Pauls Nachfrage
Paul Köllensperger behauptet in der Affäre um dubiose Masken-Lieferanten, er habe „nur eine Mail weitergeleitet“. Der Schriftverkehr mit dem Sanitätsbetrieb zeichnet ein anderes Bild.
Von Matthias Kofler
Paul Köllensperger nahm in den RAI-Nachrichten und in einem Facebook-Video zur Masken-Affäre Stellung. Die Botschaft: Er sei nie als Vermittler zwischen dem Sanitätsbetrieb und der dubiosen ausländischen Briefkasten-Firma aufgetreten, sondern habe „nur eine Mail mit einem Kontakt für mögliche Lieferungen von Schutzausrüstung weitergeleitet – so wie viele andere Landtagsabgeordnete auch“.
Die Aussagen anderer beteiligter Personen und die Akten aus dem Sanitätsbetrieb, die der TAGESZEITUNG vorliegen, ergeben aber ein anderes Bild. Gesundheitslandesrat Thomas Widmann berichtet, dass sich der Team-K-Abgeordnete am 9. April per Whatsapp an ihn gewandt habe. „Er kündigte ein Angebot eines befreundeten seriösen Unternehmers aus Südtirol an. Auf unsere Nachfrage, wer denn dieser Unternehmer sei, wollte er uns keine Antwort geben“, so Widmann.
Dies sagt Köllensperger: „Über einen Parteifreund, Kurt Duschek, wurde mir die Nachricht herangetragen, dass es auf dem Markt über einen diesem bestens bekannten Südtiroler Unternehmer, Walter Paris, Zugang zu erstklassigen FF-P2-Masken des Weltmarktführers 3M gäbe, zu dem ein italienischer Vermittler Kontakt hätte. Angesichts der damaligen bekannten Beschaffungsnotlage des Sanitätsbetriebes und der Tatsache, dass es sich offenbar um ein hochwertiges Produkt handelte, habe ich den Kontakt samt Angebot an die zuständigen Stellen in Politik und Sanitätsbetrieb weitergeleitet.“
Allerdings bleibt es nicht beim Weiterleiten einer einzigen Mail. Am 11. April meldet sich der Verwaltungsdirektor des Sanitätsbetriebs, Enrico Wegher, bei Köllensperger. Wegher teilt mit, dass ein gewisser Paolo Papini aus Arezzo Kontakt zum Sanitätsbetrieb aufgenommen und im Namen der Firma „Prestige Energy“ aus Ungarn ein Angebot für Schutzmasken unterbreitet habe. Köllensperger antwortet per Mail:
„mi auguro che l’affare possa andare in porta. mi saprà dire. ovviamente, non conoscendo il fornitore, vi chiedo di controllare accuratemente certificati e qualità drei prodotti!
Wegher sichert – immer per Mail – zu, das Angebot genauestens zu überprüfen. Der Sanitätsbetrieb bietet Papini eine Bankgarantie mit sofortiger Zahlung nach Erhalt der Ware am Flughafen Verona an. Da Köllenspergers Mittelsmann aber auf eine hundertprozentige Vorauszahlung besteht und keine Muster vorlegen will, lehnt der Sanitätsbetrieb das Angebot für die Schutzmasken am 14. April per Mail ab – auch weil der Preis der Schutzmasken drei Mal so hoch wie der gängige Marktpreis ist.
Noch am selben Tag meldet sich Paul Köllensperger per WhatsApp direkt bei Wegher. Aus dem Sanitätsbetrieb heißt es, der Verwaltungsdirektor sei vom Abgeordneten gedrängt worden, es sich noch einmal anders zu überlegen und das Angebot anzunehmen. Köllensperger bestätigt die Kontaktaufnahme, schildert den Sachverhalt aber so: „In der Folge wurde ich von Herrn Paris informiert, dass sich in der Angelegenheit von Seiten des Sanitätsbetriebes nichts getan hätte und sich der Lieferant anderweitig orientieren würde. Da es sich um hochwertige Masken gehandelt hätte, für welche beim Sanitätsbetrieb großer Bedarf bestand, habe ich am 14. April bei Herrn Wegher nachgefragt, wo die Schwierigkeiten lagen. Gleichzeitig habe ich festgestellt, dass es natürlich das Beste wäre, die Ware direkt bei 3 M Italia zu kaufen. Außerdem habe ich nochmals darauf hingewiesen, dass ich den Lieferanten nicht kenne.“
Der TAGESZEITUNG liegt der Schriftverkehr zwischen Köllensperger und Wegher vor.
