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Die Tiroler Henker

In Tirol wurden zwischen 1497 und 1787 über 1.500 Menschen durch den Henker hingerichtet. Nun gibt es eine TV-Doku über die Scharfrichter von Meran und Hall.

Die Scharfrichter haben in der Tiroler Landesgeschichte eine beeindruckende Blutspur hinterlassen: Zwischen 1497 und 1787 wurden in Tirol 1.500 Menschen durch den Henker getötet. Mörder. Landesverräter. Diebe. Und andere Delinquenten.

Der sadistischen Phantasie im Namen des Kaisers oder der Kaiserin, der Gerichte, der Kirche oder des Volkes waren keine Grenzen gesetzt.

Die „Malefikanten“ – so wurden die zum Tode Verurteilten genannt – wurden enthauptet, gehängt, gerädert, verbrannt, ertränkt.

Hinrichtungen hatten Volksfest-Charakter.

Der damalige Zeitgeist war vom Sühnegedanken geprägt.

Das kollektive Credo lautete: Nur eine öffentliche, qualvolle Hinrichtung könne einen Verbrecher zur Reue führen und diesen selbst als „armen Sünder“ vor dem ewigen Höllenfeuer retten – und alle anderen Sünder abschrecken!

Artur Oberhofer, Manfred Unterpertinger und Rik Van den Driesch haben jetzt im Auftrag von Rai Südtirol ein von der Geschichtsforschung bislang eher stiefmütterlich behandeltes Kapitel der Geschichte Tirols aufgearbeitet und beleuchtet.

In einer 50 Minuten langen TV-Doku wird das Sozialmilieu dargestellt, in dem die Tiroler Scharfrichter wirkten. Das abgearbeitete Fragenspektrum ist breit: Waren Henker Monster? Wie konnten sie diesen Job ertragen? Warum lebten die Scharfrichter am Rande der Gesellschaft? Warum waren viele Henker im Nebenberuf Zuhälter? Warum konnte sich in Tirol der Tötungstrieb im Namen des Volks entfalten? Warum waren Sensationsgier und Schaulust so ausgeprägt?

Drehbuch-Autor Artur Oberhofer erklärt:

„Es entsteht das Geschichtsbild einer ,gütigen Landesmutter’ Kaiserin Maria Theresia, die noch im Jahr 1764 aufrührerische Bauern hinrichten lässt. Und es wird das bisher kolportierte Bild der ,humanen Tiroler Rechtssprechung‘ widerlegt, wenn man erfährt, dass beispielsweise im Jahr 1680 ein 12-jähriges Mädchen und sein 14-jähriger Bruder wegen Mittäterschaft bei der Zauberei ihrer Mutter geköpft wurden, dem Jungen wurde vorher sogar eine Hand abgehackt.“

Rik Van den Driesch, Franz Graf Spiegelfeld, Artur Oberhofer, Manfred Unterpertinger und Markus Perwanger

Vor wenigen Tagen fand auf Schloss Schenna im kleinen, aber feinen Kreis die exklusive Premiere des Films statt (mit anschließender und vorzüglicher Marende im Wirtshaus Thurnerhof in Schenna).

Der Ort der Premiere war mit Bedacht gewählt: Auf Schloss Schenna wird nämlich eines der beiden noch erhaltenen Tiroler Richtschwerter aufbewahrt. Schlossherr Franz Graf Spiegelfeld erzählte den Geladenen die Geschichte des aus dem Jahr 1733 stammenden Schwertes, das vom letzten Meraner Henker, Franz Michael Putzer, benutzt wurde.

In dem Film, der teilweise auf Schloss Rafenstein gedreht wurde, kommen namhafte Historiker zu Wort: Heinz Moser, Hansjörg Rabanser, Hester Margreiter, Florian Messner.

Den letzten Meraner Henker Franz Michael Putzer spielt in der TV-Doku der bekannte Schauspieler Dietmar Gamper.

Die TV-Doku „Die Scharfrichter in Tirol“ wird im Frühjahr 2020 auf Rai Südtirol ausgestrahlt.

Das Filmprojekt wurde vom Landesamt für Film und Medien, der Stiftung Sparkasse, dem Heimatschutzverein Bozen und der Südtiroler Sparkasse unterstützt.

Das Meraner Richtschwert

 

 

 

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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