Michail Gorbatschow
„Herzog incontra Gorbaciov“ ist noch zwei Mal zu sehen. Eine Gelegenheit.
von Renate Mumelter
Wir waren zu zweit im Kino, ein junger Mann Anfang zwanzig und ich, Mitte sechzig. „Das wusste ich alles nur vage, sehr interessant“, sagte der junge Mann nach der Vorstellung. Ich habe während der 96 Filmminuten eine Zeit des Aufbruchs wiedererlebt, die zu meiner Lebensgeschichte gehört. Aus heutiger Sicht hat sich ungläubiges Staunen darüber eingestellt, was aus den Plänen und Visionen geworden ist.
Gorbatschow war von 1988 bis 1991 Staatschef der Sowjetunion, er steht für Glasnost und Perestroika, für das Ende des Kalten Krieges. Ein gemeinsames Haus Europa wollte er bauen. Der Politiker suchte das Gespräch, war ein kluger Mann, kein Apparatschik und doch im Apparat. Die menschlichen Abgründe dieses Weges blieben damals verborgen, so wie immer, wenn es um die hohe Politik geht.
Regisseur Werner Herzog traf sich zu mehreren Gesprächen mit Michail Gorbatschow, beide hatten einen Knopf im Ohr, so konnte Herzog in seinem deutschen Englisch, Gorbatschow aber Russisch sprechen. Gemeinsam zeichnen sie die Lebensgeschichte des 1931 als Bauernbub Geborenen nach, dazwischen gibt es historisches Material, auf dem Gorbatschow noch jung, klug und unternehmungslustig ist. Heute ist er ein immer noch kluger aber auch vom Leben gezeichneter Mann, an dessen Beispiel sich mehr als Weltgeschichte lernen lässt. Und zwar, dass Politik nicht nur von Opportunisten gemacht wird sondern auch von Menschen, die Visionen haben.
„Meeting Gorbachev“ (DE/GB/USA 2018), 96 Min., Regie: Werner Herzog, André Singer. Bewertung: Auf jeden Fall sehenswert (Nur mehr am Montag und Dienstag)
Was es sonst noch gibt: Kubricks „Dr. Strangelove“( nur heute 10.30h) , „Parasite“
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