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„Meditieren geht immer“

Isabel Goller und Elisa Godino: Meditieren ist wie Zähneputzen.

Die klassische Harfenistin Isabel Goller und die Sängerin/Komponistin Elisa Godino haben sich zusammengetan, um in der Corona-Krise mit Meditationsmusik für mentale Entspannung zu sorgen.

 Tageszeitung: Die Corona-Krise und der Lockdown haben uns zur monatelangen Entspannung quasi genötigt. Sind wir noch nicht entspannt genug? 

Isabel Goller: Ich denke, dass der Lockdown unterschiedliche Effekte auf verschiedene Menschen hatte. Für einige war es eine Zeit der Entspannung, Befreiung von Verpflichtungen und endlich Zeit für sich und die Familie zu haben. Es gibt aber bestimmt auch andere Lebensumstände, in denen der Lockdown besondere Herausforderungen barg. Einige empfanden in dieser Zeit Gefühle von Einsamkeit, Enge oder Zukunftssorgen. Bewusstes Wahrnehmen der eigenen Gedanken und Gefühle können in jeder Lebenslage helfen einen gesunden Weg zu sich selber zu finden.

Sie wohnen in einem Künstlerhaus in Wien. Wie war die Stimmung während der Quarantäne? Angespannt, entspannt, nervös, angsterfüllt? 

Isabel Goller: Ich muss sagen, dass wir uns wirklich glücklich schätzen können mit unseren Lebensumständen in Wien. Wir leben in einem Haus mit sehr viel Platz und einem riesigen Garten.  Für mich persönlich war die Zeit der Quarantäne eine Zeit, die sehr viel Kreativität gefördert hat und Projekte entstehen lies. Da wir ein eigenes Tonstudio im Haus haben und Elisa und ich uns menschlich sehr schätzen, entstand ziemlich schnell die Idee ein gemeinsames musikalisches Projekt zu initiieren. Mit NUJA verbanden wir die gemeinsame Interessen an Mediation und Musik.  Ein weiteres Highlight der Kreativität im Künstlerhaus: wir bauten sogar einen Hühnerstall und haben seitdem zwei Hühner im Garten, welche uns jeden Tag zwei Frühstückseier schenken.

Welche Klangwelten erschaffen eine klassische Harfenistin und eine Sängerin aus dem Genre Pop-Elektro?  

Isabel Goller: Das Spannende für beide von uns war es, zum ersten mal Musik zu kreieren, welche eine klare Intention hat. Es soll Musik entstehen, zu welcher sich Menschen entspannen können und meditieren können. Wir mussten beide bestimmte Ansprüche, mit welchen wir uns in unseren jeweiligen Genres beschäftigen, loslassen.  Das musikalische Ergebnis unseres ersten Meditationszyklus „EASE“ sind Sounds, welche nur von Harfe und Stimme stammen. Für mich als „Klassikerin“ war es neu und beeindruckend, wie man den Klang der Harfe elektronisch bereichern kann. Das Ergebnis ist eine wunderbare Mischung zwischen elektronisch bereicherten Klängen und doch akustischen Melodien der Instrumente Harfe und Stimme.

Die Anleitungen zur Meditation sind in deutscher, italienischer, englischer Sprache verfasst, ein Track auch im Südtiroler Dialekt? Wie lautet der? 

Isabel Goller: Unser erster Zyklus trägt den Namen „EASE“, was so viel wie „Leichtigkeit“ bedeutet. Es handelt sich um eine Atemmeditation, welche wir in die jeweiligen Sprachen übersetzt haben. Es soll ein Zyklus sein, der für Jede*n ansprechend ist – egal ob man Meditationsneuling oder fortgeschritten ist. Es gibt auch eine instrumentale Version, mit welcher man ohne Anleitung meditieren kann.

Es gibt viele Formen der Meditation. Welche praktizieren Sie?

Elisa Godino: Ich praktiziere hauptsächlich Achtsamkeitsmeditation, ich habe im vergangenen Jahr zwei Kurse belegt (MBSR- Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion und MSC – Mindful self compassion „Selbstmitgefühl) belegt und habe enorm viel aus den Erfahrungen gelernt, vor allem, wie stark wir Menschen unseren Alltag mit negativen Gedanken bewältigen und uns dauernd beurteilen, ohne uns dessen bewusst zu sein. Die Praxis der Meditation, auch nur 5 Minuten achtsamen Atmens, besitzt eine unglaubliche Kraft, um mit den alltäglichen Situationen, Stress, Unwohlsein, Konflikte besser umgehen zu lernen. Meditieren zeigt mir aber auch, wie ich aus den schönen Momenten schöpfen kann, wie ich erholsame Momente klarer und eben „achtsamer“ erleben kann, indem ich sie „im Moment“ bewusster als solche wahrnehme.

Wer nicht meditiert, fragt sich, wieso jemand so etwas macht. Warum meditieren Sie und was bringt Meditation Ihnen persönlich?

Elisa Godino: Die regelmäßige Meditation erlaubt mir, mein Innenleben sowie mein Umfeld klarer und gelassener wahrzunehmen. Es ist wichtig, diese Praxis als einen Prozess zu sehen, der sich dauernd weiterentwickelt und keinen Leistungsgedanken daraus zu schöpfen, unsere Gesellschaft ist sowieso vom Leistungsgedanken überhäuft.

Bei Meditation denkt man an Erleuchtung oder Befreiung von etwas Negativem – Stress zum Beispiel. Wie würden Sie selbst Meditation definieren?

Elisa Godino: Für mich ist Meditation das Erleben des gegenwärtigen Momentes ohne Beurteilung. Ein Innehalten, indem ich meine Gedanken und Gefühle wahrnehmen und beobachten kann. Ich lerne dabei, mich anzunehmen, wie ich bin, in all meinen Facetten. Meditation KANN das Erleben von Negativem und Stress erleichtern, es ist aber nicht nur eine Methode zur Lösung von Problemen, viel mehr ist es eine bewusster Umgang mit sich selbst. Ein Freund hat mir nach monatelangem Meditieren erzählt, das Meditieren sei für ihn mittlerweile wie das Zähneputzen als „Mentale Hygiene“ in seinem Alltag integriert, dieser Gedanke hat mir gefallen.

NUJA ist auf den Plattformen YouTube und Insight Timer zu hören. Bringt Ihnen das was?

Elisa Godino: Der Wunsch ist es, die Praxis der Meditation für alle zugänglich zu machen, deswegen publizieren wir auf den Streaming Diensten. Wir haben uns dafür entschieden, die Meditation in allen Sprachen des Landes zu veröffentlichen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass jede*r daraus schöpfen kann, insofern finden wir den Gedanken schön, wenn unsere Kreation eventuell etwas Erleichterung und Ruhe schafft. Viele Menschen glauben, sie können nicht meditieren, weil sie zu gestresst seien oder dafür untalentiert. Man muss nicht im abgedunkelten Raum bei Kerzenlicht im Schneidersitz sitzen; meditieren geht immer, man muss keinen Schneidersitz können.

Interview: Heinrich Schwazer

Zur Person

Die Brixner Harfenistin Isabel Goller ist unter anderem an der Wiener Staatsoper, dem Opernhaus Zürich, dem Klangforum Wien und dem Musikkollegium Winterthur engagiert. Die ebenfalls aus Brixen stammende Sängerin und Songwriterin Elisa Godino studierte Jazz-Gesang in Wien und leitet gemeinsam mit dem Saxofonisten und Produzenten Aaron Hader das Bandprojekt Elis Noa.

 

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