„Teils prekäre Situationen“
Im Handwerk herrscht viel Unmut über politische Entscheidungen. Das Baugewerbe hat bereits Stornierungen aus dem Tourismus zu beklagen.
von Heinrich Schwarz
Auch im Handwerk gibt es je nach Betrieb unterschiedliche Situationen. „Denn wir haben 110 verschiedene Berufe im Verband – von der Friseurin zum Baggerunternehmen“, erklärt lvh-Präsident Martin Haller.
Gerade der Bereich Friseur und Schönheitspflege warte dringend auf Unterstützungsmaßnahmen des Landes. „Wir haben viele kleine Realitäten, die kein Tagesinkasso haben, aber deren Kosten wie die Mieten weiterlaufen. Es gibt teilweise schon prekäre Situationen“, so Haller, der sich innerhalb der nächsten zwei Wochen Unterstützungen erhofft.
Für großen Ärger sorgt das nationale Dekret zu den Betriebsschließungen: „Dort wurden nicht die gefährlichen Tätigkeiten mit hoher Ansteckungsgefahr berücksichtigt, sondern einfach die sogenannten Ateco-Kodexe. So entsteht etwa auf Baustellen die Situation, dass der Elektriker arbeiten darf und der Baumeister nicht. Das ist eine der eklatantesten Sachen, mit denen wir zu kämpfen haben, weil sie weder Sinne machen noch in der Praxis funktionieren.“
Es gebe auch eine Reihe an Betrieben wie Tischlereien und Schlossereien, die sich zu Beginn der Corona-Krise gut vorbereitet und entsprechende Maßnahmen ergriffen hätten, um sicher arbeiten zu können. „Sprich Desinfektion der Arbeitsplätze und Ausstattung mit Masken und Handschuhen“, erklärt Martin Haller. Doch aufgrund des Ateco-Kodexes sei es den Betrieben nicht mehr erlaubt zu arbeiten.
„Wir erwarten uns, dass in den Betrieben ab nächster Woche immer unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen wieder gearbeitet werden kann. Das wäre die beste Wirtschaftsförderung. Denn wir werden es auf Dauer nicht schaffen, als Gesellschaft die ganzen Kosten zu tragen“, meint der lvh-Chef. Zum einen würden viele Mitarbeiter wieder gerne arbeiten, weil sie teilweise schon seit über einem Monat daheim bleiben müssen – zum anderen könne nur produziert werden, wenn die Arbeit erlaubt wird.
Insbesondere erhofft sich der lvh auch, dass der Staat die einzelnen Regionen mehr entscheiden lässt. „In Rom ist immer das Problem, dass nur auf die großen Betriebe geschaut wird und nicht auf die kleinen Realitäten. Und gerade in Südtirol, wo es zu 99 Prozent Kleinstbetriebe gibt, ist die Realität eine andere als in Restitalien“, betont Martin Haller.
Große Sorgen bereitet ihm auch die zukünftige Entwicklung im Baugewerbe: „Jetzt kommen bereits die ersten Stornierungen herein – gerade vom Tourismus, wo Investitionen aufgrund der großen Unsicherheit storniert oder aufgeschoben werden. Es braucht deshalb in einer dritten Phase sicher auch starke Unterstützungen der Politik. So muss beim öffentlichen Auftragswesen ein starker Fokus auf die lokalen Kleinst- und Kleinbetriebe und auf lokale Kreisläufe gelegt werden, um ausgleichend einzuwirken und Nachfrage zu schaffen.“
Für das Bauwesen sei dies äußerst wichtig – „denn das Loch wird im Sommer, Herbst und Winter kommen. Wir müssen schauen, die qualifizierten Mitarbeiter zu halten.“
Signale, dass man die Krise nicht schaffen könnte, habe man im Handwerkssektor bisher nur von Kleinstbetrieben vernommen, wo das Tagesinkasso fehlt. Es sei deshalb wichtig, mit einem Härtefonds einzugreifen, sagt Martin Haller.
Generell hätten sich die Betriebe inzwischen auf die Situation eingestellt und etwa bereits mit den Banken gesprochen. „Aber natürlich“, so Haller, „je länger die Situation dauert, desto schwieriger wird es, danach weiterarbeiten zu können.“
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