Arnos Deal
Unterstaatssekretär Riccardo Fraccaro und LH Arno Kompatscher haben in einem Vier-Augen-Gespräch eine Strategie vereinbart, mit der kostspielige Verfahren vor dem Verfassungsgericht vermieden werden sollen. Die Hintergründe.
von Matthias Kofler
Beide Seiten haben über den Inhalt der Gespräche Stillschweigen vereinbart. Deshalb gab es auch weder eine Pressemitteilung noch Fotos vom Vier-Augen-Gespräch, das Unterstaatssekretär Riccardo Fraccaro und Landeshauptmann Arno Kompatscher am 16. November in Bozen geführt haben. Fraccaro ist seit der Regierungsumbildung im August der starke Mann im römischen Kabinett. Als rechte Hand von Ministerpräsident Giuseppe Conte ist der Trentiner Fünf-Sterne-Politiker für das Protokoll der Regierungssitzungen verantwortlich. Und es obliegt ihm, auf Antrag von Regionenminister Federico Boccia die Dekrete zur Anfechtung von Landes- und Regionalgesetzen zu unterzeichnen.
Fraccaro versicherte Kompatscher gegenüber, dass der Movimento 5 Stelle keine autonomiefeindliche Partei sei. Im Gegenteil: Es sei das Bestreben der neuen Regierungskoalition, kostspielige Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, wie es sie in der Vergangenheit zuhauf gegeben hat, in Zukunft zu vermeiden. Dies sei freilich auch im Interesse des Landes, erwiderte Kompatscher. Der LH weiß: Anfechtungen von Landesgesetzen können in ihren Auswirkungen katastrophal fürs Land sein. Wird nämlich einmal vom Verfassungsgericht im Zuge der Annullierung einer landesgesetzlichen Bestimmung festgestellt, dass Südtirol die entsprechende Zuständigkeit nicht hat, bleibt das für immer in Stein gemeißelt – außer es wird die Verfassung bzw. das Autonomiestatut geändert.
Aus diesem Grund will der LH, wo immer es geht, negative Urteile des Verfassungsgerichtes vermeiden. Gleichzeitig ist Kompatscher überzeugt, dass es ihm in seiner bisherigen Amtszeit mit Diplomatie und zähen Verhandlungen gelungen ist, die Autonomie zu stärken. Mit Stolz blickt er auf die Absicherung der Finanzautonomie durch den Garantiepakt samt Notenwechsel und positive Urteile des Verfassungsgerichts, auf die Wiederherstellung verlorengegangener Zuständigkeiten durch 20 Durchführungsbestimmungen und auf den zweimaligen Notenwechsel zwischen Italien und Österreich zurück.
Der Deal, den der LH im November mit Unterstaatssekretär Fraccaro ausverhandelt hat, dürfte sich nahtlos in diese Liste der autonomiepolitischen Erfolge einordnen. Denn: Der Grillino sicherte Kompatscher zu, dass er dem Land frühzeitig Bedenken an Landesbestimmungen seitens der römischen Ministerien und Ämter mitteilen werde. Rom und Bozen erhalten somit die Möglichkeit, Gesetzesartikel, die Unstimmigkeiten aufweisen oder rechtlich auf wackligen Beinen stehen, im Einvernehmen abzuändern. Ein teurer Gang vor Gericht ist somit nicht mehr notwendig.
Bislang scheint die Kompatscher-Fraccaro-Strategie aufzugehen. Ende November hat der Ministerrat entschieden, das im Spätsommer vom Landtag verabschiedete Omnibus-Gesetz nicht anzufechten. Dem fürs Land erfreulichen Beschluss waren Gespräche zwischen den Landesräten Philipp Achammer, Arnold Schuler, Giuliano Vettorato und Thomas Widmann und den römischen Ministern (im konkreten Fall mit Sanitätsminister Roberto Speranza, Verwaltungsministerin Fabiana Dadone und Justizminister Alfonso Bonafede) vorausgegangen, in denen etwaige Verfassungswidrigkeiten beseitigt werden konnten. In einem Schreiben teilte LH Arno Kompatscher dann Unterstaatssekretär Fraccaro mit, dass der Landtag die ausverhandelten Abänderungen am Ombibus-Gesetz vornehmen werde, wodurch eine Anfechtung verhindert werden konnte.
„Einige Punkte konnten wir vorab klären, bei einem Punkt ist eine technische Anpassung vereinbart worden“, erklärt Bildungslanderat Achammer.„Es ist absolut begrüßenswert, wenn der LH einen guten Draht zu den Ministerien in Rom pflegt und man versucht, mit dem Hausverstand Kompromisse zu erzielen, um kostspielige Verfahren vor dem Verfassungsgericht zu verhindern“, sagt Senatorin Julia Unterberger. Die SVP-Parlamentarier pflegten „optimale Beziehungen“ zum PD, auch das Verhältnis zum Movimento 5 Stelle habe sich mittlerweile gebessert. Gleichwohl sei es seit jeher gängige Praxis, dass die Ministerien und die Beamten in Rom Bedenken über mögliche Kompetenzüberschreitungen seitens des Land äußern würden – unabhängig davon, welche Parteien gerade an der Regierung sind.
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Kommentare (9)
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sepp
Och vogess mo die arno deals kenn mo woll olla a pfifferling wert
sabine
Frage mich nur, wo das alles noch hinführen soll. Zweisprachigkeit und Proporz bestehen fast nur mehr auf dem Papier, und Rom diktiert unsere Landesgesetze, ohne den geringsten Widerstand. Zur Weiterentwicklung braucht es auch Konfrontation, und nicht nur Kuschelkurs. Seit der Alt LH nicht mehr ist mache mir grosse Sorgen um unsere Autonomie.