Milde Strafe
M.S.H., die 25-jährige Frau, die im September ihr Neugeborenes getötet hat, wird am Landesgericht einen gerichtlichen Vergleich abschließen. Weit unter der Mindeststrafe für Kindstötung.
Von Thomas Vikoler
Sie hält sich derzeit in Rumänien bei ihrem Sohn auf, will aber bald nach Südtirol zurückkehren. Zum Arbeiten als Erntehelferin, wie in den vergangenen Jahren. M.S.H. geht es nach Auskunft ihrer Anwältin Amanda Cheneri den Umständen entsprechend gut. „Sie ist während des Hausarrests und ihrem Aufenthalt in Ferrara psychologisch betreut worden“, sagt ihr zweiter Verteidiger Nicola Nettis.
M.S.H. ist jene 25-jährige Frau, die im vergangenen September für nationale Schlagzeilen sorgte. Wie mittlerweile zweifelsfrei feststeht, hat sie in der Nähe eines Bauernhofes in Lana, wo sie als Äpfelklauberin tätig war, ihr Neugeborenes getötet. Das tote Baby war von Passanten an einem Weg gefunden worden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen M.S.H. zunächst wegen vorsätzlichen Mordes, stufte den Tatbestand nach einigen Monaten auf Kindstötung zurück (die TAGESZEITUNG berichtete exklusiv darüber).
Die Ermittler war zum Schluss gekommen, dass die Mutter ihr Neugeborenes in einer psychologischen Ausnahmezustand nach der Geburt erwürgt hat. Das Kind hatte offenbar wenige Stunden gelebt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Umstand, dass sich die Mutter in einem Zustand der materiellen und moralischen Verwahrlosung befunden hat, wie es Strafrechtsartikel 578 (Kindstötung) ausdrücklich vorsieht.
Der Vater des Kindes ist unbekannt, die Mutter arbeitete bis zur Geburt als Erntehelferin bei einem Bio-Bauernhof in Lana. Wo man angeblich nichts von der Schwangerschaft der jungen Rumänin wusste.
Festgestellt haben die Ermittler außerdem, dass an der Kindstötung keine anderen Personen beteiligt waren.
Mit der Rückstufung der Vorhaltung von Mord auf Kindstötung wurde der Weg frei mit einem für M.S.M. glimpflichen Abschluss des Strafverfahrens am Landesgericht Bozen. Seit einigen Monaten laufen die Verhandlungen der beiden Verteidiger mit der Staatsanwaltschaft über den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs, die sich nicht einfach gestalten.
Inzwischen wurde für Oktober eine Verhandlung vor dem Voruntersuchungsrichter festgesetzt, der den Deal formalisieren soll.
Der Strafrahmen für Kindstötung liegt zwischen vier und zwölf Jahren. Nettis und Cheneri bemühen sich um ein Strafmaß, das im Bereich von zwei Jahren liegt. In diesem Fall würde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt und M.S.M., die nicht vorbestraft ist, müsste weder zurück ins Gefängnis (sie war einige Wochen in U-Haft) noch Sozialarbeit leisten.
Die Staatsanwaltschaft hat zu diesem Vorschlag bisher keine Zustimmung erteilt. Die Rumänin hätte auf jedem Fall Anspruch auf ein Drittel Strafnachlass wegen der Strafzumessung und kann mit allgemein mildernden Umständen rechnen. Eine Strafe um die zwei Jahre Haft dürfte sich deshalb am Ende ausgehen – wenn auch der Richter die Mindeststrafe von vier Jahren als Ausgangsstrafe nimmt.
Ihre Verteidiger sind jedenfalls bereits jetzt davon überzeugt, dass die psychologischen Folgen der Tat für ihre Mandanten größer sein werden als die strafrechtlichen.
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