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Hausarrest für alle

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Das „Cura Italia“-Notdekret sieht die Möglichkeit von Hausarrest für alle rechtskräftig verurteilten Häftlinge vor, die eine Reststrafe von weniger als 18 Monaten abzusitzen haben. In Südtirol wurden bereits ein halbes Dutzend Anträge gestellt.

Von Thomas Vikoler

Auf das Besuchsverbot folgte die Gefängnisrevolte mit italienweit 14 Toten. Die Häftlinge protestierten gegen die von der Regierung erlassene Verordnung vom 7. März, mit der, als Maßnahme gegen die Ausbreitung des Coronavirus, jeglicher Besuch von Familienangehörigen im Gefängnis untersagt wurde.

Im Bozner Gefängnis gab es keinen Aufstand. Dort warten inzwischen aber einige der Inhaftierten auf die Entscheidung des Überwachungsgerichts zu ihren Anträgen auf Hausarrest.

Im „Cura Italia“-Notdekret vom 16. März ist nämlich ein Artikel (Nr. 123) enthalten, der Hausarrest für all jene rechtskräftig verurteilten Häftlinge vorsieht, deren Reststrafe weniger als 18 Monate beträgt.

Auch eine Maßnahme zur Ausbreitung des Coronavirus in den italienischen Haftanstalten, in denen der Platz zumeist knapp ist.

„Wir begrüßen diese Maßnahme“, sagt Alessandro Tonon vom Vorstand der Strafkammer in Südtirol, „sie sollte aber auch auf Personen in Untersuchungshaft ausgeweitet werden“. Denn das Ansteckungsrisiko sei, speziell in Zellen mit mehreren Häftlingen, für alle Inhaftierten gleich groß.

Hausarrest für alle also, mit den im Dekret vorgesehenen Ausnahmen. So haben Gewohnheitsverbrecher und Personen, die wegen Korruption, Stalking und sexueller Gewalt verurteilt wurden, keinen Anspruch auf diese Form der Hafterleichterung. Auch nicht Häftlinge, die einer Sondermaßnahme wie Isolationshaft unterliegen.

Justizminister Alfonso Bonafede sagte am Mittwoch im Parlament, dass etwa zehn Prozent  der 60.000 derzeit in Vollstreckung einer rechtskräftigen Haftstrafe Inhaftierten Anspruch auf Hausarrest hätten. Und: Bisher seien 15 Gefängnisinsassen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Es gebe, so der Minister, keine Epidemie-Gefahr in den Haftanstalten.

Der Vorstand der Vereinigten Strafkammern Italiens warf Bonfede umgehend vor, die Situation zu verharmlosen.

Wie sieht die Situation in Gefängnis von Bozen aus? Bisher wurde dort kein positiver Test eines Häftlings bekannt. Das könnte sich aber rasch ändern.

Währenddessen bemühen sich die Strafverteidiger, ihre Mandanten in Sicherheit zu bringen. Laut Informationen der TAGESZEITUNG sind bisher beim Bozner Überwachungsgericht, das dafür zuständig ist, ein halbes Dutzend Anträge auf Zuerkennung von Hausarrest aufgrund von Artikel 123 eingegangen. Das Gericht muss über die Anträge innerhalb von fünf Tagen entscheiden.

Einige Betten im Bozner Knast dürften sich also in den nächsten Tagen leeren.

Es gibt ein zweites Gericht, das in diesen Tagen mit Anträgen konfrontiert ist. In diesem Fall Anträge auf die Erlaubnis für einen telefonischen Kontakt der Häftlinge mit Familienangehörigen. Hier ist das Voruntersuchungsgericht zuständig.

 

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