Der Mülltourist
Der Pfalzner Bürgermeister Josef Gatterer soll in der Nachbargemeinde Gais seinen Müll illegal entsorgt haben. Das Protokoll einer Posse.
von Artur Oberhofer
Der Fall war im Frühjahr in Gais wochenlang das Gesprächsthema Nr. 1. Nicht von ungefähr, denn es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Bürgermeister seinen Dreck illegal in einer Nachbargemeinde entsorgt.
Die Nachricht, dass Josef Gatterer, der Bürgermeister von Pfalzen, in Gais seinen Müll illegal entsorgt haben soll, hatte sich in der Kleingemeinde am Eingang des Tauferer Ahrntales wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Die Gerüchteküche brodelte: Die einen wussten zu berichten, dass die Gemeindeverwalter in Gais den Müllsünder Josef Gatterer überführt und mit einer Geldstrafe belegt hätten.
Eine andere Version, die im Ort herumgereicht wurde, lautete: Nein, die Gemeinde Gais habe weiche Knie bekommen und den Fall Gatterer einfach zugedeckt.
Die TAGESZEITUNG ist nun auf der Grundlage von Gesprächen mit den direkt Beteiligten und Fotos in der Lage, diesen Müllkrimi zu rekonstruieren.
Die Geschichte beginnt am frühen Morgen des 27. Februar 2019, ein Mittwoch, als gegen 05.15 Uhr ein VW-Kleinbus in den Parkplatz hinter der Jausenstation „Rudi’s Imbiss“ einbiegt. Der Mann am Steuer des VW-Kleinbusses steigt aus, holt eine Kiste aus dem Wagen und wirft diese neben dem privaten 350-Liter-Müllcontainer der Jausenstation zu Boden.
Was der Lenker des Kleinbusses nicht ahnt: Der Sohn des Jausenstation-Betreibers, der um diese Zeit auf den Bus geht, beobachtet die Szene – und stellt den Mann zur Rede.
„Was soll das? Das geht nicht! Das tut man nicht!“
Weil der Unbekannte ihn „zusammenscheißt wie einen Rotzbuben“, zieht der junge Mann sein Handy aus der Hosentasche und fotografiert das Kennzeichen des Kleinbusses.
Und so niemand die Geschichte ihren Lauf.
Der junge Mann, gekränkt durch die Art und Weise, wie ihn der Unbekannte beschimpft hat, meldet den Vorfall der Gemeinde Gais. Nach einer Woche wird den Betreibern der Jausenstation auf informellem Wege beschieden, dass der Fall geklärt sei. Es hieß, der Müllsünder sei identifiziert worden und habe seine Strafe auch bereits gezahlt. Doch auf die Frage, wer denn der Unbekannte gewesen sei, der am frühen Morgen des 27. Februar den Müll hinter der Imbissstube illegal entsorgt habe, bekommen die Betreiber der Jausenstation nie eine Antwort. Das macht sie stutzig, denn in Gais hatte sich inzwischen herumgesprochen, dass es sich bei dem Mülltouristen möglicherweise um einen honorigen Herren handeln könnte.
Weil die Gerüchte nicht verstummen wollen, will auch der Umweltassessor der Gemeinde Gais, Josef Schwärzer, der Geschichte auf den Grund gehen. Zwei Monate nach dem Vorfall lässt sich Schwärzer vom jungen Mann das Handy-Foto aushändigen.
Doch es passiert wieder nichts.
Bis heute hält sich in Gais hartnäckig das Gerücht, dass die Gemeinde die Causa zugedeckt habe, weil es sich beim Mülltouristen um einen bekannten Herrn handle, gegen den sich die Gemeinde nicht vorzugehen traue.
Was ist wirklich passiert?
