Almbesitzer ohne Jagdrecht
Alexander Steiner, Generaldirektor des Landes Südtirol, kämpft seit fünf Jahren um eine Jagd-Erlaubnis auf seiner eigenen Alm am Brenner. Inzwischen hat er seinen eigenen Arbeitgeber zum Prozessgegner.
von Thomas Vikoler
Gemeinderäte, die ein Gerichtsstreit gegen ihre Verwaltung führen, müssen sich entscheiden: Entweder zurücktreten oder die Klage zurückziehen. Alexander Steiner, seit vergangenem Herbst Generaldirektor der Landesverwaltung, ist dazu nicht verpflichtet. Obwohl auch er sich in einem Rechtsstreit mit dem Land, seinem neuen Arbeitgeber, führt. Allerdings nahm dieser im Jahre 2013 seinen Ausgang, als er anderswo (Kommandant der Gemeindepolizei Bruneck) beschäftigt war. Und schließlich ist Steiner kein politischer Mandatar, sondern Angestellter der Behörde, gegen die er streitet.
Etwas paradox ist es dennoch: Der Generaldirektor der Landesverwaltung ist – in einer privaten Angelegenheit – Gegner der Landesverwaltung.
Es geht in dem Verfahren um eine sogenannte Jagdgastkarte, also ein Abschussrecht. Ein solches hatte Steiner am 14. Februar 2013 beim Amt für Jagd und Fischerei beantragt. Genau einen Tag nachdem er zusammen mit einer zweiten Person eine Alm in der Gemeinde Brenner gekauft hatte, Daxalm genannt. Sie ist 259,32 Hektar groß, Steiner gehören ein ungeteiltes Drittel davon, die übrigen zwei Drittel dem zweiten Käufer.
Das Jagdrevier Brenner, an das der Jagdkarten-Antrag gerichtet war, hatte seine Zweifel, ob Steiner die Voraussetzungen dafür erfülle und wandte sich an das Landesamt für Jagd und Fischerei. Eine erste Erhebung durch den Revierleiter hatte nämlich ergeben, dass 25 Hektar der 259,32 als unproduktive Flächen einzustufen sind. Wegzuzählen sind laut Gesetz außerdem alle Flächen, die über 2.400 Höhenmeter liegen. Das Ergebnis aus der Sicht des Revierleiters: Die produktive Fläche der frisch erworbenen Daxalm liegt unter 150 Hektar, wodurch sich ergibt, dass Drittel-Eigentümer Alexander Steiner die Voraussetzungen für eine Jagdgastkarte nicht erfüllt.
Das Amt für Jagd und Fischerei nahm, wie vom Revier Brenner beantragt, eine nähere Überprüfung der Sachlage vor. Die Forststation Sterzing führte einen Ortsaugenschein am Brenner durch. Sie kam zum Schluss, dass von der Gesamtfläche von 259,32 Hektar 115,66 Hektar als unproduktiv in Abzug zu bringen sind. Die produktive Fläche beläuft sich also auf 143,66 Hektar, was einer Miteigentumsquote von 48 Hektar entspricht. „Selbst bei einem Erhebungsfehler von maximal drei bis vier Prozent besteht kein Anspruch auf eine Jahres- bzw. Gastkarte“, teilte das Amt Steiner schließlich mit.
Im Juli 2013 reichte der heutige Generalsekretär des Landes beim Amt für Jagd und Fischerei dennoch einen formalen Antrag auf Ausstellung der Jagdkarte ein. Heinrich Erhard, damaliger Leiter des Amtes, schaltete zwecks Überprüfung des Falles Anton Aschbacher, Leiter der Abteilung für Raumordnung, ein. Der stellte eine Reihe von Abweichungen in den Karten – etwa für den Bereich über 2.400 Metern Höhe – fest und schrieb an Erhard: „Es muss hier eine Toleranz von etwa fünf Prozent akzeptiert werden“.
Schließlich führte Amtsdirektor Erhard selbst einen Lokalaugenschein auf der Daxalm durch. Mit Bescheid vom 24. Februar 2014 widerrief er ein früheres Schreiben und bestätigte, dass Steiner ein Anrecht auf eine Jagdgastkarte „kraft Gesetzes“ besitze. Unter Berücksichtigung der von Aschbacher vorgeschlagenen „fünf Prozent Toleranz“.
Damit war die Sache für Steiner nicht erledigt: Der Revierleiter legte gegen das Schreiben Erhards Aufsichtsbeschwerde bei der Landesregierung ein, die am 29. Juli 2014 angenommen wurde. Aufgrund einer neuen Flächenberechnung: Demnach umfasst die Daxalm gerade 124,65 Hektar an Weide- und Forstfläche, der Drittel-Anteil Steiners beläuft sich demnach auf 41,55 Hektar. Auch bei fünf Prozent Abweichungs-Toleranz wären die 50 Hektar außer Reichweite.
Gegen den Beschluss legte der Alm-Eigentümer Rekurs beim Verwaltungsgericht ein, der von diesem im Herbst 2016 abgewiesen wurde. Begründung: Aschbachers Toleranz-Empfehlung beziehe sich auf die Genauigkeit der Flächenfeststellungen (über und unter der 2.400-Meter-Grenze) und gebe keine Beurteilung darüber ab, ob ein gesetzlicher Anspruch auf eine Jagdkarte bestehe. Und: Die fünf Prozent Toleranz dürften bei der Flächenberechnung nicht angewandt werden.
Steiner, inzwischen Generalsekretär der Region, zog 2017, unterstützt von seinem Anwalt Meinhard Durnwalder, gegen das Urteil vor den Staatsrat.
Dieser rollt den Fall nun nochmal auf hält die Chancen des nunmehrigen Generalsekretärs des Landes am Leben. Die VI. Sektion des Staatsrat hat nun einen Gutachter benannt – den Verantwortlichen der staatlichen Umweltbehörde ISPRA -, der klären soll, ob die Landesverwaltung im Fall Steiner richtig gerechnet hat. Und ob die Fünf-Prozent-Toleranz rechtlich-wissenschaftlich anwendbar ist.
Das Gutachten, das in vier Monaten vorliegen soll, muss der Kläger (Steiner) mit 2.000 Euro vorfinanzieren.
Zu sehen ist auch, ob das Land Südtirol im Berufungsverfahren seinen bisherigen Kurs – Abweisung von Steiners Anfechtung – beibehält.
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Kommentare (8)
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george
Und wieso muss M. Durnwalder als poltischer mandatar und Gewählter des Landes nicht zurücktreten, wenn er gegen das Land für Steiner streitet?
bernhart
Ausser Spesen nichts gewesen, die Bürokraten sollen das ganze verfahren selbst zahlen müssen , dann wäre endlich Schluss mit den Anzeigen und jeder würde sich überlegen was er tut.