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„Guru auf der Wolke“

Im Hotel-Palace-Berufungsprozess sagt Eigentümer Pietro Tosolini aus. Er will nichts von monatlichen Zahlungen an Dominique Chenot gewusst haben. Doch Schwarzgeld zirkulierte offenbar im Meraner Nobelhotel.

Von Thomas Vikoler

Er hat das Hotel Palace im Jahre 2005 erworben und offensichtlich viel Freude daran.

Weiterhin jeden Samstag fährt der Bozner Immobilienunternehmer Pietro Tosolini dorthin, um sich über den Stand der Dinge zu informieren. Mit dem Verwalter (bis 2014 Massimiliano Sturaro) unterhält er sich über Zahlen, mit Henri Chenot, Präsident der Betriebsgesellschaft Palace Gestione, über den Rest: Die „Könige und Prinzen“, die im Hotel absteigen, wie Tosolini gestern am Bozner Oberlandesgericht berichtete.

Er ist als Zeuge im Berufungsverfahren gegen Sturaro (in erster Instanz zu einem Jahr und vier Monaten Haft wegen Unterschlagung verurteilt) und der Schönheitschirurgin Carmen Salvatore (Freispruch vom Vorwurf des Betrugs) geladen worden und soll erklären, was vor dem Termin Anfang 2014 passierte, als Salvatore ihm finanzielle Unregelmäßigkeiten beichtete.

Der Zeuge sagt, er habe bis dahin weder von einem eigenen POS-Gerät Salvatores in der SPA-Abteilung („sonst hätte ich es unterbunden“) noch von anderen dubiosen Zahlungen gehört. Auch nicht von Aussagen Salvatores bei den drei Terminen nach der Beichte, wonach monatliche Zahlungen an Dominique Chenot, Leiterin der SPA-Abteilung und Ehefrau des Präsidenten, geflossen seien.

Sturaro und Salvatore, die im Verhandlungssaal anwesend sind, schütteln darüber ihre Köpfe.

Das ist eine der heiklen und nicht restlos geklärten Fragen zum Palace-Skandal: Sturaro hat im Prozess am Landesgericht ja behauptet, monatlich 10.000 Euro an die Chenots weitergereicht zu haben, wofür das Gericht aber keinen Nachweis fand. Sturaro wurde schließlich wegen Unterschlagung von insgesamt 330.000 Euro verurteilt.

Tosolini nimmt auch bei seiner Zeugenaussage im Berufungsprozess Henri Chenot, den Erfolgsgaranten für sein Hotel, in Schutz. Er sei der „Guru auf der Wolke“, mit dem er bei den samstäglichen Treffen im Palace ausschließliche über Kuren und Gäste gesprochen habe und weiterhin spreche. Chenot bekomme, wie vertraglich vereinbart, sieben Prozent des Jahresgewinns, so Tosolini, der im Verfahren weiterhin als Zivilpartei vertreten ist.

Der Gesundheits-Guru aus Frankreich war am Freitag ebenfalls als Zeuge aufgerufen, befindet sich aber auf Urlaub. Er soll auf der nächsten Verhandlung angehört werden.

Befragt wurde hingegen der Finanzer-Maresciallo Danilo Vigliante, der im Jahre 2014 die Ermittlungen nach einer Betrugs-Anzeige Tosolinis durchführte. Er listete auf, welche Beträge Salvatore in den Jahren 2010 bis 2013 über insgesamt drei POS-Geräte auf ihre beiden Konten bei den Banken Monte Paschi di Siena und Deutsche Bank transferierte. Insgesamt über drei Millionen Euro. Dabei habe sie es unterlassen, die mit dem Hotel vereinbarten Prozentsätze an den Einnahmen (von 30 bis 50 Prozent) abzuliefern. Insgesamt 1.307.000 Euro.

Salvatores Verteidiger wendet hier allerdings ein, dass bei diesem Betrag die Spesen nicht berücksichtigt worden waren. Michele Paparella, der Richter in der ersten Instanz, hatte die Zahlung bekanntlich als zivilrechtliche Angelegenheit eingestuft und Salvatore frei gesprochen.

Wie gut die Geschäfte in der SPA-Abteilung des Hotel Palace liefen, zeigen auch andere Zahlen, die auf einem zweiseitigen Dokumente aus dem Verfahrensakt stehen: Sie betreffen die Auflistung von Einnahmen zwischen dem 25. April und dem 1. Mai 2010, die Zeuge Vigliante als „Schwarzgelzahlungen“ klassifiziert. Für die Blutauffrischungskur („piastrine“) wurden 13.000 Euro kassiert, für weitere Behandlungen 2.200 Euro. Von diesen Beträgen dürften – nach Abzug der Spesen – jeweils 50 Prozent an die Schönheitschirurgin und das Hotel geflossen sein.

 

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