Lachen
„Lieben“ und „Sex“ waren die ersten Teile einer Ausstellungstrilogie im Innsbrucker Taxispalais zu utopischen Momenten von Alltagspraktiken . Nina Tabassomi komplettiert diese nun mit einer Ausstellung über das Lachen.
Der Akt des Lachens ereignet sich in Grenzsituationen. Es entspringt ihnen und erzeugt sie zugleich. Mit den Ordnungen des Bekannten brechend, kann Lachen etablierte Strukturen in anarchische Krisen führen und Umsturz evozieren. Lachen ist physisch, psychisch und sozial. Es pendelt zwischen Widersprüchen, kippt von einem Phänomen in ein anderes. Gegensätze lässt das Lachen dabei auf unheimliche Art verschmelzen: Es ist zugleich kommunikativ und Kommunikation unterbrechend, Ausdruck von Kontrollverlust und gleichzeitig der Versuch eine unsichere Situation zu kontrollieren, lustvoll und verstörend, die Folge von Gefühlen und löst simultan starke Gefühle aus.
Lachen setzt ein, wenn die Sprache versiegt. Auch seine Definition entgleitet dem Definitiven. Ähnlich wie die Gegenwartskunst versucht das Lachen sich freizuspielen von den gesellschaftlichen Gesetzen und Konventionen, auf deren Folie es entsteht. Befinden wir uns beim Lachen in einer Zone der Autonomie, wie sie der Kunst zugeschrieben wird? Wenn ja, inwieweit dämmt dieser angenommene Freiraum des Lachens zugleich seine Wirkmächtigkeit ein? Antonia Baehr, Iman Issa, Stefan Klampfer, Sophia Mairer und Roee Rosen konfrontieren die Ambivalenzen des Lachens mit der paradoxalen Verfasstheit von Fotografie, Malerei, Performance, Skulptur, Ton, Video und Zeichnung.
Die eigens für die Ausstellung entstandenen Fotografien und Skulpturen von Stefan Klampfer sind durchlässig für andere Medien und eröffnen ein Dazwischen von abstrakt und figurativ, das die Bildorientierung nonchalant desorientiert. Sophia Mairers Malereien, ebenfalls für LACHEN produziert, rhythmisieren die Architektur des TAXISPALAIS anarchisch. Sie haben sich gegenseitig angesteckt, schwingen um goldene Stangen, gruppieren sich, flirten mit dem Boden oder nisten sich in Fensterrahmen ein. Lachen in seiner korporalen und lautlichen Dimension untersucht Antonia Baehr in ihrer Sammlung aus Partituren, Tonaufzeichnungen des Klangs von Lachen und in ihren Videos: Welche Möglichkeiten gibt es, Lachen zu notieren? Welche Symphonie entsteht, wenn individuelle Lachartikulationen von anderen Individuen verkörpert und appropriiert werden? Oder welche klanglichen und physischen Variationen werden hervorgebracht, wenn die Künstlerin einen ganzen Tag lang lacht? In den für die Ausstellung entstandenen Displays von Iman Issa werden museale Konventionen des Zeigens, Bewahrens und Wahrnehmens aufgerufen. Inkongruenzen zwischen den zusammengehörenden Objekten und Texten, zwischen vermeintlich Erinnertem und Sichtbarem durchkreuzen humorvoll die etablierten Ordnungen und ermöglichen dem unkontrollierbaren Surplus darin hervorzutreten. In Roee Rosens Video erscheint das Lachen in einer Stand-up-Comedy als dysfunktionaler Akt mit Verstörendem und Verbotenem umzugehen. Doch was passiert, wenn dieser Bewältigungsmechanismus scheitert?
Die Ausstellung „Lachen“ ist das letzte Kapitel einer Ausstellungstrilogie zu Alltagspraktiken, denen ein utopisches Moment innewohnt. Die Reihe begann 2018 mit den Ausstellungen „Lieben“ und „Sex“. Kuratiert von Nina Tabassomi
Termin: Bis 15. März im Taxispalais Kunsthalle Tirol. www.taxispalais.art
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