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„Südtirol ist sehr rot“

Magdalena Amhof

Die neue SVP-Arbeitnehmer-Chefin Magdalena Amhof will dem sozialen Flügel der Volkspartei wieder Selbstbewusstsein einhauchen – auch wenn sie weiß, dass Südtirol historisch und mentalitätsmäßig von der Landwirtschaft geprägt ist.

TAGESZEITUNG Online: Frau Amhof, darf man Ihnen gratulieren oder muss man mit Ihnen Mitleid haben?

Magdalena Amhof (lacht): Man darf gratulieren, aber selbstverständlich ist es eine große Herausforderung.

Haben Sie für das Amt der SVP-Arbeitnehmer-Chefin kandidiert, weil sonst niemand gewollt hat, oder weil sie Lust auf das Amt hatten?

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich anfangs durchgerungen habe, weil ja jemand die Verantwortung übernehmen muss. Also habe ich gesagt: Gut, ich mach’s! Je mehr Zeit vergangen ist, desto mehr habe ich Lust bekommen. Und jetzt habe ich eine große Freude, dass es so gut gelaufen ist und bin voll motiviert.

Auf Sie kommt Mehrarbeit zu?

Ja, eine Bewegung zu führen, hat viel mit Beziehungsarbeit zu tun, es geht um Rückkoppelung mit den Bezirksausschüssen, mit den Gemeindevertretern. Das ist Beziehungspflege, und diese Arbeit kommt jetzt neben der politischen Tätigkeit noch hinzu.

Die SVP-Arbeitnehmer sind inzwischen die ohnmächtigste Strömung innerhalb der SVP …

(lacht) Ganz so schlimm ist es nicht. Denken Sie an die letzte Woche, wo wir gar einige Akzente ins Haushaltsgesetz einbauen konnten. Ohnmächtig sind die SVP-Arbeitnehmer also nicht, aber ich bin so selbstkritisch zu sagen, dass wir viel selbstbewusster auftreten können. Auch kantiger können wir sein. Und ganz wichtig ist: Wir müssen auch nach außen hin einen besseren Zusammenhalt demonstrieren. Das war bis jetzt nicht immer der Fall.

Welche sind denn die großen Themen der Arbeitnehmer-Chefin Amhof?

Das Wohnen steht ganz oben auf der Agenda, dann die Bereiche Gesundheit und Soziales mit dem Schwerpunkt Pflegesicherung. Unsere Querschnittthemen sind die Familie, die Weiterbildung, die Bildung und die Nachhaltigkeit, die früher Umwelt geheißen hat (lacht).

Welche Akzente wollen sich im Bereich Wohnen setzen?

Nach dem Raumordnungsgesetz muss jetzt das Wohnbauförderungsgesetz kommen, wobei wir innerhalb der SVP-Arbeitnehmer noch eine einheitliche Linie finden müssen. Ich bin nämlich der Meinung, dass wir die Hebel insbesondere beim Mietmarkt ansetzen müssen ...

Was meinen Sie damit?

Wir haben in Südtirol eine hohe Eigenheimquote von über 70 Prozent. Das ist gut so, auch für die Altersvorsorge. Aber gleichzeitig braucht es neben dem Wohnbauinstitut auch noch Wohnungen für Leute, die kein Eigenheim wollen, weil sie sich die Bürde des Kredites nicht aufhalsen oder weil sie keinen fixen Wohnsitz wollen. Für diese Leute sind die Mieten zu teuer, daher muss man überlegen, wie man einen attraktiven Mietwohnungsmarkt schaffen kann. Das wird einer der Schwerpunkt sein.

Die SVP-Arbeitnehmer wurden von Silvius Magnago gegründet, um die Gründung einer sozialdemokratischen Partei zu verhindern. Wie rot ist Südtirol?

Südtirol ist in weiten Teilen schon sehr rot!

Echt?

Ja, wobei es sich vielleicht nicht so sehr um das Rot der Sozialdemokratie handelt, sondern um das christlich-soziale Rot. Dieses Rot ist in Südtirol weit verbreitet, auch wenn sich dies nicht immer in Wählerstimmen niederschlägt …

Das ist das leidige Problem der SVP-Arbeitnehmer …

Ja, das hat damit zu tun, dass Südtirol historisch und mentalitätsmäßig von der Landwirtschaft geprägt ist. Ganz viele Arbeitnehmer kommen von einem Bauernhof, wählen im Zweifel immer noch Bauern. Allerdings haben die Südtiroler eine sehr soziale Einstellung und einen großen Gerechtigkeitssinn.

Wenn Sie sich die Sympathiewerte der Sozialdemokraten in Österreich oder Deutschland ansehen, muss Ihnen schwindelig werden?

(lacht) Ja, echt! Insgesamt haben wir die Tendenz, dass die Volksparteien an Konsens verlieren, die sozialdemokratischen Parteien noch etwas mehr. Ich denke, das hängt auch ein bisschen damit zusammen, dass Menschen von Menschen vertreten werden wollen, mit denen sie sich identifizieren können. Wir haben in der Politik fast ausschließlich Akademiker und müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu weit von den Menschen entfernen.

Sind die SVP-Arbeitnehmer, die ja in der Regierung sitzen, nicht zu viel mit der Macht verbandelt, als dass sie wirklich die Interessen des kleinen Mannes vertreten können?

Wir vertreten auf jeden Fall die Interessen der sozial Schwächeren, der Lohnabhängigen und der Gruppierungen, die keine Lobbyorganisationen haben. Das kann man auch machen, wenn man in der Regierung sitzt. Seit es die Arbeitnehmer gibt, haben wir immer in der Regierung gesessen. Aber wir treten nicht laut polternd auf wie die Opposition, sondern schauen, dass wir bereits im Rahmen der Vorfeldarbeit die Interessen der Arbeitnehmer vertreten können.

Interview: Artur Oberhofer

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