„Virus hat Pandemie-Potenzial“
In China ist eine neue Form des Schweinegrippe-Virus aufgetaucht. Droht damit die nächste Pandemie? Wie groß ist die Gefahr für den Menschen?
von Eva Maria Gapp
Die beunruhigende Nachricht kam vor etwa einer Woche: In China ist ein neues Grippevirus aufgetaucht, das von Schweinen auf Menschen übertragen werden kann. Das Virus namens G4 „besitze alle wesentlichen Eigenschaften, um Menschen infizieren zu können.“
Inmitten der Corona-Pandemie schrillen da schnell alle Alarmglocken. Schon wieder hört man von einem neuen Virus aus China, der Forscher nervös macht. Droht damit die nächste weltweite Pandemie?
Die TAGESZEITUNG hat den Virologen Martin Stürmer gefragt, was es mit dem neuen Schweinegrippe-Virus auf sich hat – und ob wir uns Sorgen machen müssen.
„Das in China gefundene G4-Virus ist ein Ableger der Schweinegrippe, die 2009 grassierte. Es handelt sich hier auch nicht um einen Coronavirus, sondern um einen Influenzavirus, also um einen klassischen Grippevirus. Chinesische Forscher haben diesen neuen Virus deshalb entdeckt, weil sie über Jahre, also zwischen 2011 und 2018 Abstriche von Schweinen in chinesischen Schlachthöfen abgenommen haben. Dabei zeigte sich, dass dieses Virus sehr oft in Schweinen vorkommt und ab und zu auch auf Menschen überspringt, vor allem auf jene, die sich intensiv mit der Schweinezucht beschäftigen“, fasst Stürmer die aktuelle Situation in China zusammen.
Tatsächlich konnten die Forscher Antikörper gegen das G4-Virus bei jedem zehnten untersuchten Arbeiter aus den Schweinebetrieben nachweisen. „Allerdings sind bislang nur fünf Fälle mit zum Teil schweren Verläufen dokumentiert.“
Und aktuell ist bei der neuen Variante der Schweinegrippe nur von Fällen in China die Rede – so Stürmer weiter. „Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass es diesen G4-Virus schon in Europa gibt. Bislang gibt es nur ein ähnliches Virus in Dänemark, aber das ist nicht die G4-Variante aus China.“
Nichtsdestotrotz haben die chinesischen Forscher herausgefunden, dass das neue G4-Virus hochinfektiös ist. „Im Tierversuch zeigte sich, dass sich das Virus unter Frettchen schnell verbreitet, also hochinfektiös ist. Diese Frettchen entwickelten dann auch deutlich heftigere Symptome und Lungenveränderungen als bei anderen Viren“, erklärt der Virologe. Hinzu kommt, dass das Virus nicht nur Schweinzellen, sondern auch Zellen aus den menschlichen Atemwegen infiziert.
Wie gefährlich ist nun also dieses neue Virus?
„Im Moment besteht keine akute Gefahr, jedoch hat das Virus Potenzial eine Pandemie auszulösen“, sagt Stürmer. „Denn eine Übertragung von Tier auf Mensch hat bereits stattgefunden. Die einzige Hürde, die noch genommen werden muss ist, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wird. Das ist bislang nicht beschrieben und nachgewiesen worden, es könnte aber dazu kommen.“
Die Alarmglocken schrillen nämlich immer dann, so Stürmer, „wenn das Virus auch weiter von Mensch zu Mensch verbreitet wird, so wie die Schweinegrippe 2009, und es häufig zu schweren Krankheitsverläufen kommt.“ Denn dann wird aus einem Virus ein Pandemie-Virus. „Wenn das neue G4-Virus diese Kriterien erfüllen würde, müssten wir tatsächlich von einem neuen Pandemie-Virus sprechen.“ Hinzu kommt, dass die Impfstoffe, die derzeit auf dem Markt sind, nicht gegen dieses neue Virus schützen. „Wir haben keine Immunität gegen dieses Virus.“
Laut Stürmer wäre es jetzt aber falsch, in Panik zu geraten. „Wir haben derzeit noch keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Bisher handelt es sich um reine Infektionen vom Schwein zum Menschen.“
Er plädiert vielmehr dafür, die Situation genauestens zu beobachten, um ungünstige Entwicklungen schnell zu entdecken und reagieren zu können. „Wichtig ist, besonders genau auf Hinweise für Mensch-zu-Mensch-Übertragungen zu achten und das neue Virus ernst zu nehmen.“
Zudem gibt Stürmer zu bedenken, dass „wir uns darauf einstellen müssen, dass es immer wieder neue Pandemien geben wird. Diese Gefahr bestand immer schon.“ Ob dies bereits jetzt der Fall ist, könne man noch nicht sagen.
„Aber Influenzaviren verändern sich schnell, und immer wieder entstehen auch ganz neue Varianten und gerade das Schwein ist ein Tier, das für Influenza-Viren prädestiniert ist. Das heißt, Schweine waren immer schon ein potenzielles Risiko für Pandemien, weil in diesen Tieren verschiedene Viren zusammenkommen. Da mischen sich dann zum Beispiel menschliche Varianten, Vogel-Varianten und Schweine-Varianten, und da kann immer mal ein neues Virus entstehen.“ Und dadurch, dass der Kontakt zwischen Mensch und Schweinen sehr nahe ist, ist das Risiko auch größer, dass es auf den Menschen überspringt.
G4-Virus in China
In einer Studie, die im US-Fachmagazin „PNAS“ erschienen ist, warnen chinesische Forscher vor einer neuen Form des Schweinegrippe-Virus, das Potenzial hat, eine Pandemie auszulösen. Der Virus ist schon von Schweinen auf Menschen übertragen worden. Für die Studie wurden Nasenabstriche von fast 30.000 Schweinen aus Schlachthäusern in zehn Provinzen analysiert. Diese Abstriche wurden zwischen 2011 und 2018 entnommen. Dabei fanden die Forscher 179 Influenzavirusvarianten. Die meisten davon waren eine neue Art. Laut den Forschern waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter mit dem neuen Virus infiziert. 4,4 Prozent der Bevölkerung seien auch dem Virus schon ausgesetzt gewesen. G4 stamme vom H1N1-Virus (Schweinegrippe) ab, das 2009 eine Pandemie auslöste.
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Kommentare (6)
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papaf
Wieso kommt alles aus China?
annamaria
Warum??
China isolieren!!
waldhexe
Die Schweinegrippenpandemie 2009 hatten nur Forscher und Virologen im Hirn Alle Impfdosen,die teuer gekauft wurden,mussten dann wieder teuer entsorgt werden.
Übrigens war der deutsche Staarvirologe 2009 mit seiner Panikkmache auch im Spiel.