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Finger im Auspuff

Josef Unterholzner

Der Politiker und Unternehmer Josef Unterholzner sieht den Klimawandel ziemlich unaufgeregt, hält die Diesel-Verbote für eine Schnapsidee, sieht im Elektroauto keine Zukunft auf langen Strecken – und plädiert für eine Umlaufbahn im Überetsch.

TAGESZEITUNG Online: Herr Unterholzner, Sie haben auf Facebook eine Nachricht geteilt, in welcher der Klimawandel angezweifelt wird. Gehören auch Sie zu Trump & Co., die sagen, dass wir es nur mit völlig normalen und natürlichen Klimaschwankungen zu tun haben?

Josef Unterholzner: Ich bin nicht der große Klimaexperte, aber wenn es jetzt heißt, dass der Diesel der Hauptverursacher des Klimawandels ist und dass wir mit dem Elektroauto die Welt retten können, dann sage ich: So einfach ist es nicht!

Sie sind gegen Elektroautos?

Nein, ich bin ehrlich und transparent. Ich bin nicht gegen Elektroautos, aber ich bin dagegen, dass man den Diesel mit aller Gewalt kaputtmacht. Für das Elektroauto zu sein muss nicht heißen, gegen den Diesel zu sein. Nach heutigem Stand der Technik ist der Diesel dermaßen umweltschonend, dass es einfach nicht legitim ist, ihn aus den Städten zu verbannen.

Was sagen Sie dann zum Dieselverbot in Bozen? Ab Jänner 2021 werden auch die Euro-4-Diesel ausgesperrt …

Dieses Verbot ist völlig absurd! Man müsste nur die Probe aufs Exempel machen …

Nämlich?

Wenn wir die Stadt Bozen an einem Sonntag komplett sperren, dann gehe ich jede Wette ein, dass sich die Luft an einem klaren Tag mit Inversionswetterlage nicht um einen Prozent bessert. Es bräuchte da schon ein Gebläse, um die Gase nach oben hin wegzukriegen.

Sie sind also gegen das Bozner Dieselverbot?

Ja, weil es absurd ist. Wir haben in Südtirol einen relativ neuen Fuhrpark. Hinzu kommt, dass die Autos sauber gewartet werden, zumal bei der Pflichtrevision, die alle zwei Jahre gemacht werden muss, die Abgaswerte ja überprüft und eingestellt werden. Ich habe die Entwicklung der Diesel- und der Benzinmotoren hautnah miterlebt. Daher kann ich sagen: Ein heutiger Diesel kann mit einem Diesel von vor 40 Jahren nicht verglichen werden. Mehr noch: Ich selbst hätte vor 40 Jahren gewettet, dass es nie einen Diesel geben wird, bei dem man den Finger in den Auspuff stecken kann, ohne dass er schwarz wird. Zu dem, der das behauptet hätte, hätte ich gesagt: Du bist ein Träumer, du bist ein Spinner. Aber seit zehn  Jahren ist es wirklich so: Ich kann den Finger in den Auspuff stecken, und er wird nicht schmutzig, weil sich nur noch sehr geringe Rußpartikel im Auspuff befinden.

Warum wird der Diesel so verteufelt?

Ich denke, dass der Diesel-Skandal das Ganze ins Rollen gebracht hat. Ich halte die Verbote – auch jenes in Bozen – für billigen Populismus. Ich gehöre ja auch zu denen, die meistens mit dem Auto und allein in die Stadt fahren. Wenn draußen bei der Mendel-Kreuzung ein großes Parkhaus errichtet würde und ich von dort im 5-Minuten-Takt in die Stadt komme, dann stelle ich meinen Diesel dort ab. Oder wenn man ab der Mendel-Kreuzung eine Vorzugsspur für die Radfahrer einrichtet, parke ich dort mein Auto und radle ins Zentrum. Es braucht diese Infrastrukturen.

Kann man sich heutzutage noch einen Diesel kaufen?

Foto: 123RF.com

Ich kaufe mir sicher einen Diesel, Euro 6. Ich bin überzeugt, dass die Stimmung irgendwann dreht, sobald man die Sache neutral, sachlich und ehrlich beleuchtet. Zum heutigen Stand der Technik hat das Elektroauto als Langstreckenauto keine Zukunft.

Sind Sie sicher?

Sicher! Erstens, weil es die ganzen Ressourcen braucht, um die Batterien herzustellen. Kobalt kommt zu mehr als 60 Prozent aus Afrika, wird dort – wenn man Medienberichten Glauben schenken kann – unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut. Ich werde mir das auch selbst vor Ort einmal anschauen. China hat sich die Ressourcen schon gesichert, also kann man davon ausgehen, dass der Löwenanteil der Batterienherstellung in China stattfinden wird.

Sie sind also kein Fan der Elektroautos?