Die Verantwortlichen in der Gemeinde Gais haben tatsächlich das Autokennzeichen überprüfen lassen. Dabei hat sich herausgestellt, dass der VW-Kleinbus einem gewissen Josef Gatterer gehört, seines Zeichens Bürgermeister von Pfalzen und Vater von SAD-Chef Ingemar Gatterer. Doch von einer Strafe gegen den Ersten Bürger aus der Nachbargemeinde hat man am Ende abgesehen, weil – so sagt Umweltassessor Josef Schwärzer gegenüber der TAGESZEITUNG – „die Beweislage nicht eindeutig gewesen“ sei.
Hinter vorgehaltener Hand heißt es in der Gemeinde: Es habe Aussage gegen Aussage gestanden, das Foto allein beweise noch gar nichts, weil das Corpus delicti darauf nicht zu sehen sei.
Also zu wenig, um gegen eine Lokalgröße wie Josef Gatterer vorzugehen.
Dabei war die Beweislage gar nicht so schlecht. Auf dem Foto ist zweifelsfrei das Autokennzeichen zu erkennen.
Laut Handy-GPS ist das Foto zweifelsfrei an jenem Tag um die fragliche Uhrzeit genau am Standort der Jausenstation Rudi`s Imbiss aufgenommen worden.
Und Josef Gatterer selbst bestreitet gar nicht, am fraglichen Tag in Gais gewesen zu sein. Nur was die entsorgte Müllmenge angeht, gibt es entgegengesetzte Versionen.
Josef Gatterer bestätigt gegenüber der TAGESZEITUNG, dass er an jenem Februar Morgen in Gais gewesen sei, weil er Fahrgäste für seinen München-Bus abgeholt hat.
Er selbst stellt die Müllentsorgung in der Nachbargemeinde so dar: „Ich habe ein kleines Plastikflaschele, dass mein Chauffeur im Wagen vergessen hat, auf den Container draufgestellt, ich wusste nicht, dass dies ein privater Container ist.“ Und, so Gatterer weiter, er habe den jungen Mann, der seinen Wagen fotografiert hat, nicht zusammengeschissen. „Er hat mich zusammengeschissen, dann habe ich halt ein bisschen zurückgegoscht.“
Ein Gemeindearbeiter stützt die Version des Zeugen. Der Arbeiter hat nämlich an jenem Mittwochmorgen „nicht ein Fläschchen, sondern eine ganze Kiste bzw. einen Karton mit Flaschen entsorgt“.
Josef Gatterer bleibt dennoch bei seiner Darstellung. „Wieso“, so fragt er, „soll ich meinen Müll in Gais entsorgen, wenn ich daheim selber einen großen Container habe?“
Eben, das fragten und fragen sich auch die Gaiser.
Ähnliche Artikel
Kommentare (16)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.
leser
Die tageszeitung sollte nicht schreiben warum der honorige (wegen betrug verurteilte) bürgerneuster den müll in gais abgelegt hat sondern vielmehr für aufklärung sorgen warum die gewählten hosenscheisser nicht der pflicht nachkommen die internen verstrickungen aufklären die es ermöglichen dass man duese vorfälle unter den tisch kehren kann der tatbestand ist hier wohl nicht eine kiste abfall abzustellen sondern dass man die eigene kaste schützt und von seiner pflicht absieht
Anscheinend sind doch nicht alle gleich wie man immer predigt
prof
Wenn schon hätte der BM diese Plastikflaschen ( es handelt sich sicher um Mineralwasser Plastikflaschen welche man normalerweise bei Busfahrten im Bus beim Fahrer kaufen kann) in der Schottergrube von Gais entsorgen sollen.
vagabund
Wieder Mal ein typisches Beispiel dafür, wie in Gais Politik gemacht wird…..
george
Und jetzt, wann Gatterer als Bürgermeister ohnehin abtreten muss, kommt man damit an die Öffentlichkeit? Warum wird so etwas nicht einfach von der Gemeindeverwaltung angezeigt und geht dann seinen gerichtlichen Weg? Wer schützt hier unrichtigerweise wen? So etwas oder Ähnliches hat es schon in der Vergangenheit in verschiedenen Gemeinden Südtirols gegeben, wo die Parteimacht dann einfach alles unter den Teppich hat kehren lassen.