Der verpasste Rekord
Bis Corona hatte Südtirol eine unglaubliche Wintersaison mit einem Nächtigungs-Plus von zehn Prozent. Am Ende steht nun ein Minus von über 20 Prozent. Mit welchen Mitteln der Tourismus wieder zu alter Stärke zurückfinden soll.
von Heinrich Schwarz
Bis zum Ausbruch des Coronavirus hätte der Winter für Südtirols Tourismus kaum besser laufen können. Das Schneechaos Mitte November inklusive Straßensperren und Stromausfällen sorgte zwar für einen verhaltenen Saisonstart, allerdings sorgten die frühen Schneefälle im Anschluss für perfekte Pisten und eine prächtige Winterlandschaft.
Im Dezember gab es laut der Datenbank des Statistikinstitutes ASTAT ein Nächtigungs-Plus von 6,5 Prozent, im Januar von 5,1 Prozent. Der absolute Höhepunkt war aber der Februar: Südtirol verzeichnete sage und schreibe 558.000 Nächtigungen mehr als im Februar des Vorjahres, was einer Zunahme von 19,7 Prozent entspricht.
Die schier unglaublichen Februar-Zahlen kamen auch aufgrund zweier besonderer Umstände zustande: Vor einem Jahr hatte das Schneechaos, das unter anderem die Brennerautobahn komplett lahmlegte, negative Auswirkungen auf den Tourismus. Und im letzten Jahr fielen die Faschingsferien auf Anfang März.
Betrachtet man den Zeitraum von November bis Februar, gab es gegenüber dem Vorjahr ein Plus von über 800.000 Nächtigungen bzw. 9,7 Prozent. Im Vergleich zur bisherigen Rekordsaison vor zwei Jahren waren es über 600.000 Nächtigungen mehr – das sind plus 7,1 Prozent.
Ohne Corona hätte es also einen klaren neuen Rekord gegeben.
Und welche Auswirkung hatten die Corona-bedingten Betriebsschließungen auf die gesamte Wintersaison, die statistisch gesehen mit 30. April zu Ende ging?
Die offiziellen Zahlen für März und April werden zwar erst Ende Mai vom ASTAT veröffentlicht, allerdings ist eine Hochrechnung möglich. So hatte Tourismuslandesrat Arnold Schuler auf einer Pressekonferenz erklärt, im März habe es in Südtirol 750.000 Nächtigungen gegeben (im Vorjahr waren es über 2,5 Millionen). Und für den April kann man von einem Ausfall von fast 100 Prozent ausgehen.
Demnach verzeichnete Südtirols Tourismus in dieser Wintersaison rund 2,6 Millionen Nächtigungen weniger als im Vorjahr, was einem Minus von etwas mehr als 20 Prozent entspricht.
Jetzt stellt sich die große Frage, wie es mit dem Tourismus weitergehen soll. Wie man zu alter Stärke zurückfinden kann. Der öffentliche Tourismus-Vermarkter IDM hat von der Landesregierung ein Sonderbudget in Höhe von 33,5 Millionen Euro erhalten, um den Wirtschaftsmotor wieder in Schwung zu bringen. „Zu berücksichtigen ist bei dieser Summe allerdings, dass uns Einnahmen wie jene aus der Ortstaxe oder von Veranstaltungen weggefallen sind und zudem zusätzliche Kosten entstanden sind“, merkt IDM-Präsident Hansi Pichler an.
Welche Mittel wird man jetzt ergreifen?
„Unsere Kampagne ist startbereit und hängt nun vor allem von den Grenzöffnungen ab. Wir sind dazu mit EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann in Kontakt. Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bis zum 14. Mai ein Konzept vorlegen. Außerdem sind wir über die Landesräte Schuler und Achammer mit Deutschland in Kontakt. Dort hat uns der Tourismus-Beauftragte Hoffnung gemacht, dass die Grenzen geöffnet werden können, sofern die Virus-Zahlen passen“, erklärt Hansi Pichler. Es wird über bilaterale Abkommen zur Grenzöffnung verhandelt.
Die Kampagne soll in Südtirols Hauptmärkten stattfinden und stellt die Dachmarke Südtirol in den Mittelpunkt. „Wir möchten die Marke wieder ganz stark in den Vordergrund drängen und die Sehnsucht und Reiselust wecken“, so der IDM-Präsident.
Weiters wolle man großen Wert auf die Hygiene- und Sicherheitsstandards legen und dem Gast vermitteln, was Südtirol tut, um dem Coronavirus „keine Chance zu lassen“, wie es Hansi Pichler sagt. Man stehe dabei in engem Austausch mit dem Sanitätsbetrieb.
Ein weiterer Teil der Kampagne ist die Initiative „Alles was wir lieben“. Laut Pichler haben diese bereits fast 4.000 Betriebe beansprucht. Es gehe darum, mit dem Gast unter anderem durch Videos und Texte in Kontakt zu bleiben, um die Stammgäste wieder zu aktivieren, wenn die Grenzen öffnen.
Außerdem will IDM die Online-Buchbarkeit fördern: „Derzeit sind rund 40 Prozent der Betriebe online buchbar. Wir möchten mit einer Umfrage den genauen Stand erheben und die Betriebe im Online-Bereich fit machen. Diese Offensive ist wichtig, weil wir für die Zukunft eine neue Zielgruppe für Südtirol sehen“, sagt Hansi Pichler.
Und zwar: „Jüngere Leute, die Südtirol als nahegelegenen Rückzugsort erkennen, weil Fernreisen nicht so schnell wieder möglich sein werden. Südtirol bietet viel für junge Menschen. Aber sie buchen vielfach nur über Online-Kanäle. Deshalb müssen wir in diesem Bereich ein Level höher spielen.“
Worauf werden sich Südtirols Tourismusbetriebe in diesem Sommer grundsätzlich einstellen müssen?
Hansi Pichler sagt, das hänge von den weiteren Entwicklungen ab. „Generell habe ich aber die Befürchtung, dass die Reiselust zu Beginn noch etwas eingeschränkt sein wird. Ich bin jedoch auch überzeugt, die Stammgäste dann wieder relativ schnell aktivieren zu können, wenn die Sehnsucht nach Urlaub und Natur steigt. Da haben wir gegenüber anderen Gebieten sicher einen Vorteil, weil wir mit dem Auto erreichbar sind“, so der IDM-Präsident.
Er betont aber auch, dass es keine normale Sommersaison werden wird. „Wenn wir heuer 50 Prozent erreichen, können wir zufrieden sein“, dämpft Pichler eventuelle zu hohe Erwartungen.
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Kommentare (25)
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leser
Wenn die grosspurigen touristiker schon so wichtig für den südtiroler wohlstand sind und von rekird zu rekord laufen dann frage ich much dass es gerade dem personal in der tourismusbranche am dreckigsten geht , gar einige sitzen auf der strasse und sind nicht mehr in der lage miete und den notwändigen lebensunterhalt zu bezahlen
Dafür ist der idm ja nicht zuständig und fûrn hansi gibts womöglich nur ein paar schwarze schafe
morgenstern
Warum zu alter Stärke zurückfinden und all die Fehler zum zweiten mal machen.
flottebiene
Die ersten, de betteln gian, um in Verlust va Monaten auszugleichen, kenn schun la insre Hoteliere….
Ob welche va ihre Mitarbeiter af do strosse stian, interessiert sie net di Bohne….
Hauptsoche, laut ginui schreien…die Politik werds nua schu richten…..
BA Hotel und Bauern moch mo gearn a por Ausnohmen….