Wurde der Flughafen verscherbelt?
Im Rechtsstreit um die Vergabe des Bozner Airport an die ABD Holding beantragen die 576 Kläger ein Gutachten zum Vermögenswert der verkauften Flughafen-Gesellschaft. Doch bereits jetzt gibt es ein heftiges Zahlen-Gefecht.
Von Thomas Vikoler
Neben einem Anlagevermögen von knapp 29 Millionen Lire verscherbelte das Land Südtirol über sein 100-Prozent-Aktienpaket bei der ABD Airport AG 5.345.944 Euro an liquiden Mitten. Also Geld, das man einfach so der Kasse der Bozner Flughafengesellschaft entnehmen kann. Nicht nur das: Nach dem 30. Juni dieses Jahres brachte das Land weitere 3.483.000 Euro in die ABD Airport AG ein.
In eine Gesellschaft, die Ende August um den Kaufpreis von 3,813 Millionen Euro an die private ABD Holding der Unternehmer Gostner, Benko und Haselsteiner überging.
Auf den ersten Blick beinahe unglaublich.
Diese Rechnung stellten die Anwältinnen der 576 Kläger im laufenden Verfahren vor dem Bozner Verwaltungsgericht an. Sie haben bekanntlich den Verkauf der Flughafengesellschaft samt Anlagevermögen und den Zuschlag an die ABD Holding angefochten.
Am 27. November fand am Bozner Verwaltungsgericht eine weitere Verhandlung zu diesem umkämpften Fall statt. Renate Holzeisen, Anwältin der 576 Kläger, beantragte dabei, auf der Grundlage der obgenannten Rechnung ein Gerichtsgutachten zur Klärung des Vermögenswertes der verkauften Flughafen-Gesellschaft. Ebenso eine Überprüfung des Verkaufspreises durch die übergeordnete territoriale Körperschaft, die Region Trentino-Südtirol.
Das Team K, von dem vier Landtagsabgeordnete zu den Klägern gehören, erinnerte am Mittwoch daran, dass das Land Südtirol als Basiswert für den ausgeschriebenen Verkauf des gesamten Aktienpakets der ABD Airport AG den Betrag von 3.800.000 angesetzt habe und sich dabei auf ein nicht unterzeichnetes Bewertungsgutachten des privaten Consulting-Unternehmens Price Waterhouse stützte. Beim Team K geht man davon aus, dass die Flughafen-Gesellschaft zum Zeitpunkt des Verkaufs über neun Millionen Euro an liquiden Mitteln verfügte.
Beinahe dreimal so viel wie der Kaufpreis. Dazu kämen die Gebäude, Anlagen und Grundstücke, die voraussichtlich 20 Jahre lang von der ABD Holding genutzt werden könnten. „Es ist klar, dass die aktuell noch prekäre von Jahr zu Jahr verlängerte Konzession in eine 20-jährige Konzession umgewandelt wird, so wie dies unwiderlegbar aus den Ausschreibungsdokumenten zum Verkauf der ABD Airport AG, aus Mitteilungen der ENAC sowie aus den Jahresabschlüssen der ABD Airport AG hervorgeht“, heißt es in einer Stellungnahme des Team K. „In Anbetracht dessen, dass die Struktur des Flughafens Bozen, inklusive der 166.000 qm Grundstücke, die nach wie vor im direkten Eigentum der ABD Airport AG stehen, mit enormen öffentlichen Geldmitteln finanziert wurde (ca. Euro 150 Millionen), ist es unumgänglich dass diese Verschenkung eines öffentlichen Eigentums an Private restlos aufgeklärt und letztendlich verhindert wird“.
Doch so einfach sind die Dinge offenbar nicht. Die Gegenparteien im laufenden Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, das Land Südtirol und die ABD Holding, widersprachen der aufgestellten Vermögensrechnung und forderten die Abweisung des Antrags auf Ernennung eines Gerichtsgutachters. Ihre Anwälte erklärten in der Verhandlung von Ende November zudem, dass einige Dokumente der Kläger zu spät eingebracht worden seien. „Die Festlegung des Kaufpreises kann nicht Gegenstand der Entscheidung dieses Gerichts sein“, betonte Dieter Schramm, Anwalt der ABD Holding.
Für ihn ist die Vermögensrechnung eine ganz andere: Bei den 5,4 Millionen Euro, die am Ende des ersten Semesters 2019 in der Bilanz als liquide Mittel aufscheinen, handle es sich um Rückstellungen für die Instandhaltung des Flughafens. Also nicht um Geld, das man einfach so aus der Kasse nehmen könne (etwa um den Kaufpreis von 3,813 Millionen Euro zu finanzieren). Die 5,4 Millionen müssten, bilanztechnisch gesehen, für den erklärten Zweck der Rückstellungen herangezogen werden.
Auch der in der Bilanz aufscheinende Anlagewert von 29 Millionen Euro sei, so Schramm, differenziert zu betrachten. Die Landebahn sei bereits jetzt demanialisiert, was bedeutet, dass sie am Ende der Konzessionszeit kostenlos an den Staat (ENAC) übergeht. Dasselbe gelte für die Verlängerung der Landebahn, sollte diese einmal realisiert werden. Auch sie würde demanialisiert. Gibt es keine Pistenverlängerung, gingen die Flächen (derzeit Obstwiesen) laut Kaufvertrag an das Land über.
Also Vermögenswerte, die laut derzeitiger Rechtslage nie endgültig in das Eigentum der ABD Holding übergehen werden.
„Würde das anders sein, hätten sich viele andere Anbieter um die Übernahme des Flughafens beworben“, sagt der ABD-Holding-Anwalt, „stattdessen ist es ein Glücksfall, dass es einen Anbieter gegeben hat“. Schließlich habe die öffentliche Hand zehn Jahre lang jährlich Verluste zwischen zwei und drei Millionen Euro ausgleichen müssen.
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