Der Milliarden-Verlust
Bleibt das Gastgewerbe bis Ende Juni geschlossen, rechnet WIFO-Direktor Georg Lun mit einem Umsatzverlust von 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro allein im Tourismus.
von Heinrich Schwarz
Georg Lun war vor einigen Wochen noch optimistischer. Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes der Handelskammer (WIFO) ging davon aus, dass die Sommersaison im Südtiroler Tourismus zwar verspätet startet, aber es danach zu keinen massiven Veränderungen der Touristenströme kommen wird. „Das Bedürfnis, Urlaub zu machen und wegzufahren, ist ungebrochen und wird nach der Krise wieder sofort kommen“, sagte Lun in einem Interview mit der TAGESZEITUNG.
Jetzt sieht es nicht mehr danach aus, als könnte der Hochsommer wie gewohnt verlaufen. Mit schnellen grenzüberschreitenden Lockerungen der Coronavirus-Maßnahmen ist nicht zu rechnen.
„Die Unsicherheit im Tourismus ist groß. Ich habe nicht erwartet, dass es den Tourismus so lange treffen wird. In einem Monat kann die Situation wieder ganz anders aussehen, aber selbst wenn die Betriebe im Juni wieder normal aufsperren können, ist es schwer zu beurteilen, wie Tourismus danach funktionieren kann“, meint Georg Lun und verweist auf die verschiedensten notwendigen Sicherheitsvorkehrungen.
Der WIFO-Direktor glaubt nun, dass der Tourismus nicht so schnell wieder auf die Beine kommen kann. Das ist einer der Hauptgründe, warum das WIFO seine Prognose zum Südtiroler Wirtschaftswachstum nach unten geschraubt hat und nicht mehr von einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von fünf Prozent im Jahr 2020 ausgeht, sondern von sieben bis elf Prozent.
Mit welchem Umsatzverlust ist im Tourismus zu rechnen? Laut einer Studie in Österreich kostete das vorzeitige Aus der Wintersaison dem dortigen Tourismus rund 1,8 Milliarden Euro an Umsatz. Und in Südtirol?
Es gibt zwar keine konkrete Studie – Georg Lun hat für die TAGESZEITUNG aber eine grobe Schätzung abgegeben: „Wenn das Gastgewerbe bis inklusive Juni geschlossen bleibt, geht ein Umsatz von 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro verloren.“
Laut den offiziellen Tourismus-Zahlen gab es im Vorjahr zwischen März und Juni 8,7 Millionen Nächtigungen in Südtirol. Das waren rund ein Viertel der Nächtigungen des gesamten Jahres. In seiner groben Schätzung hat Georg Lun angenommen, dass ein Gast im Schnitt 150 Euro pro Tag ausgibt.
Bei den 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro an Umsatzverlust wird es aber wohl nicht bleiben, wenn Südtirols Tourismus nicht gleich wieder von null auf hundert starten kann.
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Kommentare (8)
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leser
Lun
Dass diese zahlen so kommen werden war vorher abzusehen und dafür brauchte es keine hellseher
Darum ist es umso unverständlicher wieso man solche kurzsichtigen dekrete gemacht hat und wie passiv unsere verantwortlichen den vorgaben hinterhergerannt sind
Das liegt wohl auch daran dass diese die wirtschaftlichen und finanziellen dornen nicht zu spūren bekommen