Schuldirektoren im Rathaus
Künftig dürfen auch Schuldirektoren Bürgermeister, Referenten in Gemeinden über 20.000 Einwohnern und Präsidenten von Bezirksgemeinschaften werden.
von Artur Oberhofer
Die heiße Kartoffel wird bereits am Mittwoch in der Sitzung der Ersten Gesetzgebungskommission des Südtiroler Landtages behandelt: Es geht um die Unvereinbarkeit des Amtes eines Schuldirektors bzw. einer Schuldirektorin mit dem Amt eines Bürgermeisters.
Bislang war es in Südtirol Schuldirektoren nicht gestattet, das Amt des Bürgermeisters auszuüben. Schulleiter durften auch nicht Referenten in Großgemeinden oder Präsident einer Bezirksgemeinschaft werden.
Im Artikel 9 des entsprechenden Landesgesetzes heißt es:
„Mit dem Amt eines Schuldirektors/einer Schuldirektorin sind die Ämter eines Bürgermeisters/einer Bürgermeisterin einer Gemeinde, eines Assessors/einer Assessorin einer Gemeinde mit mehr als 20.000 Einwohnern, eines Präsidenten/einer Präsidentin einer Bezirksgemeinschaft, eines gemeindeeigenen Betriebes oder einer Sanitätseinheit unvereinbar. Der Schuldirektor/die Schuldirektorin, der/die eines der genannten Ämter ausübt, wird für die gesamte Zeit seiner/ihrer Berufung in unbezahlten Wartestand versetzt.“
Die SVP will den Artikel 9 nun aus dem Gesetz streichen.
Da dies nur wenige Monate vor den Gemeinderatswahlen geschieht, schrillen bei der Opposition die Alarmglocken. „Wir möchten von der Volkspartei wissen, auf wen diese Gesetzesänderung zugeschnitten ist“, sagt nicht ohne Polemik die Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit Myriam Atz Tammerle.
SVP-Obmann Philipp Achammer dementiert auf Anfrage der TAGESZEITUNG eine wie auch immer geartete Anlass- oder Freunderlgesetzgebung. Die Unvereinbarkeit zwischen der Funktion eines Schuldirektors mit leitenden Gemeindeämtern gebe es in Restitalien nicht. Daher sei parteiintern bereits vor den letzten Wahlen die Frage aufgekommen, warum Südtirol päpstlicher als der Papst sein sollte. „Wir haben daher ein Gutachten der staatlichen Antikorruptionsbehörde angefordert“, erklärt der SVP-Chef, „und laut diesem Gutachten besteht keine Unvereinbarkeit.“
Aus diesem Grund wolle die SVP den Passus aus dem Gesetz streichen. „Es ist ja ein Irrsinn“, findet Philipp Achammer, „dass ein Schuldirektor im Ahrntal nicht Bürgermeister im Sarntal werden kann.“ Die STF-Politikerin Atz Tammerle hält dagegen: „Wir müssen schon Filter einbauen, damit der Bürgermeister einer Gemeinde nicht gleichzeitig Entscheidungen über die Schule, die er leitet, trifft.“
Wenn es in der Kommission keine Überraschungen mehr gibt, können also künftig in Südtirol auch Schuldirektoren Bürgermeister oder Gemeindereferenten werden, ohne sich für die Dauer ihres politischen Mandats in den unbezahlten Wartestand versetzen zu lassen.
Die Frage ist nur: Warum wurde diese Unvereinbarkeit dann überhaupt gesetzlich festgeschrieben?
Ähnliche Artikel
Kommentare (6)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
erich
Das hört sich an als wären die Direktoren in ihren Tätigkeiten unterfordert. Was passiert wenn in einem Betrieb die Mitarbeiter unterfordert sind? Dann wäre es höchste Zeit den Chef auszutauschen. Bei den vielen Baustellen in der Bildungspolitik sollte das zu denken geben.
unglaublich
Bemerkenswerter Gesetzesvorschlag! Die SVP geht anscheinend davon aus, dass es die Schuldirektoren in der Schule gar nicht braucht.
george
SVP-Vetternwirtschaft.
leser
Offensichtlich hat man angst dass die resourcen der parteisoldaten ausgehen und beugt vor