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„Eine große Chance“

Angela Merkel (Foto: 123RF)

Mit 1. Juli hat Angela Merkel die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Im Interview spricht der EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann darüber, welche Erwartungen man an die Kanzlerin hat und ob sie dabei auf Ursula Von der Leyen zählen kann.

Tageszeitung: Herr Dorfmann: Angela Merkel übernimmt für die nächsten sechs Monate den Vorsitz des EU-Rates. Was erwarten Sie sich von der Kanzlerin?

Herbert Dorfmann

Herbert Dorfmann: Es ist dies ein entscheidender Moment für die EU, weil jetzt einfach so viel zusammenkommt: Es braucht einen Ausweg aus der wirtschaftlichen Krisensituation, einen Plan für den Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie, eine Einigung mit Großbritannien. Es gibt also zurzeit wirklich sehr viel „carne sul fuoco“. Dass Deutschland jetzt die Ratspräsidentschaft übernimmt, ist meiner Meinung nach eine große Chance. Es ist eine Chance, endlich aus dieser Sackgasse auszutreten, in der sich die Europäische Union nicht nur seit der Corona-Krise befindet. Nach 15 Jahren Kanzlerschaft hat Frau Merkel jetzt die Chance zu zeigen, dass sie wirklich europäisch denkt.

 Zweifelt man an Merkels Europäismus?

Angela Merkel wird in Brüssel, vor allem auch gemeinsam mit ihrer ehemaligen Ministerin und jetzigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen, teilweise mit Skepsis und Argwohn betrachtet: sie bekennt sich zwar immer zu Europa, aber sie handelte nicht immer in diesem Sinne. Viele werfen ihr vor, dass sie, trotz ihrer europafreundlichen Einstellung, zuerst auf Deutschlands Interessen geachtet hat, und dann auf die von Europa – man denke an die Flüchtlingskrise oder den Atomausstieg, der auf europäischer Ebene nicht abgesprochen war.

Durch die Corona-Krise wurde die Skepsis gegenüber der Europäischen Union immer stärker. Glauben Sie, dass sich durch eine Ratspräsidentin Angela Merkel wieder neues Vertrauen in die EU breitmachen kann?

Ich denke, dass Frau Merkel nach 15 Jahren Kanzlerschaft eine ganz besondere Persönlichkeit hat: ihre politische Weitsicht brachte sie dazu, eine der Einzigen zu sein, die im April schon erkannt hatten, dass die EU als Ganzes auf dem Spiel steht. Sie ließ ihre ehemaligen Partner in Sachen Spar- und Haushaltspolitik, wie zum Beispiel die Niederlanden, Österreich, Finnland, Schweden, im Regen stehen und brachte einen sehr kühnen Vorschlag vor: 750 Milliarden um Europa wieder auf den Weg zu bringen.

Besteht die Möglichkeit, dass mit Ursula Von der Leyen und Angela Merkel ein deutsches „Power-Duo“ die Zügel innerhalb der Europäischen Union in die Hand nimmt?

Es stimmt, dass Ursula Von der Leyen unter anderem auch Ministerin in der Merkel-Regierung war, aber ich denke heute ist sie in erster Linie Kommissionpräsidentin und dann eine Deutsche. Sie wird ihre Rolle richtig interpretieren und wie bisher autonom handeln. Wenn der Eindruck eines „Deutschen Duos“ entstünde, dann würde das bestimmt bei vielen Staaten nicht sehr gut ankommen.

Interview: Mathilde Galli

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

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  • leser

    Dorfmann
    Jerzt hast du aber viel gesagt und vor allem extrem weitsichtig ist ein richtig staatsmann
    Zum glück haben wir in italien pplitiker wie salvini die den slogan italien zuerst betreiben mit dem gekd des bürgers das allen bedingungslos abgeknöpft wird und ihr dann beitspurig als hilfe verkauft
    Es wäre gut bei euren diäten ein sparprogramm anzusetzen, aber dazu fällt euch nichts ein

    • sorgenfrei

      Leser: gehts noch? Salvini ist ein marktschreiender inkompetenter Voll…. ein rechtsnationaler Populist, der wie alle seine Kollegen noch weniger für den kleinen Mann und dafür umso mehr für die oberen 10.000 arbeitet… nur verkaufen tut er es anders und sie glauben ihm auch noch…

  • andreas

    Ein Atomausstieg muss nicht mit anderen Staaten abgesprochen werden, so ein Schmarrn.
    Und Merkel war nie europäischer als in den letzten Wochen und entgegen aller Erwartungen, von der Leyen ebenfalls.
    Dorfmann sollte Merkel etwas mehr zuhören.

    Sie ist die Einzige, welche in den letzten Jahren, trotz rundherum vieler vertrottelten Staatspräsidenten die Ruhe bewahrt hat und ein Fels in der Brandung war.
    Gewiss hat sie Fehler gemacht, schaut man sich aber die Pfeifen rundherum an, war und ist sie so gut wie allen weit überlegen.

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