Die ungarische Kanzlei
In der Affäre um die von Paul Köllensperger angebotenen Schutzmasken tauchen mehrere dubiose Adressen auf. Der Abgeordnete verteidigt sich: „Ich wollte nur helfen“.
Von Matthias Kofler
Die Geschichte um die Schutzmasken, die Paul Köllensperger dem Sanitätsbetrieb vermitteln wollte, wird immer verworrener. Recherchen haben ergeben, dass Paolo Papini, der Kontaktmann des Landtagsabgeordneten, Vertreter der Prestige Group Holding ist. Die Holding hat ihren Sitz in Zypern und stellt ein Firmengeflecht dar, das aus über zehn Unternehmen besteht. Die meisten dieser Unternehmen sind in osteuropäischen Staaten wie beispielsweise Litauen, Weißrussland, Ungarn oder Ukraine tätig. Diesem Geflecht gehört mit Prestige Energy auch jenes Unternehmen an, über das der angebotene Verkauf von Schutzmasken abgewickelt hätte werden sollen.
Obwohl sich Köllensperger für den Abschluss des Deals aussprach, entschied sich der Sanitätsbetrieb am Ende gegen den Ankauf der angeboten Schutzausrüstung, unter anderem deshalb, weil Papini auf eine hundertprozentige Vorauszahlung beharrte.
Laut Handelsregisterauszug hat die dubiose Firma ihren Sitz in Budapest, und zwar in der Straße Wesselényi utca 66. Googelt man diese Adresse, so findet man dort nicht die Firma Prestige Energy GmbH, sondern die Kanzlei des Rechtsanwalts Andràs Nemes, der im Handelsregisterauszug der Firma Prestige Energy GmbH aufscheint – es handelt sich somit um eine reine Briefkastenfirma. Die Eingangstür neben der Kanzlei führt in den Massagesalon Euphoria. Prestige Energy wurde laut Kammerauszug 2019 gegründet, besteht aus einer Person (Valentyna Marchenko), hat ein Kapital von 9.000 Euro und ist im ukrainischen Gashandel tätig.
Doch wer ist Paolo Papini? In Südtirol ist der Unternehmer aus Arezzo völlig unbekannt. Im Internet finden sich jedoch einige Artikel, in denen Papini im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen wegen einer mutmaßlichen Steuerhinterziehung in Höhe von 50 Millionen Euro auftaucht. Papini wird als eine Person beschrieben, die bereits des Öfteren bei strafrechtlichen Ermittlungen involviert war. 2013 war der Unternehmer aus Arezzo wegen einer groß angelegten Geldwäsche-Geschichte in Haft. Vor Gericht wurde Papini häufig freigesprochen.
Said Shahbakhti, Chef der 2019 gegründeten türkischen Ein-Mann-Firma Elanur Gida, die ebenfalls auf Vermittlung von Köllensperger Schutzausrüstung verkaufen wollte, war vor einigen Jahren in der Schweiz wegen Falschgeld-Handels zu einer Freiheitsstrafe von 30 Tagen verurteilt worden.
Köllensperger – so scheint es – hat dem Sanitätsbetrieb wiederholt Angebote von zwielichtigen Unternehmern vermittelt, die in der Vergangenheit immer wieder selbst bei strafrechtlichen Ermittlungen involviert waren und der den Verkauf der Schutzmasken über Briefkastenfirmen abgewickelt hätte, und zwar zu einem überteuerten Preis (das Dreifache des Marktpreises).
Der Abgeordnete sagt: „Ich wollte Thomas Widmann nur helfen.“ Bei der Aufklärung der Affäre verwickelt sich Köllensperger in Widersprüche: Während er gegenüber Widmann und dem Sanitätsbetrieb stets vom Angebot eines „seriösen Südtiroler Unternehmers“ redete, sagt er heute, dass er weder den Südtiroler Unternehmer, noch Papini noch die ungarische und die türkische Briefkasten-Firma kenne.
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