Durchhalten
Susanna Valtiner führt den Buchladen Lana und ist Präsidentin der Südtiroler Buchhändler. Wie überleben die kleinen Buchhandlungen die Coronakrise?
Tageszeitung: Frau Valtiner, die Buchhandlungen sind wegen der Coronakrise geschlossen. Dabei wäre gerade jetzt, wo das öffentliche Leben so drastisch eingeschränkt ist, Zeit zum Lesen.
Susanna Valtiner: Auf jeden Fall. Wem Bücher etwas bedeuten und nicht nur ein Zeitvertreib sind, für den sind sie gerade in dieser Zeit eine wertvolle Stütze.
Trafiken dürfen offenhalten, Buchhandlungen nicht. Der nationale Buchhändlerverband hat dagegen bereits protestiert.
Das ist auf jeden Fall schade und ungerecht. Buchhandlungen arbeiten in einer rechtlichen Grauzone. Wer eine Zeitungslizenz hat, darf theoretisch offenhalten. Aber wenn kaum Leute unterwegs sind, stellt sich die Frage nach der Rentabilität. Die Leute sollen zuhause bleiben, ich will nicht diejenige sein, die sie in mein Geschäft lockt.
Haben Sie eine Zeitungslizenz?
Ja, aber von Zeitungen allein lebt man nicht. Bücher darf ich ja nicht verkaufen. Wir Südtiroler Buchhändler haben den großen Vorteil, dass wir mit Online-Shops gut aufgestellt sind. Jede Buchhandlung, egal wie groß oder wie klein, hat die Möglichkeit durch den deutschen Barsortimenter einen Online-Shop zu führen. Momentan läuft der Umsatz komplett online.
Wie läuft das konkret ab?
Ich kann die Bücher im Laden sowie das komplett zur Verfügung stehende KNV-Zeitfracht-Sortiment von 4 Millionen Büchern online anbieten. Sie können bei mir und bei jeder anderen Buchhandlung jedes verfügbare Buch bestellen. Verlagsbestellungen und italienische Titel sind im Moment schwieriger.
Wie läuft die Zustellung?
Die meisten verschicken die Bücher per Kurier, aber das wird jetzt schwieriger. Ein großer Kurierdienst beispielsweise liefert ab heute nur mehr dringliche Ware, also keine Bücher, mehr aus. Wir, der Buchladen Lana, liefern die Bücher in Lana und Umgebung selbst aus. In Meran wird per Fahrradkurier ausgeliefert.
Was ist mit der Post?
Das wäre möglich und sehr günstig, ich persönlich aber vermeide es momentan, zur Post zu gehen.
Kaufen die Südtiroler Bücher online ein?
Ja. Wir haben momentan sehr viele Bestellungen, auch weil wir viele Stammkunden haben. Wir spüren auch viel Solidarität, die Leute bestellen, um uns zu unterstützen. Sehr viele bestellen Bastelbücher und Lernhilfen, weil die Kinder während der schulfreien Zeit zuhause beschäftigt werden müssen.
Es gibt ein Bedürfnis nach geistiger Nahrung.
Ja, eindeutig.
Der Buchhandel verzeichnet seit Jahren einen kontinuierlichen Rückgang. Wie existenzbedrohend ist die Zwangsschließung durch die Coronakrise?
Wenn von einem Tag auf den anderen fast der gesamte Umsatz wegbricht, ist die Gefahr groß, da gibt es nichts drumherum zu reden. Die Frage ist, wer den langen Atem hat, durchzuhalten.
Fürchten Sie Schließungen?
Das kann man nicht ausschließen.
Nehmen die Verlage nicht verkaufte Ware zurück?
Das ist von Verlag zu Verlag verschieden. Manch sind sehr kulant, andere weniger. Die Ausmaße des Schadens wird man erst nach dieser Phase beziffern können.
Alle rufen nach der Hilfe vom Staat und vom Land. Die Buchhändler auch?
Natürlich, aber wir sollten realistisch sein. Der Staat kümmert sich wahrscheinlich zuerst um die großen Betriebe und erst danach um uns kleine.
Interview: Heinrich Schwazer
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