit gegeben werden, sich in ihrem Urlaubsort auch tatsächlich zu erholen und nicht mit Massen anderer Urlauber zusammengepfercht zu werden. „Eigentlich“, sagt Hochgruber Kuenzer, „sollte man die Schönheit der Landschaft genießen können. Naturparks sind deshalb nicht der richtige Standort für aufwändige Dreharbeiten.“
An einem Hochsommertag am Pragser Wildsee kann man von Erholung schon lange nicht mehr sprechen. Dorthin kamen an Spitzentagen bis zu 17.000 Besucher. Viele von ihnen angezogen durch die Bilder aus der TV-Serie. Aber es liegt auf der Hand, dass die Besucher nicht schlagartig weniger werden, nur weil der Förster anderswo hingeht: Die alten Folgen werden trotzdem noch im Fernsehen gezeigt und mittlerweile hat sich der Hype um den Pragser Wildsee über die sozialen Netzwerke verselbständigt.
Die Landesrätin tritt deshalb erstmal auf die Bremse. Am Reschensee habe es noch die Dreharbeiten für die Serie Curon gegeben. Jetzt solle man abwarten und schauen, wie sich das entwickelt – bevor weitere große Produktionen gefördert werden.
Immerhin: „Un passo dal cielo“ hat von der IDM-Filmförderung 3,4 Millionen Euro bekommen. Umgekehrt müssen Land und Gemeinde jetzt aber auch noch Ordnung in das Chaos rund um den Pragser Wildsee bekommen. Für die Filmförderung in Südtirol ist die Entscheidung zu den sehr eingeschränkten Drehgenehmigungen in den Naturparks aber ein harter Schlag: Was soll man den TV-Anstalten noch anbieten, wenn es in den weiten und schönen Schutzflächen des Landes praktisch ein Zutrittsverbot gibt?
Mit diesem Problem ist jetzt „Un passo dal cielo“ konfrontiert, aber langfristig wird das Filmland Südtirol für die Produktionsfirmen wohl wieder uninteressant werden.
Förster Francesco – wie der Nachfolger von Pietro heißt – ist bereits umgezogen. In den vergangenen Tagen hatte man noch die letzten Abschiedsszenen im Hochpustertal drehen dürfen. Jetzt geht es im benachbarten Belluno weiter.
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Kommentare (8)
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waldhexe
Ich kann langsam Politiker nicht mehr ausstehen,die ständig damit beschäftigt sind die eigenen Fehler der vergangen Jahre zu beseitigen.Das alles natürlich mit Steuergeldern,denn sie haben ja immer alles richtig gemacht.Dabei meine ich nicht nur Prags.
george
Höchste Zeit mit solchen Filmförderungen aufzuhören. Man hätte eigentlich nie damit anfangen dürfen. Unsere schöne Landschaft ist ohnehin die größte Förderung. Dazu braucht es nicht auch noch Millionen von Fördergelder.