Doch, für kurze Strecken und für kleine Autos sind Elektroautos exzellent! In der Stadt ist man meistens allein unterwegs, die Autos sind geräusch- und emissionsarm. Ein kleines Auto braucht nur eine kleine Batterie, es hat 100 Kilometer Autonomie. Man kann das Auto daheim aufladen, das ist perfekt! Ich fahre selbst seit elf Jahren Elektroauto. Wenn ich aber heute zum Beispiel nach Bruneck fahren muss, dann nehme ich den Diesel, weil ich unabhängig sein will.

Was halten Sie von Wasserstoffautos?

Wasserstoff sehe ich gut. Sobald Wasserstoff zu einem vernünftigen Preis herstellbar ist, wird es ein Thema. In einem Tesla wiegt die Batterie 600 Kilogramm. Wenn ich denselben Tesla als Wasserstoffauto baue, dann fallen 400 Kilogramm weg. Batterie bedeutet Volumen, Batterie bedeutet Gewicht, und Gewicht ist Energie. Ich vergleiche die heutigen Elektroautos immer mit einem Handy von vor 25 Jahren: Die Handys waren groß, schwer und plump. Außerdem braucht eine Batterie sehr viel Energie, um sich – Stichwort: Kälte – selbst betriebsfähig zu halten.

Im Jänner 2021, wenn die Euro-Diesel aus Bozen ausgesperrt werden, wird es wieder zu einem Aufschrei kommen …

Das große Problem ist, dass es immer die Ärmsten erwischt. Jemand, der 1.300 Euro im Monat verdient, kann sich nicht alle zehn Jahre ein neues Auto kaufen. Die Politik sagt immer, sie wollen den Bedürftigen helfen. Mit diesen Verboten trifft man die Schwächsten. Ich sage es noch einmal: Wenn jemand alle zwei Jahre den vorgeschriebenen Hauptuntersuchung macht, wo das Auto optimal eingestellt wird, wo die Filter gewechselt werden, entsteht eine Win-Win-Situation für alle. Hinzu kommt, dass wir ja in einer schönen, grünen Region leben, wir können Südtirol nicht mit Großstädten wie New York vergleichen.

In Bozen gibt es ein Diesel-Fahrverbot, dabei geht die Autobahn quer durch die Stadt …

Das ist total absurd und kontraproduktiv.

Was kann Südtirol gegen den Klimawandel tun?

Wir in Südtirol haben es sicher nicht in der Hand, das Weltklima zu retten, aber jeder kann vor seiner Haustür kehren, indem er verantwortlich mit den Ressourcen umgeht. Glauben Sie mir: Ich lebe viel grüner, als die Leute denken. Wenn ich in Völlan bin, gehe ich zu Fuß oder fahre mit dem Rad. Ich kenne Dunkelgrüne, die fahren mit dem Auto, wo es auch zu Fuß ginge.

LH Arno Kompatscher will Südtirol zum Klimaland machen …

Das ist wünschenswert und auch möglich! Südtirol könnte in vielen Bereichen Vorreiter sein. Ich persönlich bin ein Befürworter des Seilbahnnetzes, dieses sollte noch viel stärker ausgebaut werden. Durch den Bau von Seilbahnen spart man Grund, sie sind viel schneller baubar als Eisenbahnen oder Straßen.

Ihre Vision also lautet?

Warum nicht eine Umlaufbahn von Tramin, Kaltern, Eppan zur Mendelkreuzung bauen? Wir haben im Land zwei Spezialfirmen, die schon Erfahrung haben. Wenn wir Autos von der Straße wegbringen wollen, müssen wir alternative Infrastrukturen schaffen bzw. bieten. Nur wenn diese funktionieren, können wir die Leute wieder dazu motivieren, vom Auto umzusteigen.

Was versprechen Sie sich von einer Umlaufbahn?

Das wäre eine starke Botschaft! Seit 20 Jahren wird über die Mobilität im Überetsch diskutiert. Warum nicht an der Mendelkreuzung ein Parkhaus mit einem Mobilitätszentrum bauen? Irgendwann muss man eine Entscheidung treffen. Eine Seilbahn wäre sehr nachhaltig, sie verursacht keinen Lärm, wenn man alle 500 Meter ein- und aussteigen kann, wäre das optimal. Und was spricht dagegen, ein Bahnl zum Pragser Wildsee zu machen? Dann hätte man die Autos weg.

Sie geraten ja fast ins Schwärmen …

Ich bin ein umweltbewusster Wirtschaftsmann, der die Herausforderungen liebt.

Herr Unterholzner, noch eine letzte Frage: Glauben Sie, dass wir es mit einem echten Klimawandel, oder nur normalen Temperaturschwankungen zu tun haben?

Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Wenn man die Temperaturen der letzten 1000 Jahr vergleicht, hat es immer wieder warme Jahre gegeben.

Interview: Artur Oberhofer

 

 

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