J’accuse
Polanski hat mit diesem Film den Preis der Jury beim Festival in Venedig gewonnen.
von Renate Mumelter
Polanskis Film klotzt mit großen Bildern, vielen Statisten, einem Cameo-Auftritt des Regisseurs und mit einer Starre, die schwer auszuhalten ist. Das Warum für diese Starre ist schnell erklärt. Die Geschichte spielt im ausgehenden 19. Jahrhundert in Militärkreisen. Es geht um einen realen Justizskandal. Hauptmann Dreyfus war wegen Spionage zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Dass er Jude war, spielte dabei eine große Rolle. Als Major Picquart entdeckte, dass Dreyfus zu Unrecht verurteilt worden war, setzte er sich für dessen Rehabilitierung ein. Zunächst ohne Erfolg. Ihm war aber Gerechtigkeit wichtiger war als Rasse, und es gelang ihm, Émile Zola einzubeziehen. Der schrieb an den Minister und ließ den Brief unter dem Titel „J’accuse“ von einer Literaturzeitschrift veröffentlichen. Dadurch kam die Rehabilitation ins Rollen.
Die Absicht des Films also ist gut, auch will er auf den neuen Antisemitismus aufmerksam machen. Trotzdem kann Polanski nicht wirklich begeistern, zu kompliziert die Erzählweise, zu klassisch die Bilder, zu großtuerisch der Film. Und in der einzigen Frauenrolle stören Ausstattungsdetails: ein Einkaufsnetz, das es in dieser Form damals nicht gab, eine Hauptdarstellerin mit weißem Nagellack, den es frühestens 1920 gab, mit getuschten Wimpern und balsamgepflegten Haaren. Von solchen Dingen versteht Polanski (Jahrgang 1933) offensichtlich gar nichts.
„L’ufficiale e la spia“ (J’accuse“) FR 2019, 132 Min., Regie: Roman Polanski. Bewertung: Nicht wirklich überzeugend
Was es sonst noch gibt: „Alkohol – der globale Rausch“ (auch in Meran SA, SO), „Marianne & Leonard. Words of love“, „Parasite“ (Meran SA, SO), „Systemsprenger“ (Kaltern SA, SO)
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