Der geheime Fahrplan
Die Anzeichen verdichten sich, dass Staatspräsident Sergio Mattarella den Ex-Südtirol-Aktivisten Heinrich Oberleiter noch vor Weihnachten begnadigen könnte.
von Artur Oberhofer
Die vertrauliche Information kommt aus Wien aus dem engsten Umfeld des Bundespräsidenten. Demnach sei es nur noch eine Frage von wenigen Wochen, bis der italienische Staatspräsident den ehemaligen Südtirol-Aktivisten Heinrich Oberleiter begnadigen werde.
Als mögliche Anlässe werden die 50-Jahre-Paket-Feiern Ende November oder Weihnachten genannt.
Diesen Zeitrahmen, so berichtet die Wiener Quelle, hätten Sergio Mattarella und der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen anlässlich ihres Treffens in Wien Anfang Juli dieses Jahres vereinbart.
Vonseiten der SVP und von Ex-Senator Karl Zeller, der als Anwalt die Akte Heinrich Oberleiter betreut hat, gibt es zu diesem Thema keine Stellungnahme, was verständlich ist. Denn gerade in dieser delikaten Phase wollen die Betreiber der Begnadigungsgeschichte vermeiden, dass es zu politischen Störmanövern der italienischen Rechtsparteien in Südtirol kommt, die den Staatspräsidenten irritieren könnten.
Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum Landeshauptmann Arno Kompatscher gestern im Südtiroler Landtag die Abgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle höflich gebeten hat, sie möchten ihren Begehrensantrag zur „Begnadigung der Südtiroler Freiheitskämpfer“ um einen Monat vertagen.
Der LH erklärte gegenüber der STF, dass bilaterale Treffen zu dem Thema anstünden, er wollte aber nicht spezifizieren, auf welchen Ebenen diese Gespräche stattfinden, was wiederum den Abgeordneten Alessandro Urzì ärgerte, der (vergeblich) eine Begründung der Vertagung forderte.
Arno Kompatscher ging darauf nicht ein, denn der LH weiß: Politische Querschläge der italienischen Rechten sind in dieser Phase ebenso kontraproduktiv wie Beschlussanträge aus Wien, Innsbruck oder Bozen. Einerseits will man den italienischen Rechtsparteien nicht in die Hände spielen, andererseits will die SVP dem Staatspräsidenten nicht ständig am Rockzipfel ziehen.
Auch Sven Knoll kann sich vorstellen, dass die Begnadigung des ehemaligen „Puschtra Buibm“ Heinrich Oberleiter, der in Italien rechtskräftig zwei Mal zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, unmittelbar bevorsteht. „Ich denke“, sagt Knoll, „dass es nur mehr darum geht, wie man die Sache politisch verpackt.“
Im Fall von Heinrich Oberleiter liegt die Entscheidung nun ausschließlich bei Staatspräsident Sergio Mattarella, zumal der Generalstaatsanwalt von Brescia bereits im Februar dieses Jahres ein positives Gutachten zur Begnadigung abgegeben hat. Damit war die wichtigste Hürde genommen.
Die Strategie der Betreiber der Begnadigungen ist klar: Man möchte mit der Begnadigung von Heinrich Oberleiter das Eis brechen. Dann könnten auch die beiden anderen noch lebenden „Puschtra Buibm“, Siegfried Steger und Sepp Forer, hoffen, noch einmal in ihre Heimat reisen zu können. „Im Grunde“, so sagt ein mit der Causa direkt befasster SVP-Politiker, „wollen diese Männer, die jetzt nach Defreggen fahren, um nach Südtirol hineinzuschauen, nur eines: Noch einmal in ihrem Leben in ihre Heimat kommen, das ist ihr großer Traum.“
Der vierte im Bunde der „Puschtra Buibm“, Heinrich Oberlechner, ist im Jahr 2006 verstorben.
Im Fall von Heinrich Oberleiter war es die Tochter, die für den gesundheitlich angeschlagenen und mittlerweile 78-jährigen Ex-Aktivisten das Gnadengesuch eingereicht hat, wobei sie von Ex-Senator Karl Zeller juridisch betreut wurde. Begnadigt der Staatspräsiden den in Gössenheim in Unterfranken lebenden Heinrich Oberleiter, bleibt abzuwarten, ob Folgeansuchen eingereicht werden.
Siegfried Steger hat stets erklärt, er werde sicher nicht um Gnade bitten. Aber so wie im Fall Oberleiter könnten auch bei Siegfried Steger Angehörige einen Begnadigungsantrag stellen. Es wäre sogar möglich, dass ein Anwalt das für den in Telfs wohnhaften Ex-Aktivisten macht. „Eine Begnadigung von Heinrich Oberleiter“, sagt der STF-Mandatar Sven Knoll, „würde den Weg aufzeigen, den andere Ex-Aktivisten gehen könnten.“
Rechtsexperten geben allerdings zu bedenken: Der Staatspräsident prüfe jeden Fall einzeln. Während Heinrich Oberleiter nach den Bombenjahren sich in ein ziviles Leben zurückgezogen und politisch nicht mehr betätigt habe, habe sich Siegfried Steger immer wieder zu Wort gemeldet – in Interviews und Büchern.
Dies könnte eine Begnadigung erschweren.
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