„Kämpfer mit weichem Herz“
Am Samstag ist der Theatermacher Rudi Ladurner in Meran zu Grabe getragen worden. Ein Nachruf von Manfred Schweigkofler.
Am Samstag ist Rudi Ladurner beerdigt worden.
Der Meraner Theatermacher ist in dieser Woche seinem Krebsleiden erlegen.
Manfred Schweigkofler hat auf Facebook einen NAchruf veröffentlicht:
„Das erste Mal sah ich Rudi auf Schloss Maretsch, zwischen den Gestängen der Tribünen, wie er sich zum Lichtpult bewegte: „Die wahre Geschichte des AhQ“ mit den Marinis und Luis Benedikter.
Für mich eine Augenöffnerproduktion. Ich war damals Lehrer in der Gewerbeoberschule, Theaterliebhaber, und hatte mitbekommen, hier wollte man etwas Neues schaffen in und für Südtirol, diese Produktion sollte der Auftakt sein für einen neuen – professionellen – Aufbau des Theaters in Südtirol, das war Anspruch und Vision (die Bozner Theatergruppen gab es noch nicht oder sie waren mit sich selber beschäftigt). Und ich schaute ehrfurchtsvoll zu diesem Rudi Ladurner hinüber; das war er also, der, der aus Wien aufgebrochen war, um das Theater in Südtirol in Gang zu bringen. Ich traute mich nicht, ihn begrüßen zu gehen.
Im darauffolgenden Herbst stand ich dann selber zum ersten Mal auf einer Theaterbühne; durch die Vermittlung von Luis Benedikter gab mir Franco Marini eine erste kleine Rolle in „Zwölfeleitn“ von Unger, Nikolaussaal Meran. Rudi kam, sah und engagierte mich gleich für seine 2. Arbeit in Südtirol: „Passage“ von Christoph Hein, die wir im Bozner Telser-Theater aufführten. Ich war 24 und er gab mir … Christoph Hein! Er hatte – das zeichnete ihn aus – immer größtes Vertrauen „in die Jungen“, er war risikobereit, wollte Chancen geben und zulassen.
Das war der Auftakt zu einer intensiven Zusammenarbeit. Die „Ladurner“-Truppe produzierte, und wie: „Der nackte Wahnsinn“, „Leonce und Lena“ im Nikolaussaal, „Die Nashörner“. Wir waren – in der Tradition des Theaters in der Klemme, der Marinis, Klaus Rainer, – die „Linken“ und verstanden uns auch als die „Guten“, die Fortschrittlichen im Südtiroler Theater. Damals war Theater ja noch politisch, wir waren die in klarer Abgrenzung zur „Heimat-Kultur“ von Landesrat Zelger. Theater war Mission. Das „Zeittheater“ entstand, dann das „Theater in der Altstadt“. Rudi war der erste Regisseur der Kleinkunstszene Bozen, die wir 1989 in Bozen gründeten: „Minidramen“, im ehemaligen Miró in Bozen. Und immer wieder Theater spielen mit Rudi: „Fräulein Julie“, Schnellwürfe wie „Hermannsschlacht“ oder unsere Version der „Dreigroschenoper“ mit Helga Plankensteiner, Michi Lösch, Erwin Windegger, Barbara Zanetti.
Rudi war immer da, in seinem Theater. Ein Fanatiker, der vom ersten Tag an polemisch sagte: „I loss es“, der es aber niemals ließ und jahrzehntelang weitermachte.
Und der Talent um Talent für die Südtiroler Theaterszene entdeckte. Weil er ihnen zutraute, weil er in ihnen Potentiale sah, die sie sich selbst gar nicht zutrauten. Rudi hat nicht nur ein Theater aufgebaut und geleitet, er hat Menschen angeleitet, ihre eigenen Fähigkeiten zu entfalten. Ein Pessimist, der an die Menschen (nicht an die Menschheit) geglaubt hat. Ein Kämpfer mit einem weichen, väterlichen Herz. Der auch immer Zeit hatte, zu fragen, wie es denn der Familie geht, den Kindern…
Mit Rudi konnte man genial gut streiten, denn streiten, debattieren gefiel ihm fast noch besser als inszenieren. Diskutieren hatte einen ihn motivierenden Wert in sich und Rudi konnte zu jedem Wort, das auch nur zufällig fiel, aus dem Stand eine Roh-Apokalypse formulieren, für die er sich vehement ins Zeug legen konnte. Diskursive Gegenargumente peitschten ihn nur noch mehr an. Aber jeder Gedankenaustausch endete bei Rudi – so wie jede Probe – immer versöhnlich.
Der langanhaltende Applaus in der Untermaiser Pfarrkirche gestern war eine ehrliche Verneigung der Theaterfamilie (die es ja nur bei Beerdigungen gibt) vor einem großartigen Menschen, der – ja, unermesslich viel für das Theater in Meran und ganz Südtirol getan hat, aber noch mehr – jeden von uns durch sein unnachgiebiges Vertrauen in jeden einzelnen Menschen bereichert hat. Danke Rudi.“
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