Paul Köllensperger: „Dott. Wegher, da quello che sento il fornitore delle 3M si sta orientando altrove perchè ritiene che non si possa arrivare ad una conclusione con ASDAA. questo mi dispiacerebbe. anche perchè si tratta di prodotto americano, e la tutela del personale del personale dell’Azienda è fondamentale. per questo ho chiesto a Energy che non si chiudano la trattativa. certo, l’acquisto diretto di materiali sui mercati internazionali richiede l’uso di letter of credit, DLC o altro e purtroppo il mercato drogato fa il resto. mi faccia sapere se posso essere d’aiuto. PK“
Enrico Wegher: „Abbiamo proposto una lettera di credito per il 100% del valore con pagamento immediato dopo la verifica della merce. È molto più di quello che facciamo normalmente. Inoltre il prezzo è il triplo di quello che paghiamo a v3M Italia, ed è oggettivamente tanto.“
Köllensperger: „Certo se le prendete direttamente da 3M Italia sarebbe la cosa migliore. Credo che la Energy abbia a sua volta delle spese da saldare in anticipo, e anche compratori in Svizzera e Stati Uniti che prenderebbero il carico alle loro condizioni, per cui temo sarà difficile trattare. Mi faccia sapere, non conosco il Sig. Soliman ma se ritiene posso parlare con il nostro comune amico, che ha stabilito il contatto.“
Wegher: „Ci ha già risposto che non accetta le nostre condizioni. Francamente questo non depone a favore della serietà della proposta (in fondo si trattava di 5-7 giorni di differenza). Noi comunque di più non potevamo fare. Grazie in ogni caso per la sua collaborazione.“
Köllensperger: „mi dispiace, ma credo che difficilmente Asdaa riuscirà a chiudere contratti di questo tipo senza alcun anticipo (visto che almeno questo fornitore ha le spese logistiche da saldare). dal momento che il materiale ober alp (pagato per intero pur in presenza di pareri negativi), anche se ci fosse il via libera Inail, difficilmente sarà idoneo per i riparti a rischio era una boccata di ossigeno. mi auguro che abbiate sufficiente materiale ffp2/3 in magazzino, dal momento ch il mercato ormai viene spazzolato dagli americani. buon lavoro.“
Köllensperger bietet also an, noch einmal mit einem „gemeinsamen Freund“ zu sprechen, damit der Deal irgendwie doch noch in trockene Tücher gebracht werden kann. Der Abgeordnete zitiert weiters einen Herrn Soliman. Dieser ist Protagonist eines dubiosen Firmengeflechts, das aus über zehn Briefkasten-Firmen besteht und im ukrainischen Gasgeschäft tätig ist. Die Firma „Prestige Energy“, die Mittelsmann Papini vermittelt, ist eine dieser Briefkasten-Firmen. Sie wurde laut Handelskammerauszug 2019 gegründet, hat ein Kapital von umgerechnet 9.000 Euro und besteht aus einer einzigen Person Valentyna Marcheko.
Köllensperger wendet sich am 17. April per WhatsApp ein weiters Mal an Verwaltungsdirektor Wegher und kündigt ein neues Angebot an:
„Ho parlato ancora con il mio conoscente per capire se ci sono delle possibili forniture di materiale 3M già presenti in Europa e che non abbiano il problema die costi di trasporto aereo dall’Asia (che sono il motivo della richiesta degli anticipi). Ad un prezzo che non sia i 5 dollari e oltre (per cui ho pure un paio di offerte). Pare che abbia trovato qualcosa. Ho chiesto di scrivere direttamente a lei. Buona giornata. PK“
Noch am selben Tag meldet sich Mittelsmann Papini bei Wegher. Dieses Mal vertritt er nicht die ungarische Firma „Energy“, sondern das türkische Unternehmen „Elanur Gida“. Das Angebot: 500.000 Schutzmasken für insgesamt 1.250.000 Euro plus Mehrwertsteuer sowie 100.000 Schutzanzüge für 1.000.000 Euro plus Mehrwertsteuer. Die Schutzanzüge sollen per Schiff nach Venedig gebracht werden. Erneut besteht Papini auf eine hundertprozentige Vorauszahlung ohne vorherige Aushändigung von Mustern, weshalb auch dieses Angebot vom Sanitätsbetrieb abgelehnt wird. Seit dem 25. April gibt es keine Nachrichten vom dubiosen Mittelsmann mehr. Papini ist in Italien kein Unbekannter: Er war bereits mehrfach wegen mutmaßlichen Betrugs und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor Gericht, genauso wie der Chef der türkischen Firma, Said Sabhakthi.
SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz forderte die Aushändigung sämtlicher Unterlagen des Sanitätsbetriebs, aus denen hervorgeht, dass Landtagsabgeordnete als Masken-Vermittler aufgetreten sind. Paul Köllensperger hatte auf Facebook erklärt, dass neben ihm auch andere Abgeordnete versucht hätten, „dem Sanitätsbetrieb zu helfen“. Lanz betont, dass es die Aufgabe des Ausschusses sei, die Geschehnisse transparent darzulegen. Dazu gehöre auch die Rolle der Abgeordneten, die als Vermittler aufgetreten seien.
Als der Sanitätsbetrieb die Firma Oberalp im März beauftragte, die Ware aus China zu liefern, gab es weltweit einen Engpass an Schutzausrüstung. Lanz geht davon aus, dass Köllensperger und die anderen Abgeordneten, die dem Sanitätsbetrieb Angebote vermittelt haben, im U-Ausschuss angehört werden. Unklar ist, ob Franz Ploner bei der Anhörung seines Fraktionssprechers die Sitzung leiten kann oder den Vorsitz kurzzeitig seinem Stellvertreter Lanz zu überlassen. Der SVP-Fraktionssprecher zur Causa Köllensperger: „Es ist schon komisch, dass ein Unternehmen, das angeblich weltweit Qualitätsware ausliefert, nicht imstande ist, die Firma des Sanitätsbetriebs herauszufinden, um diesen direkt anzuschreiben.“
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Kommentare (36)
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andreas
Der Ausschuss hat mit diesem Fall doch rein gar nichts zu tun.
Da geht es um effektiv angekaufte Masken und nicht um Vermittlungsversuchen von schwindeligen Anbietern.
Lanz macht sich mit der Anfrage doch komplett lächerlich, da es nicht um die Sache, sondern darum geht, den anderen politisch zu schaden.
Das hat sich Köllensperger aber selbst schon ausreichend, da braucht es keinen Lanz, bei welchen man sich bei jeder Aussage eigentlich nur ärgern kann.
george
Wie oft, werte TZ wollt ihr das noch wiederholen? Aus den Unterlagen, die ihr wiederholt aufzeigt, geht doch nichts anderes hervor, als dass auch einige Landtagsabgeordnete, darunter auch P. Köllensperger, dem Sanitätsbetrieb helfen wollten, zu den notwendigen Masken zu kommen. Wenn hier jemandem etwas anzulasten ist, so sind es die Händler, die hier nicht korrekt handeln. Natürlich ist der Sanitätsbetrieb vorsichtig geworden, nachdem beim Deal mit Oberrauch und den dahinter hinterstehenden Vermittlern einiges in die Hosen gegangen ist. Deshalb muss man hier nicht dem P. Köllensperger etwas in die Schuhe schieben, was andere gemacht haben. Ach was betreibt ihr doch für einen schlechten Journalismus und x-Kommentatoren hier geben dann noch eins drauf und betätigen sich zudem auch noch als Miesmacher.
george
Nur aufgebauscht und tendenziös waren sie. Das……
tirolersepp
Ja ja da kehre mal jeder vor der eigenen Türe !!!
gredner
Oh, Herr Wegher hat ein faltbares Smartphone, wie man auf den Fotos gut sehen kann. 😉
andreas
@orchidee + berni
Dass die Tageszeitung ein Boulevardblatt ist, sollte eigentlich klar sein.
Wenn dieses nun auch mal das Verhalten von Köllensperger hinterfragt, welcher sich anscheinend als moralische Instanz sieht, ist das doch mehr als legitim.
Was mit den Artikeln vermittelt werden soll, ist zweitrangig, das kann sich doch jeder selbst zusammenreimen.
Einer sieht ihn in diesem Fall als Altruisten, welcher sich rührend um das Wohl des Sanitätspersonals einsetzt, ein anderer sieht es halt etwas differenzierter.
Einem Journalisten sofort mit einer substanzlosen Klage zu drohen, nur weil dieser einen Schriftverkehr veröffentlicht und auch berechtigte Fragen stellt, ist nicht im Sinne des Erfinders der 4. Gewalt.
Es ist nebenbei Aufgabe von Journalisten, kritisch zu berichten, wenn man dies dann als „denunzieren“ bezeichnet, nur weil einem die Berichterstattung nicht passt, liegt der Fehler aber nicht beim Journalisten.
pingoballino1955
Ein Journalist sollte keine Unwahrheiten verbreiten,neutral berichten,besser GOOGELN, und zuerst denken,bevor er schreibt,mehr ist zu diesem Fall nicht zu sagen!
george
@andreas
Deine einseitigen Kommentare sind auch nichts besser als die unseriöse Aufbauschung eines Falls, wo man sich jene Person heraussucht, die man am besten bzw. am liebsten prügeln will (wahrscheinlich weil man die eigentlichen Aktiven an der Sache nicht so leicht erreicht oder den Zweck nicht erreicht, den jemand vor sich hat).