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„Den Linken auf die Finger klopfen“

Der Chef des Team K, Paul Köllensperger hat Sympathien für die neue Bewegung der Sardinen, weil sie die Linksparteien aus dem Dornröschenschlaf reißt. Er bezweifelt aber, dass die Bewegung auch die deutschsprachigen Südtiroler begeistern kann.

TAGESZEITUNG Online: Herr Köllensperger, was halten Sie von der Bewegung der Sardinen?

Paul Köllensperger: Ich sehe eine gewisse Analogie zur Friday-for-Future-Bewegung, es gibt auch personelle Überschneidungen. Ich finde es insgesamt ganz gut, wenn von unten herauf eine Bewegung wächst, die im Grunde genommen den Linksparteien auf die Finger klopft, also jenen Parteien, die seit Jahren einen Dornröschenschlaf schlafen und es nie schaffen würden, von innen heraus so eine Bewegung auf die Beine zu stellen und die Plätze zu füllen.

Die Hoheit über die Plätze hatte bis vor kurzem die 5-Sterne-Bewegung …

Die 5-Sterne-Bewegung hat diese Hoheit und den Zulauf unter den jungen Leuten verloren …

Weil die Grillini inzwischen zum Establishment gehören?

Die 5-Sterne-Bewegung hat den Menschen eine Story erzählt, dass sie Antisystem sind. Sobald die Bewegung dann selbst zum System wurde, hatte sie keine Story mehr zu erzählen. Die 5-Sterne-Bewegung stimmt jetzt kontinuierlich für Dinge, die sie vor kurzem noch verdammt hat, denken Sie nur an die Ilva, an MES, an die Hochgeschwindigkeitsstrecken …

Ist das der Preis der Macht?

Es ist der Preis dafür, wenn man leichtfertige Populismus in ein Wahlprogramm schreibt und dann draufkommt, dass man die ganzen Versprechen nicht einlösen kann. Matteo Salvini macht es geschickter, denn er geriert sich als Kämpfer, der Italien vor den Bösen schützt, ob das nun Europa oder die Einwanderer sind. So etwas funktioniert, erst recht wenn man das Innenministerium in ein Propagandaministerium umwandelt. Ich beobachte die Sardinen daher mit Sympathie, weil sie gegen einen Rechtspopulismus auftreten, der nur von Feindbildern lebt.

Sehen Sie als ehemaliger Grillino auch Analogien zwischen den Sardinen und der 5-Sterne-Bewegung?

Ich glaube, dass viele Leute, die jetzt mit den Sardinen auf den Plätzen stehen, vorher mit der 5-Sterne-Bewegung auf den Plätzen waren.

Wären Sie nicht einen eigenen Weg gegangen, wären Sie jetzt auch ein enttäuschter Grillino und eine Sardine?

Ich habe versucht, einen moderaten Weg zu gehen und bin bis jetzt gut damit gefahren. Mein Ziel war es, in Zeiten, wo die großen Volksparteien Konsens verlieren, eine gemäßigte, liberaler Alternative anzubieten, die weder links- noch rechtspopulistisch ist.

Was trauen Sie den Sardinen zu?

Man muss jetzt sehen, was sie konkret anzubieten haben. Ich finde es, wie gesagt, gut, dass sie die linken Parteien aufrütteln. Allerdings ist mir noch nicht klar, was sie genau wollen, außer Salvini zu verhindern.

Wie werden die Linksparteien mit den Sardinen umgehen?

Ich denke, dass sie versuchen werden, die Sardinen zu vereinnahmen. Wenn das gelingt, dann nimmt man den Sardinen den Wind aus den Segeln.

Foto: FB/Sardinen Bz

Also könnte es sich bei den Sardinen auch nur um ein Strohfeuer handeln?

Gute Frage. Bei solchen Bewegungen, die keine Struktur haben, kommt es darauf an, ob sie charismatische Figuren haben, die die Motivation hochhalten können. Solange aber die Linksparteien in Italien kein Lebenszeichen von sich geben, ist für so eine Bewegung viel Raum. Die Frage ist, was die Sardinen draus machen.

In Südtirol sind die Sardinen noch ein sehr italienisches, urbanes Phänomen …

Südtirol ist immer ein eigenes Pflaster, das man mit dem restlichen Italien nicht vergleichen kann. In Südtirol haben die Sardinen in Bozen Zulauf bei den Italienern. Bei den Deutschen kommt die Kontraposition zu Salvini nicht überall an, denn wir wissen, dass bei den EU-Wahlen gar einige Deutsche Salvini gewählt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sardinen bei den deutschsprachigen Südtirolern auf fruchtbares Terrain stoßen werden. Viel hängt davon ab, ob sie eine glaubwürdige, deutschsprachige Führungspersönlichkeit finden, die mitmacht.

Viele empfinden es aber als wohltuend, zu sehen, dass es auch ein Italien gibt, das nicht Lega wählt …

Deswegen ist mir diese Bewegung auch sympathisch. Es gibt viele junge Leute, die gegen eine Politik mit Hassparolen und Fremdenfeindlichkeit sind. Deswegen wünsche ich der Bewegung alles Gute.

Interview: Artur Oberhofer

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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