Das Unfall-Video
Auf der Grundlage eines Videos lässt sich der Aufsehen erregende Unfall am Mazziniplatz, bei dem vor Tagen eine Radfahrerin von einem Lkw erfasst und schwer verletzt wurde, jetzt genauer rekonstruieren.
von Artur Oberhofer
Es ist ein ganz normaler Arbeitstag für den Fahrer des Unternehmens Sarner Holz. Der Mann kehrt am Donnerstagmorgen aus dem Fleimstal zurück und ist auf dem Weg ins Sarntal.
Und dann, um 08.20 Uhr, passiert es.
Der Scania-Lkw, der in die Freiheitsstraße in Bozen eingebogen ist, bremst abrupt ab! Menschen schreien. Eine Radfahrerin liegt am Boden. Die 67-Jährige wird mit schweren Verletzungen an den unteren Gliedmaßen ins Spital gebracht.
Der spektakuläre Unfall hat in Bozen die Wogen hochgehen lassen. Erst im vergangenen Jahr war eine Frau am Siegesplatz von einem Lkw erfasst und getötet worden.
Für viele Menschen in der Landeshauptstadt sind die Lkw, die durch die Stadt fahren, ein ständiger Angstfaktor. Gleichwohl ist bekannt: Weil es die Verantwortlichen in Stadt und Land verabsäumt haben, das Problem verkehrstechnisch zu lösen, müssen diese Lkw zwangsläufig durch die Stadt.
In diesem Klima der Angst und unter dem Eindruck des öffentlichen Aufschreis wollte die Stadtregierung in Bozen zunächst ein Lkw-Verbot für die Morgenstunden erlassen, ruderte dann aber wieder zurück.
Aufgrund der Emotionalität, mit der die Diskussion geführt wurde, ist eine zentrale Frage in den Hintergrund gedrängt worden. Nämlich: Was ist an jenem Donnerstagmorgen an der Kreuzung Italienallee-Freiheitsstraße wirklich passiert? Wer hat den Unfall verursacht? Liegt ein Fehlverhalten des Lkw-Lenkers vor?
Die TAGESZEITUNG liegt jetzt das Video der Dashcam aus dem Unfall-Lkw vor.
Auf der Grundlage dieser Video-Aufnahmen lässt sich der Hergang des Unfalls nun viel genauer rekonstruieren. Und es kommt heraus: Der Lkw-Fahrer hätte den Unfall wohl nicht verhindern können.
Das Videoprotokoll: In dem knapp zweiminütigen Video sieht man, wie der Lkw des Typs Scania die Italienallee Richtung Mazziniplatz entlangfährt und dann – im Schritttempo und bei grüner Ampel – auf die Freiheitsstraße einbiegt.
Ein erster zentraler Punkt: Noch bevor der Lkw weit genug ausgeholt hat, um in die Freiheitsstraße einzubiegen, schaltet die Fußgänger-Ampel auf Orange.
Vom Ausholen und Einbiegen bis zum Vollbremser, der auf den Daschcam-Bildern zu sehen ist, vergehen sieben Sekunden.
Nach Ansicht eines Beamten der Stadtpolizei, mit dem die TAGESZEITUNG die Aufnahmen analysiert hat, lasse dies nur zwei Schlüsse zu: Entweder sei die Radfahrerin bei Rot über die Ampel gefahren – oder sie habe die Freiheitsstraße mit großer Geschwindigkeit überquert, als die Fußgänger-Ampel bereits orange bzw. dunkelorange war.
Für letztere These spräche der Umstand, dass die Radfahrerin auf der Dashcam des Unfall-Lkw, die frontal aufzeichnet, nicht auf dem Radweg oder Gehsteig neben dem Lkw zu sehen ist, als dieser die Italienallee entlangfährt. Die Radfahrerin ist auch nicht zu sehen, als die Fußgänger-Ampel auf Orange schaltet und der Lkw mit dem langsamen Ausholmanöver in die Freiheitsstraße einbiegt. Alls dies spreche dafür, dass die Radfahrerin gegen den Lkw geprallt ist, als die Zugmaschine bereits den Zebrastreifen am Fußgängerübergang in der Freiheitsstraße passiert hatte und die Fußgänger-Ampel rot war.
Im Rathaus heißt es indes: Die Verantwortlichen in der Stadtregierung hätten den Rückzieher mit dem Lkw-Fahrverbot gemacht, nachdem sie die neuen Erkenntnisse der Stadtpolizei zum Unfallhergang erfahren hatten.
Die gute und zugleich wichtigste Nachricht:
Die Radfahrerin wurde inzwischen in die Orthopädie-Abteilung des Bozner Spitals verlegt. Sie befindet sich außer Gefahr.
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Kommentare (2)
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tiroler
Was soll man auch gross sagen zur Verwaltung der Stadt Bozen?!
Jahrzehntelang unfähig, Alternativen zu schaffen, wie die Umfahrungsstrasse/Hörtenbergtunnel und und und. Das Einzige was sie machen ist Strassen verschmälern und Fahrverbote erlassen verursachen und damit die Bürger zu fuxen.Lösungen: keine.