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Demokratie unter Quarantäne

Der Landtag als zentrales Organ der Demokratie hat seine Pforten geschlossen. Wie gehen die Abgeordneten mit dieser Ausnahmesituation um? Ein Rundruf.

Brigitte Foppa

Brigitte Foppa (Grüne): Das Haus, in dem Politik stattfindet, ist zu, das Gitter wurde runtergelassen. Auch wenn wir alle einen Schlüssel fürs Gebäude haben, macht das schon Eindruck. Der politische Betrieb wurde ausgesetzt, es finden keine Sitzungen mehr statt. Wir können zwar von zu Hause aus an Beschlussanträgen und Anfragen arbeiten, aber das ist nicht das Gleiche. Ein Parlament baut darauf auf, dass unterschiedliche Menschen zusammenkommen und ihr Wissen austauschen, dass man Meinung mit Gegenmeinung konfrontiert. In der aktuellen Situation findet die Beschleunigung vor allem in der Exekutive statt, es ist für uns als politische Minderheit sehr schwer, die Kontrollfunktion auszuüben. Trotzdem gilt es jetzt, aufmerksam hinzuschauen und aufzupassen. Wir wissen, dass sehr viel passiert, wenn niemand da ist: Der Magnago-Platz wurde in der Ferragosto-Woche geräumt, am Wochenende wurden die Bäume im Bahnhofspark gefällt. In dieser Phase, wo der Betrieb stillsteht, ist es leichter, unbeliebte Maßnahmen durchzuziehen. Gleichzeitig tut es nicht schlecht, einmal herunterzufahren. Wir wollen BeobachterInnen sein. Die aktuelle Situation setzt gesellschaftliche Prozesse in Gang, die wir bisher noch nicht erlebt haben. Wir wollen sie beschreiben und analysieren und möglicherweise neue, zukunftsfähige Konzepte daraus ableiten. Es ist eine Zeit des Wartens, des Zurückfahrens unserer üblichen Modi. Als grüne Abgeordnete versuchen wir das aus der Entfernung zu machen, was nicht dasselbe ist, aber zumindest uns nicht in der politischen Isolation verharren lässt: Wir halten täglich eine Video-Konferenz ab, weil es wichtig ist, als Team zu arbeiten. Wir sind keine Einzelkämpfer.

Magda Amhof

Magdalena Amhof (SVP): Mir geht es gesundheitlich gut, ich habe eine leichte Erkältung und ein wenig Husten, aber sonst passt es. Ich arbeite von daheim aus. Wir stehen über WhatsApp in engem Austausch mit einigen Landesräten, die uns ständig über die neuen Dekrete und Maßnahmen informieren. Gleichzeitig versuchen wir, Bürgeranfragen zu beantworten und die Menschen in diesen schweren Zeiten zu unterstützen und zu beruhigen. Zurzeit verbringe ich viel Zeit damit, mich zu informieren und mich in die Thematik einzulesen. Ein bisschen Freizeit habe ich auch, die ich „genieße“. Meine Tochter ist zweieinhalb Jahre alt, wir verbringen viel Zeit zusammen, zum Beispiel draußen auf dem Balkon. Die Situation ist sehr gewöhnungsbedürftig und neu für uns alle. Ich bin fasziniert davon, wie diszipliniert und verantwortungsbewusst die Menschen damit umgehen. Es ist wohltuend zu sehen, wie strikt sie sich an die Vorschriften halten und sich damit solidarisch all jenen gegenüber zeigen, die besonders schutzbedürftig sind. In unserer Arbeit als Abgeordnete passiert sehr viel über Gespräche auf dem Gang. Das alles ist gerade nicht möglich. Ich schreibe zurzeit gemeinsam mit Ulli Oberhammer an einem Begehrensantrag zum Thema „Gewalt an Frauen“. Gerade jetzt, wo Frauen und Männer daheim bleiben müssen, ist die Gefahr von häuslicher Gewalt sehr groß. Auch in dieser dramatischen Situation, in der wir uns alle befinden, dürfen wir diese Frauen nicht vergessen und alleine lassen.

Ulli Mair

Ulli Mair (Freiheitliche): Da ich selbst die Grippe hatte, seit über zwei Wochen bereits zu Hause und bis morgen noch auf ärztlicher Anweisung in Quarantäne bin, habe ich lediglich Anfragen und Beschlussanträge vorbereitet, unzählige Bürgeranfragen bezüglich der Coronakrise, der Dekrete usw. versucht zu beantworten. Weiters arbeite ich an Themen und Strategien, die ich euch natürlich nicht nenne (lacht). Ich kann lediglich täglich über die sozialen Medien auffordern, dass sich alle an die Regeln halten und zu Hause bleiben. Und die Menschen bei Laune halten. Keine einfache Zeit. Man fühlt sich etwas hilf- und machtlos. Besinnt sich auf wesentliche Dinge. Diese Zeit stimmt mich nachdenklich, es gilt, dass alle an einem Strang ziehen. Es ist jetzt nicht angebracht, auf Angriff zu gehen, Kritik zu üben, zu polemisieren und dergleichen. Südtirol muss zusammenhalten und jeder einzelne kann seinen Beitrag dazu leisten. Danke an all jene, Ärzte, Pflege- und Rettungskräfte, Sanitäts- und Zivilschutzpersonal, Sicherheitskräfte, Verkäuferinnen, Bedienstete der Öffis usw., die derzeit für uns arbeiten und die Versorgung aufrecht erhalten.

