Lückenhafte Kriterien?
Die Corona-Zuschüsse für die Landwirtschaft werfen einige Fragen auf. Landesrat Arnold Schuler kann sie größtenteils entkräften, kündigt nach der Kritik aber auch eine Änderung an.
von Heinrich Schwarz
Beiträge für Bauern werden in Südtirol immer besonders genau unter die Lupe genommen. So kursiert nun auch Kritik über die jüngst von der Landesregierung beschlossenen Corona-Zuschüsse für landwirtschaftliche Betriebe.
Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Betriebe (UaB) und Direktvermarkter erhalten – sofern sie bestimmte Kriterien wie einen mindestens 20-prozentigen Umsatzrückgang im Jahr 2020 erfüllen – einen Beitrag von 5.000 Euro, Gärtnereien 10.000 Euro.
Die Beitragskriterien werfen in Bauernkreisen und auch außerhalb einige Fragen auf. Die TAGESZEITUNG hat Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler damit konfrontiert.
Einkommenslimit von 50.000 Euro
In den Beitrags-Voraussetzungen ist vorgesehen, dass das landwirtschaftliche Unternehmen zuletzt ein besteuerbares Einkommen von maximal 50.000 Euro erzielt haben darf. Wissend, dass das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Südtirol unter 25.000 Euro liegt: Warum wird ein hohes Einkommenslimit von 50.000 Euro vorgesehen, anstatt die Förderung auf jene zu konzentrieren, die das Geld wirklich nötig haben?
Arnold Schuler kann die diesbezügliche Kritik widerlegen. So sei auch bei den Corona-Zuschüssen für die nicht-landwirtschaftlichen Kleinbetriebe eine Obergrenze von 50.000 Euro vorgesehen. Allerdings habe man für die bäuerlichen Betriebe zusätzlich festgelegt, dass dabei alle Einkommensquellen des Antragstellers mitzählen. „Also auch Einkommen außerhalb der Landwirtschaft, die in einigen Fällen beträchtlich sein können“, erklärt der Landesrat.
Wer also in der Landwirtschaft und mit UaB beispielsweise 30.000 Euro erwirtschaftet sowie 30.000 Euro mit einem anderen Job, kommt mit einem Einkommen von insgesamt 60.000 Euro nicht in den Genuss eines Beitrages.
„Bei den Zuschüssen für nicht-landwirtschaftliche Kleinbetriebe ist das nicht vorgesehen. Bei Privatzimmervermietern etwa, die auch eine andere Tätigkeit haben, wird Letztere nicht mitgezählt – in der Landwirtschaft hingegen schon“, ergänzt Schuler.
Wohlhabende Bauern sind von der Förderung also ausgeschlossen? „Logisch, auf alle Fälle“, betont der Landesrat. Und zwar auch aus einem zweiten Grund: „Im Gegensatz zu den Zuschüssen in den anderen Wirtschaftsbereichen ist eine Deckelung in Bezug auf den Gesamtumsatz in Höhe von 200.000 Euro bzw. 400.000 Euro bei den Gärtnereien vorgesehen. Wer sie überschreitet, ist auch draußen.“
Diese zusätzlichen Mechanismen habe man eingebaut, weil die Landwirtschaft nicht mit anderen Bereichen vergleichbar sei. „Um nicht Leuten Geld zu geben, die es nicht im Sinne des Beschlusses notwendig hätten. Denn die Hilfe ist für jene gedacht, die sonst in finanzielle Schwierigkeiten kommen. Ein Rechtsanwalt mit Hof ist wegen weniger Umsatz nicht in finanziellen Schwierigkeiten“, erklärt Arnold Schuler.
Mehr Beitrag als Verlust
Um als UaB-Betrieb oder Direktvermarkter in den Genuss des Beitrages zu kommen, ist ein Mindestumsatz von 10.000 Euro aus der jeweiligen Tätigkeit im Jahr 2019 und ein mindestens 20-prozentiger Rückgang des Umsatzes im Jahr 2020 vorgesehen. Wer also beispielsweise einen Umsatz von 12.000 Euro hatte und jetzt einen 25-prozentigen Rückgang (minus 3.000 Euro), erhält einen Beitrag von 5.000 Euro netto und hat damit am Ende sogar deutlich mehr Einnahmen als im Vorjahr.
Im extremsten Beispiel mit einem Umsatz von 10.000 Euro und einem Rückgang von 20 Prozent steht dem Landesbeitrag von 5.000 Euro sogar ein Umsatzverlust von nur 2.000 Euro gegenüber.
Wie ist das zu rechtfertigen?
Arnold Schuler sagt: „Bei so einem Beschluss sagen alle, er soll unbürokratisch sein. Da können Situationen entstehen, die nicht so gedacht waren. Im konkreten Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand nur 10.000 Euro erreicht und die geschilderte Situation eintritt, aber sehr gering. Zum allergrößten Teil werden die Betriebe deutlich drüber sein.“
Dennoch will Schuler den Beschluss nun abändern: „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass jemand etwas kriegt, was ihm nicht zusteht. Wir werden festlegen, dass der Beitrag nicht höher sein darf als die nachgewiesenen Mindereinnahmen.“ Im ersten Entwurf sei das bereits vorgesehen gewesen, dann aber doch gestrichen worden.
„Ich glaube, dass die Änderung nicht unbedingt notwendig wäre, weil sie mehr Bürokratie schafft, um dann vielleicht einen oder zwei Fälle auszuschließen. Aber wir wollen unnötige Diskussionen vermeiden“, so der Landesrat.
Er betont, dass im Corona-Zuschüsse-Beschluss für die anderen Wirtschaftsbereiche auch ein Mindestumsatz von 10.000 Euro ohne Koppelung des Beitrages an die Höhe des Verlustes vorgesehen sei. „Denn auch dort ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Beitrag höher als der Verlust ist.“
Kein landwirtschaftlicher Mindestumsatz
Im Hinblick auf den Beitrag für UaB wird kein Mindestumsatz aus der Landwirtschaft gefordert. Die Kritik daran: Damit werden auch Papierbauern finanziell unterstützt, die wenig bis gar keine landwirtschaftliche Tätigkeit haben und nur von UaB profitieren wollen.
Schuler entgegnet: „Papierbauern, die in der Regel einen gutbezahlten Hauptberuf haben, sind ausgeschlossen, weil deren Einkommen aus anderen Tätigkeiten außerhalb der Landwirtschaft für die Obergrenze von 50.000 Euro mitgerechnet werden.“
Auch hier betont der Landesrat, dass die Regeln bei den Zuschüssen für die anderen Wirtschaftsbereiche weniger scharf sind: Bei Privatzimmervermietern würden Einkommen aus anderen Tätigkeiten nicht berücksichtigt.
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