„Angst fährt mit“
Was kommt auf die Mitarbeiter des Weißen Kreuzes zu? Wie bereiten sie sich vor? Und wie besorgt sind vor allem die freiwilligen Helfer? Meinhard Kühebacher, Dienstleiter des Weißen Kreuzes in Innichen, erklärt, worauf es jetzt ankommt.
TAGESZEITUNG: Herr Kühebacher, wie sieht Ihr Arbeitsalltag im Moment aus?
Meinhard Kühebacher: Wir haben in unserer Dienststelle die geplanten Fahrten auf einen Minimum zurückgeschraubt. Gefahren wird nur, wenn es absolut notwendig ist, etwa mit Dialysepatienten oder Krebspatienten, die weiterhin Bestrahlungen machen.
Diese Regelung gilt für alle: Visiten wurden abgesagt.
Sind alle Mitarbeiter bei Ihnen im Einsatz?
Wir haben so viele im Einsatz wie unbedingt notwendig sind. Normalerweise haben wir Praktikanten oder ein drittes Besatzungsmitglied in Ausbildung im Auto mit. Jetzt gibt es im Rettungswagen nur noch den Fahrer und den Sanitäter. Ein Auto ist immer speziell ausgerüstet für Covid-Fälle. Im Krankenhaus von Innichen gibt es eine Corona-Abteilung. Aus der Chirurgie hat man die Patienten ausgelagert, sie wurden entweder nach Hause entlassen oder in andere Spitäler gebracht. Zusätzlich hat man die Pädiatrie geleert. Es dreht sich derzeit fast alles um das Virus.
Wie schützen Sie sich und Ihre Mitarbeiter?
Bei uns kommt keiner ohne Schutzmaske herein. Denn für alle gilt: Wir wissen nicht, ob wir positiv sind. Es gibt sicherlich viele, die das Virus unwissentlich weitergeben. Umso weniger die Leute in Kontakt kommen, desto besser.
Wie schützen Sie Ihre Leute bei den Fahrten, etwa mit einem Dialysepatienten?
Das ist so: Grundsätzlich wird sehr, sehr auf die individuelle Hygiene geachtet – kurze Fingernägel, Händedesinfektion, keine Piercings. Klar ist, dass wir uns bei jedem Einsatz schützen. Aber sobald es Verdacht auf Covid gibt, fahren wir mit der kompletten Schutzausrüstung. Die Besatzung ist mit Brille, Schutzanzug, doppelten Handschuhen ausgerüstet. Bei jedem Patienten wird Fieber gemessen, er bekommt eine chirurgische Maske, muss selbst eine Händedesinfektion durchführen oder er bekommt Schutzhandschuhe. Erst dann kann die weitere Untersuchung erfolgen. Es wird jeder einzelne Patient wie ein Verdachtsfall behandelt.
Thema Schutzbekleidung und Masken: Sind diese Dinge bei Ihnen noch vorrätig?
Diese Frage hört man oft. Aber momentan können wir damit noch recht gut haushalten. Wir spüren keinen Engpass. Es ist unerlässlich, dass wir uns gut schützen.
Haben Sie in diesen Tagen eigentlich weniger zu tun als üblich?
Noch schon. Aber die Entwicklung haben wir nicht in der Hand. Ich denke, dass es sich in den kommenden Tagen zuspitzen wird, vielleicht sogar sehr stark. Deshalb muss man auch darauf achten, unsere Leute gut zu schützen und Ressourcen zu sparen: All diese Leute werden wir noch dringend brauchen. Jeden einzelnen.
Sie stellen sich schon jetzt auf eine schwere Zeit in sieben bis zehn Tagen ein?
Auf jeden Fall. Wir können Glück haben, ja. Aber derzeit gehen wir davon aus, dass es eine schwierige Zeit werden wird. Die Arbeit wird jetzt nicht weniger, sondern viel mehr.
Sind Ihre Leute besorgt?
Uns ist es ein Anliegen den Mitarbeitern bewusst zu machen, dass wir uns selbst und damit auch alle anderen bestmöglich schützen müssen. Wir sind derzeit freilich einer größeren Gefahr ausgesetzt. Aber wenn sich alle an die Regeln halten, dann wird es schon gehen.
Ist Angst spürbar?
Sicher, die Angst fährt mit. Aber die Leute wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Sie wissen, dass sie gebraucht werden. Und es ist auch schön zu sehen, dass es einen großen Zusammenhalt gibt.
Interview: Silke Hinterwaldner
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