 

Maria Rieder

Maria Elisabeth Rieder (Team K): Mein Test ist negativ ausgefallen, darüber bin ich sehr froh. Letzte Woche hatte ich Fieber, Hals- und Kopfschmerzen, aber jetzt geht es mir wieder besser. In diesen Tagen bin ich natürlich daheim in Gais. Einkäufe besorgen meine Familienangehörigen, die im gleichen Dorf wohnen. Über die sozialen Medien kann ich mich jederzeit informieren, ich habe Kontakt mit meiner Familie und den Freunden. Ich bin ein Mensch, der gut mal allein sein kann, das ist in dieser Situation hilfreich, etwas auf dem Balkon sitzen, ein Buch lesen, auch dafür ist gerade mal Zeit. In diesen Tagen habe ich auch Zeit nachzudenken und ich spüre sehr stark die Verantwortung als Mensch: Was kann ich tun? Wie kann ich helfen? Was kann ich im Moment beitragen? Ich bin viel im Austausch mit anderen Menschen, ich bekomme Nachrichten, von Bekannten und Freunden, aber auch von Menschen, die ich nicht kenne. Ich beantworte alle, es ist gut, mit Menschen in Kontakt zu sein, zu reden, zuzuhören, zu diskutieren und auch darüber nachzudenken: Was ist zu tun? Manchmal hilft einfach ein Gespräch und so telefoniere ich in dieser Zeit viel, besonders auch mit Menschen, von denen ich weiß, dass sie allein zu Hause sind. Ich denke in dieser Zeit viel an jene Menschen, die nicht digitalisiert sind oder wenig soziale Kontakte haben, an jene, die Hilfe gebrauchen könnten und sie nicht bekommen, weil sie nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen. Viele Geschäfte, Vereine und Privatpersonen bieten Einkaufshilfen oder Lieferservice an und tun dies über die sozialen Netzwerke kund. Wie kann eine Person, die nicht digitalisiert ist, wissen, dass das Lebensmittelgeschäft im Dorf oder die Apotheke nach Hause liefern? Wie können diese Menschen auf Einkaufshilfen zurückgreifen? Ein Vorschlag ist: In allen 116 Gemeinden Südtirols sollte ein „Bürgertelefon“ eingerichtet werden, wo sich die BürgerInnen hinwenden hinkönnen, wo jemand für die Menschen da ist, Hilfe bietet oder Unterstützung organisiert – auch für kleine alltäglich Dinge und Sorgen, die es auch in Zeiten von Corona gibt. Ich glaube, in diesen Zeiten hat Politik die Aufgabe, für die Menschen da zu sein, wir können nicht untertauchen – das will ich nicht, deshalb versuche ich etwas zu tun – auch, wenn ich es derzeit nur von meiner Wohnung aus tun kann.

Umfrage: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

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  • criticus

    Da war doch noch eine Abgeordnete der SVP, die war ja so froh, dass wegen dem Coronavirus ein verlängertes Wochenende rausschaut. Sehr hübsch, blond, Brillenträgerin und immer ein Lächeln im Gesicht. Hmmm, wie hieß die noch? Scheint wohl nicht gerade viel zu leisten, sonst würde mir ihr Name sofort einfallen. Aber dennoch, sie fällt irgendwie immer auf! Auf jeden Fall, das ist Die, die vor Freude auf „diesen Urlaub“ vor der Landhaustreppe auf und nieder gehoppt ist. Nein, fällt mir nicht ein, vielleicht erinnert mich ein/e Kommentarschreiber/in.

    • meintag

      Sie wird sicher an ihrer nächsten Wahlwerbung schreiben denn in der SVP sind vermehrt Berufspolitiker gefragt. Der Sanitäts LR wird mit Ende dieser Legislatur in Pension gehen und die jungen gezielt pushen. Der Arno hat bis dahin sowieso ausgedient und der bärtige Schul LR ohne Abschluss wird übernehmen.

  • criticus

    Ich habe es gefunden, ich habe es gefunden, unter „Hurra! Corona! Freies Wochenende!“ in Google findet ihr den Namen!

  • leser

    Boah
    Ihr seid aber alle super drauf
    Unverzichtbar für die gesellschaft

  • wm

    Das wird die Jungpolitikerin aber freuen, kann noch ein von uns bezahltes Wochenende zu Hause bleiben. Werde das meinen Mitarbeitern morgen auch als langes Wochenende erklären, halt unbezahlt. Da lobe ich es mir Poliker zu sein. Und wir Trottelvolk bezahlen das auch noch.

  • prof

    Okay,Ladurner hat Blödsinn verzapft und wird wie wir alle zu Hause sein, zusätzlich wird sie mit dieser blöden Aussage länger zu kämpfen haben, also lassen wir sie in Ruhe

  • besserwisser

    sie sind es ja gewohnt!

  • prof

    @bernhart
    Gute Frage mit „wie geht es den Rentner“ Einmal,die Rentner/innen sind durch den Virus die meist gefährdeten Menschen mit Todesfolge.Sie bekommen aber momentan ihre monatliche Rente, fragt sich nur wie lange noch.

  • wm

    @prof. gebe ich dir nicht Recht. War nicht das erste mal. Wenn ich Fehler mache muss ich auch Grad stehen. Der Welpenschutz ist vorbei. was mich noch mehr ärgert, ich muss morgen meine Mitarbeiter zu Hause lassen, hab Umsatzausfall, muss aber dennoch alle Abgaben und Spesen bezahlen, bin ein böser Unternehmer, in den Augen der Gewerkschaft, und diese Super Politikerin müssen wir aber dennoch weiterzahlen. Ja sind wir komplett behämmert? und dann soll ich bei solchen Aktionen auch drüber weg sehen?

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