Was sage ich meinem Kind?
Viele Eltern fragen sich, wie sie mit ihrem Kind über das Coronavirus sprechen sollen – ohne ihnen Angst zu machen. Was Experten raten.
von Eva Maria Gapp
„Darf ich bald nicht mehr mit anderen Kindern spielen?“, „warum kann man krank werden, wenn man jemandem die Hand schüttelt?“, und „wird jetzt Oma und Opa etwas Schlimmes passieren?“
Viele Kinder machen sich Sorgen wegen dem Coronavirus. Sie spüren, dass viele Menschen sich plötzlich vor einer neuen Krankheit fürchten. Sie sehen vielleicht Bilder von Leuten mit Atemschutzmasken, wissen, dass Schulen und Kindergärten geschlossen sind, und bekommen mit, dass viele am Coronavirus sterben. Für Kinder sind die Geschehnisse rund um das Coronavirus oft schwer begreifbar. Das kann ihnen Angst machen.
Umso wichtiger ist es, mit Kindern darüber zu reden. Das weiß auch Sabine Cagol, Psychologin und Leiterin der EOS-Fachambulanz für psychosoziale Gesundheit im Kindes- und Jugendalter Bruneck: „Die Erfahrung zeigt, dass das Thema präsent ist und Kinder darüber etwas erfahren wollen. Sie hören Gespräche mit, haben feine Antennen und spüren, wenn Erwachsene besorgt sind oder Angst haben.“
Schweigen oder ausweichend antworten sollten Eltern daher nicht. „Das Thema unter den Teppich zu kehren ist keine hilfreiche Strategie“, so Cagol. Denn das könne die Situation nur verschlimmern.
Das oberste Gebot sei, Ruhe zu bewahren und ihre Fragen und Ängste ernst zu nehmen: „Wenn man merkt, dass das Kind schon irgendetwas vom Coronavirus gehört hat, kann man nachfragen, was es denn schon weiß. Dadurch fühlt sich das Kind ernst genommen in seiner Sorge. Gleichzeitig wird vermittelt, dass auch über schwierige Themen gesprochen werden darf. Und man erfährt als Elternteil, wo man noch nachhaken könnte. Man sollte aber auf keinen Fall dauernd und überdramatisiert nachfragen“, betont sie. Wichtig sei außerdem Kinder zu beobachten und sie anzusprechen, wenn sie traurig scheinen oder sich zurückziehen. „Vielleicht verarbeiten sie das Gehörte, indem sie ein Bild dazu malen oder eine Geschichte dazu erfinden“, sagt Cagol.
Ähnlich sieht es auch die Psychologin und Psychotherapeutin Laura Taranta: „Es ist wichtig, die Fragen der Kinder ernst zu nehmen. Es ist aber nicht notwendig, zu viele Einzelheiten zu nennen, oder die Kinder mit Zahlen zu beunruhigen oder sie aktiv darauf hinzuweisen, dass man mit dem Virus sterben kann.“
Wie sollten aber Eltern ihre Kinder über das Coronavirus aufklären?
Laut dem Virologen Christoph Steininger ist es wichtig zu vermitteln: Kinder brauchen vor der Krankheit keine Angst haben. „Ich habe meinem neunjährigen Sohn gesagt, dass er sich keine Sorgen machen muss, weil das Virus nur ganz selten vorkommt und bei Kindern immer mild verläuft. Man könnte also eine Verkühlung bekommen, die dann aber wieder weg geht.“
Zusätzlich könne man auch sagen, dass das Coronavirus mit einer Grippe vergleichbar ist: „Manche spüren gar nichts, andere kaum etwas, einige leiden unter Fieber und Husten. Ganz selten passiert es, dass jemand davon eine Lungenentzündung bekommt“, so Steininger. Im Normalfall sei das Virus für gesunde Menschen also nicht lebensgefährlich.
Und sollte ein Kind fragen, was diesmal anders ist und warum sich viele Sorgen machen, könnten Eltern laut dem Kinderarzt Alfons Haller zum Beispiel sagen: „Das Virus ist neu, wir wissen noch wenig darüber. Es gibt bislang keine Medikamente und keine Impfung, und das Virus überträgt sich sehr leicht von einem Menschen zum anderen.“
Das sei auch der Grund, warum die Schulen in Südtirol geschlossen sind: „Viele Kinder fragen sich auch, warum sie jetzt nicht in die Schule gehen dürfen. Als Antwort könnten Eltern sagen, dass ähnlich wie die Grippe auch das Coronavirus für ältere Menschen, also für Opa und Oma gefährlich ist. Sie sind mehr gefährdet als ein gesunder Mensch. Und damit sie besser geschützt sind, haben jetzt alle Schulen und Kindergärten geschlossen. Denn Kinder könnten sonst das Virus mit nach Hause bringen. Für sich selber brauchen sie aber keine Angst haben“, erklärt Haller.
Weiters sei es wichtig, dass Kinder den Ansteckungsweg kennen – wie also die Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen auf die Hände oder in die Luft gelangen, die Menschen krank machen können. Und man deshalb besonders vorsichtig sein muss. „Die Kinder sollten wissen, wie wichtig es ist, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu waschen, und nicht nur auf Wunsch von Mama und Papa“, so der Kinderarzt. Um das nochmal zu verdeutlichen könnte man ihnen auch sagen: „Mit jedem Händewaschen können sie dazu beitragen, dass sie selbst als auch die Menschen in ihrem Umfeld gesund bleiben.“
Viele Kinder fragen sich auch, warum man in Zeitungen, im Fernsehen und im Internet Bilder von Menschen mit Atemschutzmasken und Schutzanzügen sieht. Das weiß auch Haller: „Diese Bilder können natürlich Angst machen. Um den Kindern aber die Angst zu nehmen, ist es wichtig zu betonen, dass es zwar heftig aussieht, es sich aber hier nur um eine Vorsichtsmaßnahme handelt. So soll verhindert werden, dass ein Virus in ihren Körper gerät.“
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