„Neue Situation“
Da derzeit der Vorlesungsbetrieb an den drei Campussen der unibz für mehrere Wochen ruhen muss, wurde der Universitätsbetrieb komplett umgestellt.
Da derzeit der Vorlesungsbetrieb an den drei Campussen der unibz für mehrere Wochen ruhen muss, wurde der Universitätsbetrieb komplett umgestellt: „Was vorher nur in einigen Fällen genutzt wurde, gilt nunmehr als Normalzustand. Wie bereits der Open Day werden nun auch unsere Vorlesungen online angeboten, damit unsere Studierenden keine wertvolle Zeit verlieren“, umreißt Rektor Prof. Paolo Lugli die Situation, in der die Freie Universität Bozen aus #ichbleibzuhause eine Tugend macht.
In Zeiten der Vorsichtsmaßnahmen von Covid-19 arbeitet die Informatikabteilung der Freien Universität Bozen gemeinsam mit den Fakultäten auf Hochtouren daran, einen durchgehenden Online-Unterricht zu gewährleisten. Insgesamt wurden in der ersten Woche der Umstellung bereits mehr als 70% der Vorlesungen online angeboten. Vorreiter dabei ist die Fakultät für Informatik. „Bei uns wird nunmehr der gesamte Lehrunterricht online abgewickelt. Viele Vorlesungen haben wir aufgezeichnet, damit sie auf der internen Lernplattform OLE abrufbar sind“, sagt der Dekan der Fakultät Prof. Francesco Ricci. „Auch im Gespräch mit unserem Studierendenvertreter im Fakultätsrat, Luca Giorgi, habe ich die Rückmeldung erhalten, dass die Studierenden zwar nicht glücklich mit der Situation an sich sind, aber dennoch froh, dank Online-Lernen keine Vorlesungszeit zu verlieren.“ In diesen Wochen stehen die Professor*innen ganz selbstverständlich bei Fragen online statt im Büro zur Verfügung.
Dasselbe gilt für die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, die bereits über 90% ihrer Vorlesungen online anbietet. „Wichtig erscheint es uns, dass die Studierenden keinen Nachteil durch ausfallende Vorlesungen und Seminare haben, da sie keine Studienzeit verlieren sollen“, unterstreicht der Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Prof. Oswin Maurer. „Allerdings handelt es sich um eine gänzlich neue Situation für uns, wenn wir eine mehrstündige Vorlesung ohne das natürliche Feedback einer 70-köpfigen Klasse durch Gestik und Mimik bis hin zur Sprache zu halten. Dabei geht vieles an Interaktion und gemeinsamem Diskurs verloren, man wird sozusagen reduziert auf das Element Sprache. Es fehlt ein wenig die Seele des Unterrichtens.“ Positiv sei allerdings, die Studierenden mit neuen Medieninhalten zu konfrontieren, die über die Nutzung der Social Media und deren verkürzte Kommunikation weit hinausgehe.
Vor eine ungewöhnliche Aufgabe stellt die neue Situation die Fakultät für Design und Künste. „Unser interdisziplinäres und praxisorientiertes Studienmodell soll den Studierenden anhand von Projekten und in Designstudios modernste Denk- und Handwerkszeuge vermitteln. Insofern hat uns das Online-Lernen vor besondere Herausforderungen gestellt. Doch dank der Zusammenarbeit aller Beteiligten haben wir gute Lösungen gefunden und können alle Kurse bestmöglich durchführen“, erläutert Dekan Prof. Nitzan Cohen. „Ich muss unserer Informatikabteilung mein allergrößtes Lob aussprechen, die es uns ermöglicht, mit verschiedenen Tools fast das gesamte Lehrprogramm umzustellen – mit professionellen Videoplattformen für den virtuellen Unterricht, die auch unser Know-how ausbauen.“ Die einzige Einschränkung sei derzeit die praktische Arbeit in den fakultätseigenen Werkstätten, wie das Anfertigen von Prototypen aus Holz, Metall oder Plastik. „Stattdessen konnten wir hochkarätige Gäste für eine Zusammenarbeit gewinnen. Designer, Künstler und Kulturschaffende werden für unsere Studierenden verschiedene Vorträge halten und zeigen damit in der aktuellen Situation auch ihre Solidarität.“
Auf positive Rückmeldungen von seinem Professor*innenkollegium verweist auch der Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften Prof. Paul Videsott. „Wir haben an einem einzigen Tag knapp 200 Kurse für über 1600 Studierende auf Online-Didaktik umgestellt, auch wenn das gerade in Bildungswissenschaften für den Primarbereich, wo wir sonst den direkten Diskurs mit den Studierenden als grundlegend erachten, nicht ganz leicht war.“ Auch für Hunderte von Präsenzpraktika in den Schulen wurden rasch alternative Möglichkeiten ausgelotet und umgesetzt. Die Abschlussprüfungen der vergangenen Woche wurden alle digital durchgeführt. Die Dozent*innen wie auch die Studierenden sehen diese neue Situation aber durchaus als Chance und Herausforderung, die es gemeinsam zu meistern gilt. Dabei erhalten die Studierenden auch einen überaus praxisnahen Einblick in den Einsatz von elektronischen Medien im Unterricht. „Von verschiedenen Lehrbeauftragten und Professor*innen gab es Rückmeldungen, dass beispielsweise die Narration der Pandemie selbst zum Studiengegenstand erhoben worden ist.“ So könne es schon einmal geschehen, dass ausgehend von Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ bei der Komponente von Ort, Raum, Zeit und Wertesystem auf eine historisch prägende Narration des Covid-19 im hier und jetzt umgeschwenkt wird. „Damit wird der reflektierte Umgang mit Nachrichten, das Bewusstsein für fiktionale Komponenten in der Kommunikation selbst zum Beobachtungs- und Forschungscharakter. Aber auch grundlegende Studienfächer wie Kunst, Musikpädagogik oder Bewegungserziehung gilt es mit Improvisationskunst neu anzubieten“, so Videsott.
„Die Frage der praxisorientierten Vorlesungen in den Laboratorien ist für uns derzeit die dringlichste“, betont der Dekan der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik, Prof. Stefano Cesco. Noch werden diese auf die Zeit nach dem 3. April verschoben. Sollte die Empfehlung für das Online-Arbeiten aber anhalten, werden die vorgesehenen Stunden im Labor von den Dozent*innen aufgezeichnet, und die Studierenden werden den Experimenten per Kamera folgen anstatt selbst tätig zu werden. Alle anderen Vorlesungen hat die Fakultät bereits in Online-Formate umgemodelt. „Einzig lange Vorlesungsblöcke, wie beispielsweise meine eigene Vorlesung, die vier Stunden dauert, sind in der Online-Form ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die Diskussion ist sehr lebhaft, nur ist es neu diese für große Gruppen zu managen“, resümiert Prof. Cesco. „Aber unsere Studierenden sind dankbar, in dieser schwierigen Situation daheim ihre Gesundheit wahren zu können und gleichzeitig keine wertvolle Studienzeit zu verlieren.“
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