Cannabis auf dem Balkon
Das Kassationsgericht hat in einem Urteil verfügt, dass der Anbau von minimalen Cannabismengen für den Eigengebrauch erlaubt ist. Aber was bedeutet das jetzt konkret?
von Lisi Lang
Dieses Urteil des Kassationsgerichts hat nicht nur in Italien für Aufsehen gesorgt. Das Oberste Gericht in Rom hat kurz vor Weihnachten ein Urteil erlassen, das den Anbau von Cannabis zu Hause in minimalen Mengen zum Eigenkonsum für zulässig erklärt. Und das obwohl der Anbau auch für den Eigengebrauch eigentlich per Gesetz verboten ist.
Da die Urteilsbegründung erst noch hinterlegt werden müsse, könne man zu den Details der Entscheidung aktuell noch wenig sagen, meint SVP-Parlamentarierin Renate Gebhard. „Jedenfalls stellt das Urteil ein Novum in der italienischen Rechtsprechung dar“, sagt die SVP-Parlamentarierin.
Aber was bedeutet dieses Urteil jetzt konkret? Darf man künftig für den Eigengebrauch Cannabis auf dem eigenen Balkon oder im Garten anpflanzen? Jein! „Dieses Urteil bedeutet nicht, dass sich die gesetzliche Lage geändert hat“, unterstreicht Renate Gebhard. Der Anbau von Cannabis ist auch für Eigengebrauch nach wie vor verboten. „Das Urteil ist für andere Gerichte nicht per se bindend“, sagt Renate Gebhard.
Aber: „Da es sich um eine Entscheidung der Vereinigten Sektionen des Kassationsgerichtshofes handelt, ist davon auszugehen, dass sich Gerichte in Zukunft daran orientieren werden, sofern es nicht, wie bereits passiert, erneut zu einer Kehrtwende seitens des Kassationsgerichtshofes kommt“, erläutert die SVP-Parlamentarierin. Heißt um Umkehrschluss, dass die Gerichte diesem Urteil folgen dürften und man sich als Konsument demnach nicht mehr strafbar macht, wenn es sich um kleine Mengen handelt.
Das bahnbrechende Urteil wurde gefällt, nachdem sich der Besitzer zweier Marihuanapflanzen wegen seiner Verurteilung an das Oberste Gericht gewendet hatte.
Im Urteil ist allerdings weder genau festgeschrieben, was das Kassationsgericht unter „minimalen Mengen für den persönlichen Gebrauch einer einzelnen Person“ versteht, noch was man sich unter dem Ausdruck „mit rudimentären Mitteln hergestellt“ vorstellen soll. Auch wird kein THC-Gehalt festgelegt, ab welchem das Produkt als Droge zu bezeichnen und somit verboten ist. Bisher galt für das sogenannte Cannabis light ein THC-Wert von 0,6 Prozent. „Um Näheres sagen zu können, muss man die Urteilsbegründung abwarten. Das Gericht hat aber auf jeden Fall einen konkreten Fall bewertet und nicht allgemeine Kriterien festgelegt“, erläutert Renate Gebhard.
Da im Urteil vieles nicht genau festgeschrieben ist, besteht nun sozusagen eine rechtliche Grauzone. Wird nun die Politik reagieren und ein entsprechendes Gesetz verabschieden müssen? „Wie so oft in Italien ist auch in dieser Materie das Gericht dem Gesetzgeber zuvorgekommen. Durch dieses Urteil ist der Gesetzgeber in Zugzwang gekommen und ich gehe davon aus, dass es bald zu einer legislativen Maßnahme kommen wird, um Rechtssicherheit zu schaffen“, schätzt die SVP-Parlamentarierin. Entsprechende Gesetzesvorschläge liegen ja bereits seit Längerem vor, wobei erst neulich ein Abänderungsantrag der Fünf-Sterne-Bewegung zum Haushalt, der den Verkauf von Cannabis light in den Marihuana-Shops erlauben sollte, von Senatspräsidentin Maria Elisabetta Alberti Casellati für nicht zulässig erklärt wurde.
Das Thema Cannabis-Legalisierung ist politisch schon seit geraumer Zeit ein heißes Eisen. Aber während beispielsweise die Fünf-Sterne-Bewegung das Urteil begrüßt, kündigt die Lega um den ehemaligen Innenminister Matteo Salvini Widerstand an, man werde den Drogenhandel jederzeit und überall bekämpfen.
Die Legalisierung von Cannabis wird daher im neuen Jahr ganz sicher zur politischen Streitfrage werden. „Es haben nicht alle Regierungsparteien eine einheitliche Meinung dazu“, weiß die SVP-Parlamentarierin, die eine Legalisierung von leichten Drogen, auch nur für den Eigengebrauch, sehr kritisch sieht. „Cannabis für therapeutische Zwecke befürworte ich“, ergänzt Gebhard.
Die SVP-Parlamentarierin glaubt trotz allem, dass die derzeitige Regierung die notwendige Mehrheit für ein entsprechendes Gesetz hätte, „Vertreter der 5Sterne aber auch von LEU und +Europa haben sich ja bereits positiv dazu geäußert“.
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