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Die Unabhängigkeits-Feier

Ein ungewöhnlicher Ort zum Feiern: Am Montagabend hat eine Gruppe von Kosovo-Albanern auf dem Areal der Tankstelle bei Stegen bei lauter Musik getanzt und gefeiert. Die Tankstelle war blockiert. Anrainer beschwerten sich über Ruhestörung. Aber eine echte Straftat liege nicht vor, sagen die Carabinieri.

von Silke Hinterwaldner

Es ist später Montagabend in Stegen. Kurz nach 22.00 Uhr macht sich eine junge Frau mit ihrem Auto auf den Weg zur Tankstelle im Ort, weil sie Benzin braucht. Als sie dort ankommt, traut sie ihren Augen nicht.

Mehrere Autos stehen herum, es werden Fahnen geschwenkt, es wird getanzt, die Musik ist Ohren betäubend laut, Mädchen stehen in der Autotür, während die Fahrer auf der Tankstelle die Runde drehen. Die junge Frau beschreibt die Situation wie folgt:

„Mir fährt fast ein anderes Auto rein von einem offensichtlich Betrunkenen, tanken ist nicht möglich, da wohl Party angesagt ist. Ich rufe 112 an werde zu den Carabinieri verbunden, wo ich abgewimmelt werde. Ich warte noch ab, weil ich ja tanken wollte, die Carabinieri kommen und fahren nach einer Minute wieder, es kommen noch mehr Autos und die Lautstärke wird erhöht. Ich warte etwas abseits, weil ich ja immer noch tanken muss, surfe ein wenig auf Instagram und sehe die Videos an (siehe das VIDEO). Ich rufe  noch einmal die Carabinieri an. Die Dame erklärt mir sehr genervt, dass eine Patrouille schon da gewesen sei, und mehr könnte man auch nicht machen. Dann suche ich mir eine andere Tankstelle.“

Was war da los? Warum haben die Carabinieri bei den Autolenkern keine Alkoholkontrollen durchgeführt? Was wurde überhaupt gefeiert?

Um die letzte Frage zu beantworten, muss man einige Jahre in der Geschichte zurückgehen. Am 17. Februar 2008 war der Jubel bei den Kosovo-Albanern groß. An diesem Tag vor zwölf Jahren erklärte Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien, man wurde ein „unabhängiger, souveräner und demokratischer Staat“. Das war ein Befreiungsschlag, aber auch heute noch gibt es keine echte Einigkeit im Land.

Für die Kosovo-Albaner in Bruneck ist der Jahrestag der Unabhängigkeit ihres Staates trotzdem ein Grund für ausgelassene Feiern. Das hat sich am Montag bereits im Laufe des Tages gezeigt, wo manche an ihrem Auto Fahnen anbrachten, um so durch die Stadt zu fahren.

Bis in die Abendstunden hatte sich daraus ein Autokorso mit rund 30 Leuten entwickelt, die ausgelassen und lautstark feierten.

Dass dies nicht allen gefällt, liegt auf der Hand. Bei den Carabinieri hatten sich am Montagabend nach 21.00 Uhr mehrere Anrainer der Tankstelle in Stegen gemeldet, die sich über die Ruhestörung beschwerten. Die Musik war ihnen zu laut. Aber da sich die Tankstelle eher am Rande der Wohnsiedlungen befindet, gab es keine großen Proteste. „Und außerdem“, heißt es auf Nachfrage der TAGESZEITUNG bei den Carabinieri, „war es erst kurz nach 21.00 Uhr, das ist nicht mitten in der Nacht.“ Zu dieser Uhrzeit könne man kaum von Ruhestörung sprechen. Die Carabinieri haben nach den Anrufen von Anrainern eine Streife zur Tankstelle geschickt. Dort habe man festgestellt, dass zwar gefeiert wurde, aber offensichtlich nicht Alkohol im Spiel war: „Niemand war betrunken. Es waren keine Flaschen im Umlauf, nur Red-Bull-Dosen.“ Man habe die Daten der Anwesenden aufgenommen und sie eingeladen, die Zone nicht weiter zu blockieren: „Aber eine besondere Straftat konnte nicht festgestellt werden.“ Rund eine Stunde nach dem ersten Kontrollgang sei die Carabinieri-Streife noch einmal zur Tankstelle nach Stegen gefahren. Dann war die Feier aber offensichtlich beendet – oder die Gruppe von Kosovo-Albanern hatte ihr Fest an einen anderen Ort verlegt.

Ihre ausgelassene und laute Feier auf dem Areal der Tankstelle hat die Gruppe auch freimütig dokumentiert: Videos von der etwas ungewöhnlichen Unabhängigkeits-Feier wurden auf Instagram hochgeladen.

 

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